[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Tief
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="7"> <l> <pb facs="#f0184" n="172"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Sah den Himmel, die Erde nicht mehr, nicht mehr den Meßias;</l><lb/> <l>Nur ſich ſelber. Zuletzt vermocht er kaum zu entfliehen.</l><lb/> <l>Drauf verließ der Meßias der Leiden traurige Stille,</l><lb/> <l>Wandte ſich gegen die ſchlafenden Juͤnger, nach ſo viel Leiden,</l><lb/> <l>So viel einſamer Angſt, der Menſchen Antlitz zu ſehen.</l><lb/> <l>Mit dem Anblick der Menſchen, mit dieſem Troſte zufrieden,</l><lb/> <l>Gieng der Erloͤſer, und nahte ſich ſtill den ſchlafenden Juͤngern.</l><lb/> <l>Aber ihm jauchzten die Himmel umher, und feyrten den Sabbat,</l><lb/> <l>Seit der Schoͤpfung den zweyten, der heiliger iſt, als der erſte.</l><lb/> <l>Wenn der Gerichtstag iſt untergegangen, wird aufgehn der dritte,</l><lb/> <l>Ewigkeit, heiſſet ſein Maß, ſein erſter Feyrer, Meßias!</l><lb/> <l>Jtzo feyrten die Himmel des Sabbats heiligſte Stunden.</l><lb/> <l>Alle wußten, daß itzt der ewige Hoheprieſter</l><lb/> <l>Jn dem Allerheiligſten war, die Verſoͤhnung zu ſtiften.</l><lb/> <l>Denn es hatte der Vater geſagt, und alſo geſprochen:</l><lb/> <l>Wenn wird toͤnen um euch der Pole Donnern, wenn vor euch</l><lb/> <l>Wird der Geſang der Sphaͤren, in Stimmen der Meere verwandelt,</l><lb/> <l>Brauſend vorbeygehn, und ſchnell die Reihen wandelnder Sterne,</l><lb/> <l>Tauſend Sonnenmeilen herauf, und tauſend hinunter,</l><lb/> <l>Durch die Unendlichkeit werden erzittern; wenn uͤber euch kommen</l><lb/> <l>Schauer von Gott, und euerm Haupte die goldenen Kronen</l><lb/> <l>Hoch entfallen, und unter euch ſinken die goldenen Stuͤle:</l><lb/> <l>Dann ſind die Stunden des ernſten Gerichts! Dann leidet der Gottmenſch.</l><lb/> <l>Jtzo ſangen die Himmel: ſie iſt, der erhabenſten Leiden</l><lb/> <l>Erſte Stunde, die ewige Ruh den Heiligen bringet,</l><lb/> <l>Jtzo iſt ſie voruͤbergegangen! So ſangen die Himmel.</l><lb/> <l>Aber es ſtand der Meßias vor ſeinen Juͤngern, und ſah ſie<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Tief</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [172/0184]
Der Meßias.
Sah den Himmel, die Erde nicht mehr, nicht mehr den Meßias;
Nur ſich ſelber. Zuletzt vermocht er kaum zu entfliehen.
Drauf verließ der Meßias der Leiden traurige Stille,
Wandte ſich gegen die ſchlafenden Juͤnger, nach ſo viel Leiden,
So viel einſamer Angſt, der Menſchen Antlitz zu ſehen.
Mit dem Anblick der Menſchen, mit dieſem Troſte zufrieden,
Gieng der Erloͤſer, und nahte ſich ſtill den ſchlafenden Juͤngern.
Aber ihm jauchzten die Himmel umher, und feyrten den Sabbat,
Seit der Schoͤpfung den zweyten, der heiliger iſt, als der erſte.
Wenn der Gerichtstag iſt untergegangen, wird aufgehn der dritte,
Ewigkeit, heiſſet ſein Maß, ſein erſter Feyrer, Meßias!
Jtzo feyrten die Himmel des Sabbats heiligſte Stunden.
Alle wußten, daß itzt der ewige Hoheprieſter
Jn dem Allerheiligſten war, die Verſoͤhnung zu ſtiften.
Denn es hatte der Vater geſagt, und alſo geſprochen:
Wenn wird toͤnen um euch der Pole Donnern, wenn vor euch
Wird der Geſang der Sphaͤren, in Stimmen der Meere verwandelt,
Brauſend vorbeygehn, und ſchnell die Reihen wandelnder Sterne,
Tauſend Sonnenmeilen herauf, und tauſend hinunter,
Durch die Unendlichkeit werden erzittern; wenn uͤber euch kommen
Schauer von Gott, und euerm Haupte die goldenen Kronen
Hoch entfallen, und unter euch ſinken die goldenen Stuͤle:
Dann ſind die Stunden des ernſten Gerichts! Dann leidet der Gottmenſch.
Jtzo ſangen die Himmel: ſie iſt, der erhabenſten Leiden
Erſte Stunde, die ewige Ruh den Heiligen bringet,
Jtzo iſt ſie voruͤbergegangen! So ſangen die Himmel.
Aber es ſtand der Meßias vor ſeinen Juͤngern, und ſah ſie
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