Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.Haß aus, und glaubte, es könnte lhnen nie auf Ueber seine Geschichte war ein solches Dun- *) Il n'y a point de meilleure amie que la Vertu, car
elle ne nous abandonne jamais. Diese Zeilen gab er mir, da ich ihn verließ, zum Andenken, und man sieht daraus, daß seine Lebensgeister noch nicht ganz zerrüttet waren, und er sich sein Ge- fängniß erst so zu Gemüte gezogen hatte, daß er in diesen traurigen Zustand verfallen war. Haß aus, und glaubte, es koͤnnte lhnen nie auf Ueber ſeine Geſchichte war ein ſolches Dun- *) Il n’y a point de meilleure amie que la Vertu, car
elle ne nous abandonne jamais. Dieſe Zeilen gab er mir, da ich ihn verließ, zum Andenken, und man ſieht daraus, daß ſeine Lebensgeiſter noch nicht ganz zerruͤttet waren, und er ſich ſein Ge- faͤngniß erſt ſo zu Gemuͤte gezogen hatte, daß er in dieſen traurigen Zuſtand verfallen war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0274" n="266"/> Haß aus, und glaubte, es koͤnnte lhnen nie auf<lb/> Erden wol gehen; uͤber die grauſame Behand-<lb/> lung des Kerkermeiſters beklagte er ſich mit heu-<lb/> lender Stimme, und hatte eine ſolche Furcht vor<lb/> ihm, daß er ſich, ſobald er ſeiner anſichtig ward,<lb/> unter einen alten Tiſch verbarg <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Il n’y a point de meilleure amie que la Vertu, car<lb/> elle ne nous abandonne jamais.</hi> Dieſe Zeilen gab<lb/> er mir, da ich ihn verließ, zum Andenken, und<lb/> man ſieht daraus, daß ſeine Lebensgeiſter noch<lb/> nicht ganz zerruͤttet waren, und er ſich ſein Ge-<lb/> faͤngniß erſt ſo zu Gemuͤte gezogen hatte, daß er<lb/> in dieſen traurigen Zuſtand verfallen war.</note>. Er endete<lb/> endlich im Jahr 1778 ſein kummervolles Leben,<lb/> im zwei und ſiebenzigſten Jahre ſeines Alters,<lb/> nachdem er <hi rendition="#fr">zwei und zwanzig Jahre</hi> in dieſer<lb/> Behauſung des Elends zugebracht hatte. —</p><lb/> <p>Ueber ſeine Geſchichte war ein ſolches Dun-<lb/> kel verbreitet, daß es mir unmoͤglich blieb, ſie<lb/> aufzuklaͤren. <hi rendition="#fr">War er unſchuldig,</hi> ſo mag uns<lb/> der frohe Gedanke troͤſten, <hi rendition="#fr">„die Unſchuld<lb/> wird an Gottes Morgen nach einem ſanf-<lb/> ten Schlaf erſtehn‟; war er ſchuldig,</hi> ſo<lb/> konnte eine ſolche Strafe nie dem Verbrechen,<lb/> was er beging, angemeſſen ſein, dann war es<lb/> immer Wolthat, ihm das Leben zu nehmen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [266/0274]
Haß aus, und glaubte, es koͤnnte lhnen nie auf
Erden wol gehen; uͤber die grauſame Behand-
lung des Kerkermeiſters beklagte er ſich mit heu-
lender Stimme, und hatte eine ſolche Furcht vor
ihm, daß er ſich, ſobald er ſeiner anſichtig ward,
unter einen alten Tiſch verbarg *). Er endete
endlich im Jahr 1778 ſein kummervolles Leben,
im zwei und ſiebenzigſten Jahre ſeines Alters,
nachdem er zwei und zwanzig Jahre in dieſer
Behauſung des Elends zugebracht hatte. —
Ueber ſeine Geſchichte war ein ſolches Dun-
kel verbreitet, daß es mir unmoͤglich blieb, ſie
aufzuklaͤren. War er unſchuldig, ſo mag uns
der frohe Gedanke troͤſten, „die Unſchuld
wird an Gottes Morgen nach einem ſanf-
ten Schlaf erſtehn‟; war er ſchuldig, ſo
konnte eine ſolche Strafe nie dem Verbrechen,
was er beging, angemeſſen ſein, dann war es
immer Wolthat, ihm das Leben zu nehmen,
*) Il n’y a point de meilleure amie que la Vertu, car
elle ne nous abandonne jamais. Dieſe Zeilen gab
er mir, da ich ihn verließ, zum Andenken, und
man ſieht daraus, daß ſeine Lebensgeiſter noch
nicht ganz zerruͤttet waren, und er ſich ſein Ge-
faͤngniß erſt ſo zu Gemuͤte gezogen hatte, daß er
in dieſen traurigen Zuſtand verfallen war.
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Zitationshilfe: | Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/274>, abgerufen am 16.06.2024. |