sehn hat, zu Boden schlagen; wo eine zahlreiche ehrliche Familie, mit allem Fleisse, durch die tägliche Arbeit ihrer Hände nicht so viel errin¬ gen kann, um sich gegen Hunger, Blöße und Krankheit zu schützen; wo auf hartem Lager, in durchwachten, durchseufzten Nächten, scham¬ hafte Thränen über gerungene Hände rollen -- Dahin, menschenfreundlicher Wohlthäter! da¬ hin bringe Dein Blick! Da kannst Du Deine Gelder, den Ueberfluß dessen unterbringen, was Dir der Schöpfer anvertrauet hat, und Zinsen damit erwerben, die keine Bank auf Erden Dir zusichern kann.
Manchen aber drücken schwerere Leiden, als die der Armuth und des Mangels; Seelen- Leiden, die an der Knospe des Lebens nagen. O! schone des Kummervollen! Pflege Seiner! Suche ihn aufzurichten, zu trösten, mit Hof¬ nung zu erfüllen, Balsam in seine Wunden zu giessen, und wenn Du seine Last nicht erleich¬ tern kannst; so hilf wenigstens tragen, und weine eine brüderliche Thräne mit ihm! Richte aber die Art Deiner Behandlung nach Vernunft ein! Es giebt Augenblicke des Schmerzens, wo
alle
ſehn hat, zu Boden ſchlagen; wo eine zahlreiche ehrliche Familie, mit allem Fleiſſe, durch die taͤgliche Arbeit ihrer Haͤnde nicht ſo viel errin¬ gen kann, um ſich gegen Hunger, Bloͤße und Krankheit zu ſchuͤtzen; wo auf hartem Lager, in durchwachten, durchſeufzten Naͤchten, ſcham¬ hafte Thraͤnen uͤber gerungene Haͤnde rollen — Dahin, menſchenfreundlicher Wohlthaͤter! da¬ hin bringe Dein Blick! Da kannſt Du Deine Gelder, den Ueberfluß deſſen unterbringen, was Dir der Schoͤpfer anvertrauet hat, und Zinſen damit erwerben, die keine Bank auf Erden Dir zuſichern kann.
Manchen aber druͤcken ſchwerere Leiden, als die der Armuth und des Mangels; Seelen- Leiden, die an der Knospe des Lebens nagen. O! ſchone des Kummervollen! Pflege Seiner! Suche ihn aufzurichten, zu troͤſten, mit Hof¬ nung zu erfuͤllen, Balſam in ſeine Wunden zu gieſſen, und wenn Du ſeine Laſt nicht erleich¬ tern kannſt; ſo hilf wenigſtens tragen, und weine eine bruͤderliche Thraͤne mit ihm! Richte aber die Art Deiner Behandlung nach Vernunft ein! Es giebt Augenblicke des Schmerzens, wo
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[191/0213]
ſehn hat, zu Boden ſchlagen; wo eine zahlreiche
ehrliche Familie, mit allem Fleiſſe, durch die
taͤgliche Arbeit ihrer Haͤnde nicht ſo viel errin¬
gen kann, um ſich gegen Hunger, Bloͤße und
Krankheit zu ſchuͤtzen; wo auf hartem Lager, in
durchwachten, durchſeufzten Naͤchten, ſcham¬
hafte Thraͤnen uͤber gerungene Haͤnde rollen —
Dahin, menſchenfreundlicher Wohlthaͤter! da¬
hin bringe Dein Blick! Da kannſt Du Deine
Gelder, den Ueberfluß deſſen unterbringen, was
Dir der Schoͤpfer anvertrauet hat, und Zinſen
damit erwerben, die keine Bank auf Erden Dir
zuſichern kann.
Manchen aber druͤcken ſchwerere Leiden,
als die der Armuth und des Mangels; Seelen-
Leiden, die an der Knospe des Lebens nagen.
O! ſchone des Kummervollen! Pflege Seiner!
Suche ihn aufzurichten, zu troͤſten, mit Hof¬
nung zu erfuͤllen, Balſam in ſeine Wunden zu
gieſſen, und wenn Du ſeine Laſt nicht erleich¬
tern kannſt; ſo hilf wenigſtens tragen, und
weine eine bruͤderliche Thraͤne mit ihm! Richte
aber die Art Deiner Behandlung nach Vernunft
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/213>, abgerufen am 21.11.2024.
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