[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Jhre Beschützer, zwölf Engel der Erde, die unter der Aufsicht Gabriels stehn, erhuben sich itzt auf die Höhen des Oelbergs, Und betrachteten da mit freundschaftsvollem Vergnügen Unsichtbar ihre Gespielen, wie sie den göttlichen Mittler Ueberall thränenvoll suchten. Da kam mit flüchtigen Schritten Aus der Sonnen ein Seraph, und stund auf einmal bey ihnen. Dieser war einer von Vieren, die gleich nach Uriel herrschen. Selia, war sein Name. Jtzt sprach er also zu ihnen: Sagt mir, himmlische Freunde, wo ist er, in welchen Gefilden Wandelt er itzt, der große Meßias? Die Seelen der Väter Senden mich, ich soll ihn auf allen göttlichen Wegen Still begleiten, und jede That der großen Erlösung Achtsam bemerken; kein heiliges Wort, kein zärtlicher Seufzer Soll mir von seinem unsterblichen Mund ungehöret entfliehen; Himmlische Freunde, kein tröstender Blick, und keine der Zähren, Jener getreuen der Gottheit und Menschheit so würdigen Zähren, Soll unangemerkt mir im göttlichen Auge sich zeigen. Ach zu früh entziehst du dem Blicke der heiligen Väter, Erde, dein schönstes Gefilde, wo Gott in Hüllen der Menschheit Wandelt, und das Opfer des großen Mittleramts anfängt! Ach zu früh entfliehst du dem Tag und Uriels Antlitz, Der
Jhre Beſchuͤtzer, zwoͤlf Engel der Erde, die unter der Aufſicht Gabriels ſtehn, erhuben ſich itzt auf die Hoͤhen des Oelbergs, Und betrachteten da mit freundſchaftsvollem Vergnuͤgen Unſichtbar ihre Geſpielen, wie ſie den goͤttlichen Mittler Ueberall thraͤnenvoll ſuchten. Da kam mit fluͤchtigen Schritten Aus der Sonnen ein Seraph, und ſtund auf einmal bey ihnen. Dieſer war einer von Vieren, die gleich nach Uriel herrſchen. Selia, war ſein Name. Jtzt ſprach er alſo zu ihnen: Sagt mir, himmliſche Freunde, wo iſt er, in welchen Gefilden Wandelt er itzt, der große Meßias? Die Seelen der Vaͤter Senden mich, ich ſoll ihn auf allen goͤttlichen Wegen Still begleiten, und jede That der großen Erloͤſung Achtſam bemerken; kein heiliges Wort, kein zaͤrtlicher Seufzer Soll mir von ſeinem unſterblichen Mund ungehoͤret entfliehen; Himmliſche Freunde, kein troͤſtender Blick, und keine der Zaͤhren, Jener getreuen der Gottheit und Menſchheit ſo wuͤrdigen Zaͤhren, Soll unangemerkt mir im goͤttlichen Auge ſich zeigen. Ach zu fruͤh entziehſt du dem Blicke der heiligen Vaͤter, Erde, dein ſchoͤnſtes Gefilde, wo Gott in Huͤllen der Menſchheit Wandelt, und das Opfer des großen Mittleramts anfaͤngt! Ach zu fruͤh entfliehſt du dem Tag und Uriels Antlitz, Der
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Der Meßias.
Ward einſt mit Wolken bedeckt, bald aber entflohen die Wolken,
Und ein lichtheller ewiger Glanz gieng wieder vom Stuhl aus.
Damals rief Eloa und ſprach! Er iſt ihm genommen,
Und iſt einem andern gegeben, der beſſer, als er iſt!
Jhre Beſchuͤtzer, zwoͤlf Engel der Erde, die unter der Aufſicht
Gabriels ſtehn, erhuben ſich itzt auf die Hoͤhen des Oelbergs,
Und betrachteten da mit freundſchaftsvollem Vergnuͤgen
Unſichtbar ihre Geſpielen, wie ſie den goͤttlichen Mittler
Ueberall thraͤnenvoll ſuchten. Da kam mit fluͤchtigen Schritten
Aus der Sonnen ein Seraph, und ſtund auf einmal bey ihnen.
Dieſer war einer von Vieren, die gleich nach Uriel herrſchen.
Selia, war ſein Name. Jtzt ſprach er alſo zu ihnen:
Sagt mir, himmliſche Freunde, wo iſt er, in welchen Gefilden
Wandelt er itzt, der große Meßias? Die Seelen der Vaͤter
Senden mich, ich ſoll ihn auf allen goͤttlichen Wegen
Still begleiten, und jede That der großen Erloͤſung
Achtſam bemerken; kein heiliges Wort, kein zaͤrtlicher Seufzer
Soll mir von ſeinem unſterblichen Mund ungehoͤret entfliehen;
Himmliſche Freunde, kein troͤſtender Blick, und keine der Zaͤhren,
Jener getreuen der Gottheit und Menſchheit ſo wuͤrdigen Zaͤhren,
Soll unangemerkt mir im goͤttlichen Auge ſich zeigen.
Ach zu fruͤh entziehſt du dem Blicke der heiligen Vaͤter,
Erde, dein ſchoͤnſtes Gefilde, wo Gott in Huͤllen der Menſchheit
Wandelt, und das Opfer des großen Mittleramts anfaͤngt!
Ach zu fruͤh entfliehſt du dem Tag und Uriels Antlitz,
Der
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