[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Vom deutschen Hexameter, Werthing. Und den schnellsten auch, Minna. Wenn ich nicht irre, so war es dieser: Eile dahin, wo der Tod, und das Grab! und die Nacht dich erwarten. Jch will Jhnen, Selmer, denjenigen, den ich nicht alleinfür den stärksten, sondern auch für den schönsten halte, im Homer aufsuchen. Sie brauchen den spondeischen Ausgang weit öfter, als Virgil. Selmer. Wenn von Ansehn die Rede ist, so gilt mir Homers Beyspiel mehr, als Virgils. Aber, auch ohne das Exempel des Griechen, würde mir die Regel der Mannich- faltigkeit, und der Rhythmus des trochäischen Ausgangs, lassen Sie uns ihn künftig so nennen, weil unser Hexameter nicht den Spondeus, sondern den Trochäus, zum zweyten Fuß angenommen hat, ich sage, die Regel der Mannichfal- tigkeit, und der bedeutende Rhythmus des trochäischen Aus- gangs würden mir es auflegen, durch ihn den daktylischen nicht selten zu unterbrechen. Heiners. Nach ihrer Meynung ist es freylich ein Vor- zug des deutschen Hexameters vor dem griechischen, daß er, statt zweyer künstlicher Füsse, drey zur Regel annimmt. Selmer. Es ist einer, wenn anders Mannichfaltigkeit, deren Gränzen nicht allein bestimmt, sondern auch weder zu sehr eingeschränkt, noch zu sehr erweitert sind, mit zur Schön- heit gehört. Heiners.
Vom deutſchen Hexameter, Werthing. Und den ſchnellſten auch, Minna. Wenn ich nicht irre, ſo war es dieſer: Eile dahin, wo der Tod, und das Grab! und die Nacht dich erwarten. Jch will Jhnen, Selmer, denjenigen, den ich nicht alleinfuͤr den ſtaͤrkſten, ſondern auch fuͤr den ſchoͤnſten halte, im Homer aufſuchen. Sie brauchen den ſpondeiſchen Ausgang weit oͤfter, als Virgil. Selmer. Wenn von Anſehn die Rede iſt, ſo gilt mir Homers Beyſpiel mehr, als Virgils. Aber, auch ohne das Exempel des Griechen, wuͤrde mir die Regel der Mannich- faltigkeit, und der Rhythmus des trochaͤiſchen Ausgangs, laſſen Sie uns ihn kuͤnftig ſo nennen, weil unſer Hexameter nicht den Spondeus, ſondern den Trochaͤus, zum zweyten Fuß angenommen hat, ich ſage, die Regel der Mannichfal- tigkeit, und der bedeutende Rhythmus des trochaͤiſchen Aus- gangs wuͤrden mir es auflegen, durch ihn den daktyliſchen nicht ſelten zu unterbrechen. Heiners. Nach ihrer Meynung iſt es freylich ein Vor- zug des deutſchen Hexameters vor dem griechiſchen, daß er, ſtatt zweyer kuͤnſtlicher Fuͤſſe, drey zur Regel annimmt. Selmer. Es iſt einer, wenn anders Mannichfaltigkeit, deren Graͤnzen nicht allein beſtimmt, ſondern auch weder zu ſehr eingeſchraͤnkt, noch zu ſehr erweitert ſind, mit zur Schoͤn- heit gehoͤrt. Heiners.
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Werthing. Und den ſchnellſten auch, Minna. Wenn
ich nicht irre, ſo war es dieſer:
Eile dahin, wo der Tod, und das Grab! und die Nacht dich erwarten.
Jch will Jhnen, Selmer, denjenigen, den ich nicht allein
fuͤr den ſtaͤrkſten, ſondern auch fuͤr den ſchoͤnſten halte, im
Homer aufſuchen.
Sie brauchen den ſpondeiſchen Ausgang weit oͤfter, als
Virgil.
Selmer. Wenn von Anſehn die Rede iſt, ſo gilt mir
Homers Beyſpiel mehr, als Virgils. Aber, auch ohne das
Exempel des Griechen, wuͤrde mir die Regel der Mannich-
faltigkeit, und der Rhythmus des trochaͤiſchen Ausgangs,
laſſen Sie uns ihn kuͤnftig ſo nennen, weil unſer Hexameter
nicht den Spondeus, ſondern den Trochaͤus, zum zweyten
Fuß angenommen hat, ich ſage, die Regel der Mannichfal-
tigkeit, und der bedeutende Rhythmus des trochaͤiſchen Aus-
gangs wuͤrden mir es auflegen, durch ihn den daktyliſchen
nicht ſelten zu unterbrechen.
Heiners. Nach ihrer Meynung iſt es freylich ein Vor-
zug des deutſchen Hexameters vor dem griechiſchen, daß er,
ſtatt zweyer kuͤnſtlicher Fuͤſſe, drey zur Regel annimmt.
Selmer. Es iſt einer, wenn anders Mannichfaltigkeit,
deren Graͤnzen nicht allein beſtimmt, ſondern auch weder zu
ſehr eingeſchraͤnkt, noch zu ſehr erweitert ſind, mit zur Schoͤn-
heit gehoͤrt.
Heiners.
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