[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
Also dacht' er, und sank in entzücktes Staunen. Wohin er Blickt, vom Himmel herab, herauf von der liegenden Erde, Lächelt ihm alles. Auf ihn war Gottes Ruhe gekommen. Und ein Wink des Versöners beschied der Seraphim einen. Dieser verließ mit Eile den Kreis, der um Golgatha glänzte, Stand dann unten am Kreuze. Des göttlichen Winkes Befehl war: Seraph, bring du diesen Erlösten zu mir, wann er todt ist! Und er eilte zurück, und kam zum Kreise der Engel. Abdiel wars, der Unüberwundne. Die Pforte der Hölle Hütet itzo, auf Gottes Befehl, ein Engel des Todes. Schnell umgeben ihn Schaaren der andern Engel, und fragen; Abdiel sprach: Mit Entzückung empfing ich die hohen Befehle, Jenen erlösten Sünder nach seinem Tode dem Mittler Zuzuführen. Der süsse Gedanke durchströmt mich. Je mehr ich Jhn entfalte, je mehr werd ich von Seligkeit trunken. Einen geretteten Sünder, und selbst in den Stunden gerettet, Da das Opfer für das Geschlecht der Sterblichen blutet, Diese
Alſo dacht’ er, und ſank in entzuͤcktes Staunen. Wohin er Blickt, vom Himmel herab, herauf von der liegenden Erde, Laͤchelt ihm alles. Auf ihn war Gottes Ruhe gekommen. Und ein Wink des Verſoͤners beſchied der Seraphim einen. Dieſer verließ mit Eile den Kreis, der um Golgatha glaͤnzte, Stand dann unten am Kreuze. Des goͤttlichen Winkes Befehl war: Seraph, bring du dieſen Erloͤſten zu mir, wann er todt iſt! Und er eilte zuruͤck, und kam zum Kreiſe der Engel. Abdiel wars, der Unuͤberwundne. Die Pforte der Hoͤlle Huͤtet itzo, auf Gottes Befehl, ein Engel des Todes. Schnell umgeben ihn Schaaren der andern Engel, und fragen; Abdiel ſprach: Mit Entzuͤckung empfing ich die hohen Befehle, Jenen erloͤſten Suͤnder nach ſeinem Tode dem Mittler Zuzufuͤhren. Der ſuͤſſe Gedanke durchſtroͤmt mich. Je mehr ich Jhn entfalte, je mehr werd ich von Seligkeit trunken. Einen geretteten Suͤnder, und ſelbſt in den Stunden gerettet, Da das Opfer fuͤr das Geſchlecht der Sterblichen blutet, Dieſe
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Der Meſſias.
Und noch tiefer, zu mir! Zwar dieß erforſchet mein Geiſt nicht!
Aber er hat mich von neuem erſchaffen. Jzt, da ich dem Tode
Unterliege, da ſchuf er mich neu. So ſey dann auf ewig
Angebetet von mir, ob ich dich gleich nicht begreife!
Du biſt goͤttlich, und mehr, mehr, als der Erſte der Engel!
Denn ein Engel konnte mich ſo von neuem nicht ſchaffen!
Konnte meine Seele zu Gott ſo hoch nicht erheben!
Goͤttlich, ja das biſt du, und dein, dein bin ich auf ewig!
Alſo dacht’ er, und ſank in entzuͤcktes Staunen. Wohin er
Blickt, vom Himmel herab, herauf von der liegenden Erde,
Laͤchelt ihm alles. Auf ihn war Gottes Ruhe gekommen.
Und ein Wink des Verſoͤners beſchied der Seraphim einen.
Dieſer verließ mit Eile den Kreis, der um Golgatha glaͤnzte,
Stand dann unten am Kreuze. Des goͤttlichen Winkes Befehl war:
Seraph, bring du dieſen Erloͤſten zu mir, wann er todt iſt!
Und er eilte zuruͤck, und kam zum Kreiſe der Engel.
Abdiel wars, der Unuͤberwundne. Die Pforte der Hoͤlle
Huͤtet itzo, auf Gottes Befehl, ein Engel des Todes.
Schnell umgeben ihn Schaaren der andern Engel, und fragen;
Abdiel ſprach: Mit Entzuͤckung empfing ich die hohen Befehle,
Jenen erloͤſten Suͤnder nach ſeinem Tode dem Mittler
Zuzufuͤhren. Der ſuͤſſe Gedanke durchſtroͤmt mich. Je mehr ich
Jhn entfalte, je mehr werd ich von Seligkeit trunken.
Einen geretteten Suͤnder, und ſelbſt in den Stunden gerettet,
Da das Opfer fuͤr das Geſchlecht der Sterblichen blutet,
Dieſe
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