gegen den Schutz der Erfindungen, neuerdings um so zahl- reichere Einwendungen laut.
Man behauptet, der Erfinder habe nach dem natürlichen Rechte keinesweges Anspruch auf die ausschliessliche Nutzung seiner Erfindung. Er hätte die Idee derselben nicht aus sich selbst schöpfen können, wenn er nicht von andern Menschen der Vor- und Mitwelt Begriffe und Ideen empfangen hätte, welche jene Idee in ihm weckten. Er zahle der Vor- und Mit- welt eine Schuld ab, indem er die Idee seiner Erfindung der Menschheit mittheilt.1) Ein ausschliessliches Recht an Gedan- ken sei auch unjuristisch, thatsächlich unmöglich und wider- sinnig. Ebensowenig bedürfe es besonderer Ermunterungen zu Erfindungen durch Patentertheilungen. Theils der eigene Vor- theil, theils der unwiderstehliche Forschungstrieb treibe den mit Erfindungsgabe Versehenen schon von selbst an. Auch werde der Erfinder für wirklich nützliche Entdeckungen ent- weder durch die eigene Verwerthung oder durch den Verkauf eine genügende Belohnung finden, ohne dass es dazu der Ver- leihung eines Monopols bedürfe.2)
Endlich wird darauf hingewiesen, dass die bestehende, sehr mannigfaltige Patentgesetzgebung in keinem Lande be- friedige, dass keines der verschiedenen Systeme: der Vorprüfung und der freien Anmeldung, der Publication und der Geheim- haltung, der jährlichen Taxen und der freien Bewilligung in dem Lande, wo es practische Geltung hat, als zweckmässig anerkannt werde und dass in der That jedes dieser Systeme in seiner Art nachtheilig auf die Industrie zurückwirke, welche es beschützen solle.
Bei der Vorprüfung urtheile ein willkürlich zusammenge- setzter Hof von Sachverständigen über den Werth einer Er- findung, über welchen nur die Probe der Erfahrung und die Zukunft richten könne. Gerade wirklich neue und nützliche Erfindungen würden Gefahr laufen, von diesen Richtern in der- selben Weise verkannt zu werden, wie das Problem des Co- lumbus von dem Rathe zu Salamanca oder die Erfindung Ful- tons von den Sachverständigen Napoleons.
1) Michel Chevalier, Rapports des membres de la section francaise du jury international sur l'ensemble de l'exposition a Londres. 1862. Intruction.
2) Mohl, Kritische Zeitschrift für Rechtswissenschaft Bd. XXV S. 113.
Erfindungspatente.
gegen den Schutz der Erfindungen, neuerdings um so zahl- reichere Einwendungen laut.
Man behauptet, der Erfinder habe nach dem natürlichen Rechte keinesweges Anspruch auf die ausschliessliche Nutzung seiner Erfindung. Er hätte die Idee derselben nicht aus sich selbst schöpfen können, wenn er nicht von andern Menschen der Vor- und Mitwelt Begriffe und Ideen empfangen hätte, welche jene Idee in ihm weckten. Er zahle der Vor- und Mit- welt eine Schuld ab, indem er die Idee seiner Erfindung der Menschheit mittheilt.1) Ein ausschliessliches Recht an Gedan- ken sei auch unjuristisch, thatsächlich unmöglich und wider- sinnig. Ebensowenig bedürfe es besonderer Ermunterungen zu Erfindungen durch Patentertheilungen. Theils der eigene Vor- theil, theils der unwiderstehliche Forschungstrieb treibe den mit Erfindungsgabe Versehenen schon von selbst an. Auch werde der Erfinder für wirklich nützliche Entdeckungen ent- weder durch die eigene Verwerthung oder durch den Verkauf eine genügende Belohnung finden, ohne dass es dazu der Ver- leihung eines Monopols bedürfe.2)
Endlich wird darauf hingewiesen, dass die bestehende, sehr mannigfaltige Patentgesetzgebung in keinem Lande be- friedige, dass keines der verschiedenen Systeme: der Vorprüfung und der freien Anmeldung, der Publication und der Geheim- haltung, der jährlichen Taxen und der freien Bewilligung in dem Lande, wo es practische Geltung hat, als zweckmässig anerkannt werde und dass in der That jedes dieser Systeme in seiner Art nachtheilig auf die Industrie zurückwirke, welche es beschützen solle.
Bei der Vorprüfung urtheile ein willkürlich zusammenge- setzter Hof von Sachverständigen über den Werth einer Er- findung, über welchen nur die Probe der Erfahrung und die Zukunft richten könne. Gerade wirklich neue und nützliche Erfindungen würden Gefahr laufen, von diesen Richtern in der- selben Weise verkannt zu werden, wie das Problem des Co- lumbus von dem Rathe zu Salamanca oder die Erfindung Ful- tons von den Sachverständigen Napoleons.
1) Michel Chevalier, Rapports des membres de la section française du jury international sur l’ensemble de l’exposition à Londres. 1862. Intruction.
2) Mohl, Kritische Zeitschrift für Rechtswissenschaft Bd. XXV S. 113.
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Erfindungspatente.
gegen den Schutz der Erfindungen, neuerdings um so zahl-
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Man behauptet, der Erfinder habe nach dem natürlichen
Rechte keinesweges Anspruch auf die ausschliessliche Nutzung
seiner Erfindung. Er hätte die Idee derselben nicht aus sich
selbst schöpfen können, wenn er nicht von andern Menschen
der Vor- und Mitwelt Begriffe und Ideen empfangen hätte,
welche jene Idee in ihm weckten. Er zahle der Vor- und Mit-
welt eine Schuld ab, indem er die Idee seiner Erfindung der
Menschheit mittheilt. 1) Ein ausschliessliches Recht an Gedan-
ken sei auch unjuristisch, thatsächlich unmöglich und wider-
sinnig. Ebensowenig bedürfe es besonderer Ermunterungen zu
Erfindungen durch Patentertheilungen. Theils der eigene Vor-
theil, theils der unwiderstehliche Forschungstrieb treibe den
mit Erfindungsgabe Versehenen schon von selbst an. Auch
werde der Erfinder für wirklich nützliche Entdeckungen ent-
weder durch die eigene Verwerthung oder durch den Verkauf
eine genügende Belohnung finden, ohne dass es dazu der Ver-
leihung eines Monopols bedürfe. 2)
Endlich wird darauf hingewiesen, dass die bestehende,
sehr mannigfaltige Patentgesetzgebung in keinem Lande be-
friedige, dass keines der verschiedenen Systeme: der Vorprüfung
und der freien Anmeldung, der Publication und der Geheim-
haltung, der jährlichen Taxen und der freien Bewilligung in
dem Lande, wo es practische Geltung hat, als zweckmässig
anerkannt werde und dass in der That jedes dieser Systeme
in seiner Art nachtheilig auf die Industrie zurückwirke, welche
es beschützen solle.
Bei der Vorprüfung urtheile ein willkürlich zusammenge-
setzter Hof von Sachverständigen über den Werth einer Er-
findung, über welchen nur die Probe der Erfahrung und die
Zukunft richten könne. Gerade wirklich neue und nützliche
Erfindungen würden Gefahr laufen, von diesen Richtern in der-
selben Weise verkannt zu werden, wie das Problem des Co-
lumbus von dem Rathe zu Salamanca oder die Erfindung Ful-
tons von den Sachverständigen Napoleons.
1) Michel Chevalier, Rapports des membres de la section française
du jury international sur l’ensemble de l’exposition à Londres. 1862.
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2) Mohl, Kritische Zeitschrift für Rechtswissenschaft Bd. XXV S. 113.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/47>, abgerufen am 03.12.2024.
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