[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Also sagt er. Der Mittler belohnt ihn mit segnenden Blicken, Und stand voll Ernst auf der Höhe des Bergs am benachbarten Himmel. Gott war daselbst. Hier betet er. Unter ihm tönte die Erde, Und ein wandelndes Jauchzen durchdrang die Pforten der Tiefen, Als sie von ihm die gewaltige Stimme tief unten vernahmen. Denn es war nicht mehr die Stimme des Fluchs, die Stimme von Stürmen Furchtbar verkündiget, und in donnernden Wettern gesprochen, Die die Erde vernahm. Sie hörte des Segnenden Rede, Der mit unsterblicher Schöne sie einst zu verneuen beschlossen. Um und um lagen die Hügel in lieblicher Abenddämmrung, Gleich als wären sie schon neuerschaffen, und blühend, wie Eden. Jesus redte. Nur er und der Vater durchschauten den Jnhalt, Unbegränzt: Dieß nur vermag die Stimme des Menschen zu sprechen: Göttlicher Vater, die Tage des Heils und des ewigen Bundes Nähern sich mir, die Tage, zu größern Werken erlesen, Als selbst die Schöpfung, die du durch deinen Sohn ehmals vollbrachtest. Sie verklären sich mir so schön und herrlich, als damals, Da wir die Reihe der Zeiten durchschauten, und sie in der Zukunft, Durch
Alſo ſagt er. Der Mittler belohnt ihn mit ſegnenden Blicken, Und ſtand voll Ernſt auf der Hoͤhe des Bergs am benachbarten Himmel. Gott war daſelbſt. Hier betet er. Unter ihm toͤnte die Erde, Und ein wandelndes Jauchzen durchdrang die Pforten der Tiefen, Als ſie von ihm die gewaltige Stimme tief unten vernahmen. Denn es war nicht mehr die Stim̃e des Fluchs, die Stim̃e von Stuͤrmen Furchtbar verkuͤndiget, und in donnernden Wettern geſprochen, Die die Erde vernahm. Sie hoͤrte des Segnenden Rede, Der mit unſterblicher Schoͤne ſie einſt zu verneuen beſchloſſen. Um und um lagen die Huͤgel in lieblicher Abenddaͤmmrung, Gleich als waͤren ſie ſchon neuerſchaffen, und bluͤhend, wie Eden. Jeſus redte. Nur er und der Vater durchſchauten den Jnhalt, Unbegraͤnzt: Dieß nur vermag die Stimme des Menſchen zu ſprechen: Goͤttlicher Vater, die Tage des Heils und des ewigen Bundes Naͤhern ſich mir, die Tage, zu groͤßern Werken erleſen, Als ſelbſt die Schoͤpfung, die du durch deinen Sohn ehmals vollbrachteſt. Sie verklaͤren ſich mir ſo ſchoͤn und herrlich, als damals, Da wir die Reihe der Zeiten durchſchauten, und ſie in der Zukunft, Durch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="6"> <l> <pb facs="#f0018" n="6"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Soll ich zu deinem unſterblichen Haupt ein Lager bereiten?</l><lb/> <l>Sieh, es ſtreckt ſchon der Sproͤßling der Ceder den gruͤnenden Arm aus,</l><lb/> <l>Und die weiche balſamiſche Staude. Beym Grabe der Seher</l><lb/> <l>Waͤchſt dort unten ruhiges Moos im kuͤhlenden Erdreich.</l><lb/> <l>Soll ich hieraus, o Goͤttlicher, dir ein Lager bereiten?</l><lb/> <l>Wie iſt dein Leib, o Erloͤſer, ermuͤdet! Wie vieles ertraͤgſt du</l><lb/> <l>Hier auf Erden aus bruͤnſtiger Liebe zum Menſchengeſchlechte!</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Alſo ſagt er. Der Mittler belohnt ihn mit ſegnenden Blicken,</l><lb/> <l>Und ſtand voll Ernſt auf der Hoͤhe des Bergs am benachbarten Himmel.</l><lb/> <l>Gott war daſelbſt. Hier betet er. Unter ihm toͤnte die Erde,</l><lb/> <l>Und ein wandelndes Jauchzen durchdrang die Pforten der Tiefen,</l><lb/> <l>Als ſie von ihm die gewaltige Stimme tief unten vernahmen.</l><lb/> <l>Denn es war nicht mehr die Stim̃e des Fluchs, die Stim̃e von Stuͤrmen</l><lb/> <l>Furchtbar verkuͤndiget, und in donnernden Wettern geſprochen,</l><lb/> <l>Die die Erde vernahm. Sie hoͤrte des Segnenden Rede,</l><lb/> <l>Der mit unſterblicher Schoͤne ſie einſt zu verneuen beſchloſſen.</l><lb/> <l>Um und um lagen die Huͤgel in lieblicher Abenddaͤmmrung,</l><lb/> <l>Gleich als waͤren ſie ſchon neuerſchaffen, und bluͤhend, wie Eden.</l><lb/> <l>Jeſus redte. Nur er und der Vater durchſchauten den Jnhalt,</l><lb/> <l>Unbegraͤnzt: Dieß nur vermag die Stimme des Menſchen zu ſprechen:</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Goͤttlicher Vater, die Tage des Heils und des ewigen Bundes</l><lb/> <l>Naͤhern ſich mir, die Tage, zu groͤßern Werken erleſen,</l><lb/> <l>Als ſelbſt die Schoͤpfung, die du durch deinen Sohn ehmals vollbrachteſt.</l><lb/> <l>Sie verklaͤren ſich mir ſo ſchoͤn und herrlich, als damals,</l><lb/> <l>Da wir die Reihe der Zeiten durchſchauten, und ſie in der Zukunft,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Durch</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0018]
Der Meßias.
Soll ich zu deinem unſterblichen Haupt ein Lager bereiten?
Sieh, es ſtreckt ſchon der Sproͤßling der Ceder den gruͤnenden Arm aus,
Und die weiche balſamiſche Staude. Beym Grabe der Seher
Waͤchſt dort unten ruhiges Moos im kuͤhlenden Erdreich.
Soll ich hieraus, o Goͤttlicher, dir ein Lager bereiten?
Wie iſt dein Leib, o Erloͤſer, ermuͤdet! Wie vieles ertraͤgſt du
Hier auf Erden aus bruͤnſtiger Liebe zum Menſchengeſchlechte!
Alſo ſagt er. Der Mittler belohnt ihn mit ſegnenden Blicken,
Und ſtand voll Ernſt auf der Hoͤhe des Bergs am benachbarten Himmel.
Gott war daſelbſt. Hier betet er. Unter ihm toͤnte die Erde,
Und ein wandelndes Jauchzen durchdrang die Pforten der Tiefen,
Als ſie von ihm die gewaltige Stimme tief unten vernahmen.
Denn es war nicht mehr die Stim̃e des Fluchs, die Stim̃e von Stuͤrmen
Furchtbar verkuͤndiget, und in donnernden Wettern geſprochen,
Die die Erde vernahm. Sie hoͤrte des Segnenden Rede,
Der mit unſterblicher Schoͤne ſie einſt zu verneuen beſchloſſen.
Um und um lagen die Huͤgel in lieblicher Abenddaͤmmrung,
Gleich als waͤren ſie ſchon neuerſchaffen, und bluͤhend, wie Eden.
Jeſus redte. Nur er und der Vater durchſchauten den Jnhalt,
Unbegraͤnzt: Dieß nur vermag die Stimme des Menſchen zu ſprechen:
Goͤttlicher Vater, die Tage des Heils und des ewigen Bundes
Naͤhern ſich mir, die Tage, zu groͤßern Werken erleſen,
Als ſelbſt die Schoͤpfung, die du durch deinen Sohn ehmals vollbrachteſt.
Sie verklaͤren ſich mir ſo ſchoͤn und herrlich, als damals,
Da wir die Reihe der Zeiten durchſchauten, und ſie in der Zukunft,
Durch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |