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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Vertragsmässiger Vorbehalt.
in dem Leser reproduzirt werden. Der so reproduzirte Gedanke
ist freier geistiger Besitz des Lesers und dieser kann schlech-
terdings nicht gehindert werden, denselben weiter mitzutheilen.
(Vergl. Einleitung S. 18 f.). Wenn der Leser dagegen den Inhalt
des Buches in denselben Worten vervielfältigt, so verfällt er
in eine mechanische Reproduction, die das ausschliessliche Recht
des Autors ist. So richtig indess die angeführte Unterscheidung
ist, so wenig ist sie geeignet, die vermeintliche Totalität der
rechtlichen Herrschaft des Urhebers zu retten. Im Gegentheile,
die weitere Ausführung dieser Unterscheidung, die an einer
andern Stelle erfolgen wird, zeigt recht deutlich, wie beschränkt
der Rechtsschutz ist, welcher dem geistigen Eigenthume über-
haupt gewährt werden kann.

Wenn es möglich wäre, die verschiedenen Rechte nach
ihrer mehr oder minder beschränkten Geltung zu klassifiziren,
so würden in der That das Sacheigenthum und das geistige
Eigenthum sich gerade an den entgegengesetzten Endpunkten
der Reihe vorfinden.

Ein zweiter Versuch das ausschliessliche Recht des Urhe-
bers auf Vervielfältigung seines Werkes aus dem allgemeinen
Rechte zu begründen -- die Vertragstheorie -- wurde von
einem hervorragenden Vertheidiger der Eigenthumstheorie auf-
gestellt. Pütter 2) stützt das ausschliessliche Recht der Verviel-
fältigung zunächst auf die Annahme eines Eigenthumsrechtes
an dem gelehrten Grundstoffe des Werkes. Dass aber dieses
Eigenthumsrecht nicht zugleich mit dem Eigenthume an den
einzelnen verkauften Exemplaren übertragen werde, leitet er
aus einem stillschweigenden Vertrage (pactum adiectum
taciturnum
) her. Der Verleger gibt nämlich nach seiner Auf-
fassung dadurch, dass er auf den Titel setzen lässt, dass das
Buch in seinem Verlage gedruckt sei, jedem Käufer ausdrück-
lich zu erkennen, dass er das Buch in einzelnen Exemplaren
nur unter der Bedingung verkaufe, dass ihm sein Verlag unge-
kränkt bleibe. Die weitere Ausführung dieser Vertragstheorie
1)

2) Der Büchernachdruck nach ächten Grundsätzen des Rechts
geprüft. Göttingen 1774 §. 45. Beiträge zum Teutschen Staats- und
Fürsten-Rechte Th. I S. 259.
1) Vergl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts. Berlin
1833. §. 69.

Vertragsmässiger Vorbehalt.
in dem Leser reproduzirt werden. Der so reproduzirte Gedanke
ist freier geistiger Besitz des Lesers und dieser kann schlech-
terdings nicht gehindert werden, denselben weiter mitzutheilen.
(Vergl. Einleitung S. 18 f.). Wenn der Leser dagegen den Inhalt
des Buches in denselben Worten vervielfältigt, so verfällt er
in eine mechanische Reproduction, die das ausschliessliche Recht
des Autors ist. So richtig indess die angeführte Unterscheidung
ist, so wenig ist sie geeignet, die vermeintliche Totalität der
rechtlichen Herrschaft des Urhebers zu retten. Im Gegentheile,
die weitere Ausführung dieser Unterscheidung, die an einer
andern Stelle erfolgen wird, zeigt recht deutlich, wie beschränkt
der Rechtsschutz ist, welcher dem geistigen Eigenthume über-
haupt gewährt werden kann.

Wenn es möglich wäre, die verschiedenen Rechte nach
ihrer mehr oder minder beschränkten Geltung zu klassifiziren,
so würden in der That das Sacheigenthum und das geistige
Eigenthum sich gerade an den entgegengesetzten Endpunkten
der Reihe vorfinden.

Ein zweiter Versuch das ausschliessliche Recht des Urhe-
bers auf Vervielfältigung seines Werkes aus dem allgemeinen
Rechte zu begründen — die Vertragstheorie — wurde von
einem hervorragenden Vertheidiger der Eigenthumstheorie auf-
gestellt. Pütter 2) stützt das ausschliessliche Recht der Verviel-
fältigung zunächst auf die Annahme eines Eigenthumsrechtes
an dem gelehrten Grundstoffe des Werkes. Dass aber dieses
Eigenthumsrecht nicht zugleich mit dem Eigenthume an den
einzelnen verkauften Exemplaren übertragen werde, leitet er
aus einem stillschweigenden Vertrage (pactum adiectum
taciturnum
) her. Der Verleger gibt nämlich nach seiner Auf-
fassung dadurch, dass er auf den Titel setzen lässt, dass das
Buch in seinem Verlage gedruckt sei, jedem Käufer ausdrück-
lich zu erkennen, dass er das Buch in einzelnen Exemplaren
nur unter der Bedingung verkaufe, dass ihm sein Verlag unge-
kränkt bleibe. Die weitere Ausführung dieser Vertragstheorie
1)

2) Der Büchernachdruck nach ächten Grundsätzen des Rechts
geprüft. Göttingen 1774 §. 45. Beiträge zum Teutschen Staats- und
Fürsten-Rechte Th. I S. 259.
1) Vergl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts. Berlin
1833. §. 69.
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[123/0139] Vertragsmässiger Vorbehalt. in dem Leser reproduzirt werden. Der so reproduzirte Gedanke ist freier geistiger Besitz des Lesers und dieser kann schlech- terdings nicht gehindert werden, denselben weiter mitzutheilen. (Vergl. Einleitung S. 18 f.). Wenn der Leser dagegen den Inhalt des Buches in denselben Worten vervielfältigt, so verfällt er in eine mechanische Reproduction, die das ausschliessliche Recht des Autors ist. So richtig indess die angeführte Unterscheidung ist, so wenig ist sie geeignet, die vermeintliche Totalität der rechtlichen Herrschaft des Urhebers zu retten. Im Gegentheile, die weitere Ausführung dieser Unterscheidung, die an einer andern Stelle erfolgen wird, zeigt recht deutlich, wie beschränkt der Rechtsschutz ist, welcher dem geistigen Eigenthume über- haupt gewährt werden kann. Wenn es möglich wäre, die verschiedenen Rechte nach ihrer mehr oder minder beschränkten Geltung zu klassifiziren, so würden in der That das Sacheigenthum und das geistige Eigenthum sich gerade an den entgegengesetzten Endpunkten der Reihe vorfinden. Ein zweiter Versuch das ausschliessliche Recht des Urhe- bers auf Vervielfältigung seines Werkes aus dem allgemeinen Rechte zu begründen — die Vertragstheorie — wurde von einem hervorragenden Vertheidiger der Eigenthumstheorie auf- gestellt. Pütter 2) stützt das ausschliessliche Recht der Verviel- fältigung zunächst auf die Annahme eines Eigenthumsrechtes an dem gelehrten Grundstoffe des Werkes. Dass aber dieses Eigenthumsrecht nicht zugleich mit dem Eigenthume an den einzelnen verkauften Exemplaren übertragen werde, leitet er aus einem stillschweigenden Vertrage (pactum adiectum taciturnum) her. Der Verleger gibt nämlich nach seiner Auf- fassung dadurch, dass er auf den Titel setzen lässt, dass das Buch in seinem Verlage gedruckt sei, jedem Käufer ausdrück- lich zu erkennen, dass er das Buch in einzelnen Exemplaren nur unter der Bedingung verkaufe, dass ihm sein Verlag unge- kränkt bleibe. Die weitere Ausführung dieser Vertragstheorie 1) 2) Der Büchernachdruck nach ächten Grundsätzen des Rechts geprüft. Göttingen 1774 §. 45. Beiträge zum Teutschen Staats- und Fürsten-Rechte Th. I S. 259. 1) Vergl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts. Berlin 1833. §. 69.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/139>, abgerufen am 21.11.2024.