Schnupftuche gewikkelt, kömmt er zu Hause an, man frägt ihn, ob er den Niklas gesehen habe? er antwortet, daß, da er einen andern Rükweg genommen habe, ihm nicht einmal der Lelye, mit dem er im Weinberge gewesen, begegnet sei. Jnzwischen entstehen Besorgnisse über die Ab- wesenheit des Gärtners, um sie zu stillen, durch- läuft man den Weinberg, aber vergebens; end- lich am Abend hört man die traurige Katastrophe, der blutige Leichnam war gefunden worden. Dieser Anblik erwekt sowol Verdacht, als Mitlei- den; sie laufen wechselsweise auf die beiden Reu- ter. Die verwundete Hand scheint bei einigen die Hand eines Brudermörders, aber eben diese Hand, man besieht sie, man berührt, man un- tersucht sie, und erkennt daran das Zeichen eines sehr natürlichen Zufalls. Der Karakter des Jo- hann Joseph, zerstreuet den Nebel, und nach- dem man sich mit Mutmassungen und Urteilen genug herum gestritten hat, bleibt der Verdacht auf Ludwig Lelye, und man sieht ihn für den gewissen Mörder an.
Die erste Untersuchung bestätigte dieses Ur- teil. Verschiedene Zeugen hatten den Joseph in einer grossen Entfernung vom Morde, und auf
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Schnupftuche gewikkelt, koͤmmt er zu Hauſe an, man fraͤgt ihn, ob er den Niklas geſehen habe? er antwortet, daß, da er einen andern Ruͤkweg genommen habe, ihm nicht einmal der Lelye, mit dem er im Weinberge geweſen, begegnet ſei. Jnzwiſchen entſtehen Beſorgniſſe uͤber die Ab- weſenheit des Gaͤrtners, um ſie zu ſtillen, durch- laͤuft man den Weinberg, aber vergebens; end- lich am Abend hoͤrt man die traurige Kataſtrophe, der blutige Leichnam war gefunden worden. Dieſer Anblik erwekt ſowol Verdacht, als Mitlei- den; ſie laufen wechſelsweiſe auf die beiden Reu- ter. Die verwundete Hand ſcheint bei einigen die Hand eines Brudermoͤrders, aber eben dieſe Hand, man beſieht ſie, man beruͤhrt, man un- terſucht ſie, und erkennt daran das Zeichen eines ſehr natuͤrlichen Zufalls. Der Karakter des Jo- hann Joſeph, zerſtreuet den Nebel, und nach- dem man ſich mit Mutmaſſungen und Urteilen genug herum geſtritten hat, bleibt der Verdacht auf Ludwig Lelye, und man ſieht ihn fuͤr den gewiſſen Moͤrder an.
Die erſte Unterſuchung beſtaͤtigte dieſes Ur- teil. Verſchiedene Zeugen hatten den Joſeph in einer groſſen Entfernung vom Morde, und auf
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Schnupftuche gewikkelt, koͤmmt er zu Hauſe an,
man fraͤgt ihn, ob er den Niklas geſehen habe?
er antwortet, daß, da er einen andern Ruͤkweg
genommen habe, ihm nicht einmal der Lelye,
mit dem er im Weinberge geweſen, begegnet ſei.
Jnzwiſchen entſtehen Beſorgniſſe uͤber die Ab-
weſenheit des Gaͤrtners, um ſie zu ſtillen, durch-
laͤuft man den Weinberg, aber vergebens; end-
lich am Abend hoͤrt man die traurige Kataſtrophe,
der blutige Leichnam war gefunden worden.
Dieſer Anblik erwekt ſowol Verdacht, als Mitlei-
den; ſie laufen wechſelsweiſe auf die beiden Reu-
ter. Die verwundete Hand ſcheint bei einigen
die Hand eines Brudermoͤrders, aber eben dieſe
Hand, man beſieht ſie, man beruͤhrt, man un-
terſucht ſie, und erkennt daran das Zeichen eines
ſehr natuͤrlichen Zufalls. Der Karakter des Jo-
hann Joſeph, zerſtreuet den Nebel, und nach-
dem man ſich mit Mutmaſſungen und Urteilen
genug herum geſtritten hat, bleibt der Verdacht
auf Ludwig Lelye, und man ſieht ihn fuͤr den
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Die erſte Unterſuchung beſtaͤtigte dieſes Ur-
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/191>, abgerufen am 24.11.2024.
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