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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

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Schranken blieb, und es ihm erlaubt war, auf
vertraulichem Fuße mit vornehmen Leuten um¬
zugehn, und ihnen zuweilen derbe Wahrheiten
zu sagen. Weil Diese aber sich nicht umsonst
so weit herablassen wollten, auch nicht zu aller
Zeit gleich gut aufgelegt waren, seinen Witz,
der zuweilen in das Grobe fiel, aufzunehmen;
so erfuhr er Demüthigungen aller Art, bekam
zuweilen Schläge, und konnte doch nun nicht
mehr zurück, indem ihm seine Verwandten und
Bekannten in der Stadt mit äusserster Verach¬
tung begegneten, und sein kleines Vermögen
geschmolzen war -- Und so sank er denn immer
tiefer. Er wurde gänzlich abhängig vom Hofe;
der Fürst ließ ihm eine buntschäckigte Kleidung
machen, und es war kein Küchenjunge im Schlosse,
der nicht das Recht zu haben glaubte, einen
Spaß von ihm zu begehren, oder ihm für einen
Schoppen Wein einen Nasenstüber zu geben.
Aus Verzweiflung berauschte er sich nun täglich,
und war er ja einmal nüchtern; so nagten die
Vorstellung seiner fürchterlichen Lage, das Ge¬
fühl der unedelen Rolle, welche er spielte, die
Anstrengung neue Späße zu erfinden, um nicht
auf immer verstoßen zu werden, und sein auf¬

wa¬

Schranken blieb, und es ihm erlaubt war, auf
vertraulichem Fuße mit vornehmen Leuten um¬
zugehn, und ihnen zuweilen derbe Wahrheiten
zu ſagen. Weil Dieſe aber ſich nicht umſonſt
ſo weit herablaſſen wollten, auch nicht zu aller
Zeit gleich gut aufgelegt waren, ſeinen Witz,
der zuweilen in das Grobe fiel, aufzunehmen;
ſo erfuhr er Demuͤthigungen aller Art, bekam
zuweilen Schlaͤge, und konnte doch nun nicht
mehr zuruͤck, indem ihm ſeine Verwandten und
Bekannten in der Stadt mit aͤuſſerſter Verach¬
tung begegneten, und ſein kleines Vermoͤgen
geſchmolzen war — Und ſo ſank er denn immer
tiefer. Er wurde gaͤnzlich abhaͤngig vom Hofe;
der Fuͤrſt ließ ihm eine buntſchaͤckigte Kleidung
machen, und es war kein Kuͤchenjunge im Schloſſe,
der nicht das Recht zu haben glaubte, einen
Spaß von ihm zu begehren, oder ihm fuͤr einen
Schoppen Wein einen Naſenſtuͤber zu geben.
Aus Verzweiflung berauſchte er ſich nun taͤglich,
und war er ja einmal nuͤchtern; ſo nagten die
Vorſtellung ſeiner fuͤrchterlichen Lage, das Ge¬
fuͤhl der unedelen Rolle, welche er ſpielte, die
Anſtrengung neue Spaͤße zu erfinden, um nicht
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[271/0293] Schranken blieb, und es ihm erlaubt war, auf vertraulichem Fuße mit vornehmen Leuten um¬ zugehn, und ihnen zuweilen derbe Wahrheiten zu ſagen. Weil Dieſe aber ſich nicht umſonſt ſo weit herablaſſen wollten, auch nicht zu aller Zeit gleich gut aufgelegt waren, ſeinen Witz, der zuweilen in das Grobe fiel, aufzunehmen; ſo erfuhr er Demuͤthigungen aller Art, bekam zuweilen Schlaͤge, und konnte doch nun nicht mehr zuruͤck, indem ihm ſeine Verwandten und Bekannten in der Stadt mit aͤuſſerſter Verach¬ tung begegneten, und ſein kleines Vermoͤgen geſchmolzen war — Und ſo ſank er denn immer tiefer. Er wurde gaͤnzlich abhaͤngig vom Hofe; der Fuͤrſt ließ ihm eine buntſchaͤckigte Kleidung machen, und es war kein Kuͤchenjunge im Schloſſe, der nicht das Recht zu haben glaubte, einen Spaß von ihm zu begehren, oder ihm fuͤr einen Schoppen Wein einen Naſenſtuͤber zu geben. Aus Verzweiflung berauſchte er ſich nun taͤglich, und war er ja einmal nuͤchtern; ſo nagten die Vorſtellung ſeiner fuͤrchterlichen Lage, das Ge¬ fuͤhl der unedelen Rolle, welche er ſpielte, die Anſtrengung neue Spaͤße zu erfinden, um nicht auf immer verſtoßen zu werden, und ſein auf¬ wa¬

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/293>, abgerufen am 23.11.2024.