[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="21"> <l> <pb facs="#f0065" n="53"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Und ſich zu troͤſten, mit feyrenden Liedern gen Himmel zuruͤcke;</l><lb/> <l>Alſo war es auch itzt. Sie eilten, und ließen den Knaben,</l><lb/> <l>Oder hoͤrt ihrs ſo lieber, die weinende Gottheit, alleine.</l><lb/> <l>Drauf entfloh er vor mir, ich ließ ihn immer entfliehen.</l><lb/> <l>Einen ſo furchtſamen Feind zu verfolgen, war meiner nicht wuͤrdig.</l><lb/> <l>Unterdeß ließ ich, nicht muͤßig zu ſeyn, durch meinen Erwaͤhlten,</l><lb/> <l>Meinen Koͤnig, und Opferprieſter Herodes, zu Bethlem</l><lb/> <l>Saͤuglinge wuͤrgen. Das rinnende Blut, der Sterbenden Winſeln,</l><lb/> <l>Und die Verzweiflung untroͤſtbarer Muͤtter, der Ausfluß der Leichen,</l><lb/> <l>Der, mit Seelen vermiſcht, mir wallend entgegendampfte,</l><lb/> <l>Waren fuͤr meine befriedigte Gottheit ein liebliches Opfer.</l><lb/> <l>Wandelt nicht dort der Schatten Herodes? Verworfene Seele,</l><lb/> <l>War ichs nicht ſelbſt, der in dir den Gedanken, die Bethlehemiten</l><lb/> <l>Umzubringen, erſchuf? Kann etwa des Himmels Bewohner</l><lb/> <l>Seiner Bildungen muͤhſames Werk, die unſterblichen Seelen,</l><lb/> <l>Vor mir beſchuͤtzen, daß ich ſie mit meiner verborgnen Begeiſtrung</l><lb/> <l>Nicht umſchatte, und uͤber ſie nicht zum Verderben mich breite?</l><lb/> <l>Ja, Verlaßner, dein klagendes Winſeln, dein banges Verzweifeln,</l><lb/> <l>Und der Seelen Geſchrey, die du ſonſt noch unſchuldig erwuͤrgteſt,</l><lb/> <l>Daß ſie ſuͤndigend ſtarben, und dir, und der Vorſehung fluchten,</l><lb/> <l>Jſt nun deinem befriedigten Gott auch ein liebliches Opfer.</l><lb/> <l>Als er ſtarb, verſammelte Goͤtter, da kehrte der Knabe</l><lb/> <l>Aus Aegyptens Gefilden zuruͤck. Die Jahre der Jugend</l><lb/> <l>Bracht er im Schoße der zaͤrtlichen Mutter, in weicher Umarmung</l><lb/> <l>Unbekannt zu. Kein jugendlich Feuer, kein edles Erkuͤhnen</l><lb/> <l>Trieb ihn zu Unternehmungen an, ſich furchtbar zu machen.</l><lb/> <l>Doch, ihr Goͤtter, im einſamen Wald, am oͤden Geſtade,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Wo</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0065]
Zweyter Geſang.
Und ſich zu troͤſten, mit feyrenden Liedern gen Himmel zuruͤcke;
Alſo war es auch itzt. Sie eilten, und ließen den Knaben,
Oder hoͤrt ihrs ſo lieber, die weinende Gottheit, alleine.
Drauf entfloh er vor mir, ich ließ ihn immer entfliehen.
Einen ſo furchtſamen Feind zu verfolgen, war meiner nicht wuͤrdig.
Unterdeß ließ ich, nicht muͤßig zu ſeyn, durch meinen Erwaͤhlten,
Meinen Koͤnig, und Opferprieſter Herodes, zu Bethlem
Saͤuglinge wuͤrgen. Das rinnende Blut, der Sterbenden Winſeln,
Und die Verzweiflung untroͤſtbarer Muͤtter, der Ausfluß der Leichen,
Der, mit Seelen vermiſcht, mir wallend entgegendampfte,
Waren fuͤr meine befriedigte Gottheit ein liebliches Opfer.
Wandelt nicht dort der Schatten Herodes? Verworfene Seele,
War ichs nicht ſelbſt, der in dir den Gedanken, die Bethlehemiten
Umzubringen, erſchuf? Kann etwa des Himmels Bewohner
Seiner Bildungen muͤhſames Werk, die unſterblichen Seelen,
Vor mir beſchuͤtzen, daß ich ſie mit meiner verborgnen Begeiſtrung
Nicht umſchatte, und uͤber ſie nicht zum Verderben mich breite?
Ja, Verlaßner, dein klagendes Winſeln, dein banges Verzweifeln,
Und der Seelen Geſchrey, die du ſonſt noch unſchuldig erwuͤrgteſt,
Daß ſie ſuͤndigend ſtarben, und dir, und der Vorſehung fluchten,
Jſt nun deinem befriedigten Gott auch ein liebliches Opfer.
Als er ſtarb, verſammelte Goͤtter, da kehrte der Knabe
Aus Aegyptens Gefilden zuruͤck. Die Jahre der Jugend
Bracht er im Schoße der zaͤrtlichen Mutter, in weicher Umarmung
Unbekannt zu. Kein jugendlich Feuer, kein edles Erkuͤhnen
Trieb ihn zu Unternehmungen an, ſich furchtbar zu machen.
Doch, ihr Goͤtter, im einſamen Wald, am oͤden Geſtade,
Wo
D 3
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