[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
Von Trajanus, der hier sein edleres Herz befleckte, Weg in Banden geführt, und von dem Todesurtheil Seines Verfolgers beladen, ertrug Jgnatius freudig Jesu, des Gottgeopferten, Schmach. Kein niedriger Vorwurf Wag es, die hohe Seele des gottgeweihten Gerechten Anzuklagen: Er habe zu sehr nach der Ehre gerungen, Welche das Haupt der Märtyrer krönt. Nur Söhne des Unsinns Und des Lasters könnens zu sehr; wo sie anders es können! Wie er war aufgegangen, so ging Jgnatius unter, Leuchtend, mit mildem Einfluß. Wie theuer dem Christen des Lebens Lezte Zeit seyn müsse! Was, schon am Ziele der Sieger! Was er, obgleich bedeckt mit dem heissesten Schweisse der Laufbahn, Für die Genossen des Streits, und der grossen Belohnung, noch thue Lehrt er uns. Er stärkte zum ewigen Leben die Brüder. Welch ihn geleiteten, Einmal ihn noch zu sehn, und zu segnen. Die sein freudeweinendes Auge nicht sieht, die ermahnt er, Tröstet entflammt er, durch Briefe, zur Liebe des Siegers am Kreuze, Bis ihn der grausame Schauplaz empfängt, und Thier' ihn zerreissen. Heiden
Von Trajanus, der hier ſein edleres Herz befleckte, Weg in Banden gefuͤhrt, und von dem Todesurtheil Seines Verfolgers beladen, ertrug Jgnatius freudig Jeſu, des Gottgeopferten, Schmach. Kein niedriger Vorwurf Wag es, die hohe Seele des gottgeweihten Gerechten Anzuklagen: Er habe zu ſehr nach der Ehre gerungen, Welche das Haupt der Maͤrtyrer kroͤnt. Nur Soͤhne des Unſinns Und des Laſters koͤnnens zu ſehr; wo ſie anders es koͤnnen! Wie er war aufgegangen, ſo ging Jgnatius unter, Leuchtend, mit mildem Einfluß. Wie theuer dem Chriſten des Lebens Lezte Zeit ſeyn muͤſſe! Was, ſchon am Ziele der Sieger! Was er, obgleich bedeckt mit dem heiſſeſten Schweiſſe der Laufbahn, Fuͤr die Genoſſen des Streits, und der groſſen Belohnung, noch thue Lehrt er uns. Er ſtaͤrkte zum ewigen Leben die Bruͤder. Welch ihn geleiteten, Einmal ihn noch zu ſehn, und zu ſegnen. Die ſein freudeweinendes Auge nicht ſieht, die ermahnt er, Troͤſtet entflammt er, durch Briefe, zur Liebe des Siegers am Kreuze, Bis ihn der grauſame Schauplaz empfaͤngt, und Thier’ ihn zerreiſſen. Heiden
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Der Meſſias.
Selbſt verſtricken, und denen ſie oft, zu muͤhſam, entrinnen!
Linus, allein mit ſich ſelbſt, und ſeines Herzens Erforſcher;
Oder zu Freunden geſellt, die reiner waren und edler,
Liebte vor allen, den Menſchen mit jenem Maaſſe zu meſſen,
Mit dem deine Weisheit ihn mißt, Wort Gottes, du Urquell
Jedes hoͤhern Gedankens, und ieder beſſern Empfindung!
Liebte, Blumen aufs Grab zu ſtreuen, und ſich zu verlieren
Jn der hellen entzuͤckenden Ausſicht der Auferſtehung!
Von Trajanus, der hier ſein edleres Herz befleckte,
Weg in Banden gefuͤhrt, und von dem Todesurtheil
Seines Verfolgers beladen, ertrug Jgnatius freudig
Jeſu, des Gottgeopferten, Schmach. Kein niedriger Vorwurf
Wag es, die hohe Seele des gottgeweihten Gerechten
Anzuklagen: Er habe zu ſehr nach der Ehre gerungen,
Welche das Haupt der Maͤrtyrer kroͤnt. Nur Soͤhne des Unſinns
Und des Laſters koͤnnens zu ſehr; wo ſie anders es koͤnnen!
Wie er war aufgegangen, ſo ging Jgnatius unter,
Leuchtend, mit mildem Einfluß. Wie theuer dem Chriſten des Lebens
Lezte Zeit ſeyn muͤſſe! Was, ſchon am Ziele der Sieger!
Was er, obgleich bedeckt mit dem heiſſeſten Schweiſſe der Laufbahn,
Fuͤr die Genoſſen des Streits, und der groſſen Belohnung, noch thue
Lehrt er uns. Er ſtaͤrkte zum ewigen Leben die Bruͤder.
Welch ihn geleiteten, Einmal ihn noch zu ſehn, und zu ſegnen.
Die ſein freudeweinendes Auge nicht ſieht, die ermahnt er,
Troͤſtet entflammt er, durch Briefe, zur Liebe des Siegers am Kreuze,
Bis ihn der grauſame Schauplaz empfaͤngt, und Thier’ ihn zerreiſſen.
Heiden
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