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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung der Darmdrüsen.
beim Erwachsenen. Ihr Gewicht zu dem des Körpers verhält sich im
ersteren Falle wie 1:18, im letzteren wie 1:36, und was ihre Er-
streckung anlangt, so erfüllt beim reifen Embryo immer noch der
linke Lappen fast das ganze Hypochondrium und reicht der scharfe
Rand des Organes bis in die Nabelgegend oder selbst etwas unter-
halb dieselbe. -- Mit der Geburt erfährt die Leber eine rasche Ver-
minderung an Grösse und Gewicht, was daher rührt, dass nun auf
einmal der Blutzufluss von Seiten der Umbilicalvene wegfällt, ein
Verhalten, das zur Aufstellung der sogenannten Leberprobe,
Docimasia hepatis, in der gerichtlichen Medicin geführt hat, deren
geringe Brauchbarkeit Ihnen jedoch klar werden wird, wenn Sie be-
denken wollen, dass das Gewicht der Leber des reifen Fötus inner-
halb ziemlich bedeutender Grenzen variirt. Die Abnahme der Leber
nach der Geburt macht übrigens im Zusammenhange mit der Zu-
nahme des Pfortaderkreislaufes und dem nie stille stehenden Wachs-
thume des Organes selbst, bald wieder einer Volumenszunahme
Platz, welche dann nach und nach die Form der Leber erzeugt, die
Sie vom Erwachsenen kennen, wobei nur mit Bezug auf den linken
Lappen zu bemerken ist, dass sein relatives Zurückbleiben in der
nachembryonalen Zeit viel entschiedener, aber bei verschiedenen
Individuen sehr verschieden ausgeprägt ist als früher.

Die feineren Verhältnisse anlangend, so ist die Entwicklung derInnere Verände-
rungen der sich
entwickelnden
Leber.

Leber äusserst merkwürdig und zeigt keine andere Drüse vollkom-
men Gleiches. Nach Remak's Untersuchungen, welche bis jetzt über
diesen Gegenstand allein Licht verbreitet haben, entsteht die zwei-
lappige compacte Anlage der eigentlichen Leber aus den zwei ge-
nannten primitiven Lebergängen durch zwei besondere Wachsthums-
phänomene, die man wohl auseinander zu halten hat. Das eine be-
ruht auf einer Wucherung der die primitiven Lebergänge umhüllen-
den Faserschicht, die, wie Sie wissen, die Fortsetzung der Faserlage
des Darmes ist. In Folge dieser Wucherung vereinen sich die beiden
primitiven Lebergänge über dem Stamme der Vena omphalo-mesente-
rica
und wird aus denselben, gleichzeitig mit der Bildung zahlreicher
von der genannten Vena aus sich entwickelnder Blutgefässe, ein
massiges zweilappiges Organ gebildet, dessen äussere Gestalt dem
Verhalten der inneren Drüsenelemente auch nicht von Ferne ent-
spricht. Während nämlich die Faserschicht der Lebergänge in be-
sagter Weise die äussere Form des Organes bedingt, entwickeln sich
von dem Epithel der primitiven Lebergänge aus solide Sprossen

Entwicklung der Darmdrüsen.
beim Erwachsenen. Ihr Gewicht zu dem des Körpers verhält sich im
ersteren Falle wie 1:18, im letzteren wie 1:36, und was ihre Er-
streckung anlangt, so erfüllt beim reifen Embryo immer noch der
linke Lappen fast das ganze Hypochondrium und reicht der scharfe
Rand des Organes bis in die Nabelgegend oder selbst etwas unter-
halb dieselbe. — Mit der Geburt erfährt die Leber eine rasche Ver-
minderung an Grösse und Gewicht, was daher rührt, dass nun auf
einmal der Blutzufluss von Seiten der Umbilicalvene wegfällt, ein
Verhalten, das zur Aufstellung der sogenannten Leberprobe,
Docimasia hepatis, in der gerichtlichen Medicin geführt hat, deren
geringe Brauchbarkeit Ihnen jedoch klar werden wird, wenn Sie be-
denken wollen, dass das Gewicht der Leber des reifen Fötus inner-
halb ziemlich bedeutender Grenzen variirt. Die Abnahme der Leber
nach der Geburt macht übrigens im Zusammenhange mit der Zu-
nahme des Pfortaderkreislaufes und dem nie stille stehenden Wachs-
thume des Organes selbst, bald wieder einer Volumenszunahme
Platz, welche dann nach und nach die Form der Leber erzeugt, die
Sie vom Erwachsenen kennen, wobei nur mit Bezug auf den linken
Lappen zu bemerken ist, dass sein relatives Zurückbleiben in der
nachembryonalen Zeit viel entschiedener, aber bei verschiedenen
Individuen sehr verschieden ausgeprägt ist als früher.

Die feineren Verhältnisse anlangend, so ist die Entwicklung derInnere Verände-
rungen der sich
entwickelnden
Leber.

Leber äusserst merkwürdig und zeigt keine andere Drüse vollkom-
men Gleiches. Nach Remak’s Untersuchungen, welche bis jetzt über
diesen Gegenstand allein Licht verbreitet haben, entsteht die zwei-
lappige compacte Anlage der eigentlichen Leber aus den zwei ge-
nannten primitiven Lebergängen durch zwei besondere Wachsthums-
phänomene, die man wohl auseinander zu halten hat. Das eine be-
ruht auf einer Wucherung der die primitiven Lebergänge umhüllen-
den Faserschicht, die, wie Sie wissen, die Fortsetzung der Faserlage
des Darmes ist. In Folge dieser Wucherung vereinen sich die beiden
primitiven Lebergänge über dem Stamme der Vena omphalo-mesente-
rica
und wird aus denselben, gleichzeitig mit der Bildung zahlreicher
von der genannten Vena aus sich entwickelnder Blutgefässe, ein
massiges zweilappiges Organ gebildet, dessen äussere Gestalt dem
Verhalten der inneren Drüsenelemente auch nicht von Ferne ent-
spricht. Während nämlich die Faserschicht der Lebergänge in be-
sagter Weise die äussere Form des Organes bedingt, entwickeln sich
von dem Epithel der primitiven Lebergänge aus solide Sprossen

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[383/0399] Entwicklung der Darmdrüsen. beim Erwachsenen. Ihr Gewicht zu dem des Körpers verhält sich im ersteren Falle wie 1:18, im letzteren wie 1:36, und was ihre Er- streckung anlangt, so erfüllt beim reifen Embryo immer noch der linke Lappen fast das ganze Hypochondrium und reicht der scharfe Rand des Organes bis in die Nabelgegend oder selbst etwas unter- halb dieselbe. — Mit der Geburt erfährt die Leber eine rasche Ver- minderung an Grösse und Gewicht, was daher rührt, dass nun auf einmal der Blutzufluss von Seiten der Umbilicalvene wegfällt, ein Verhalten, das zur Aufstellung der sogenannten Leberprobe, Docimasia hepatis, in der gerichtlichen Medicin geführt hat, deren geringe Brauchbarkeit Ihnen jedoch klar werden wird, wenn Sie be- denken wollen, dass das Gewicht der Leber des reifen Fötus inner- halb ziemlich bedeutender Grenzen variirt. Die Abnahme der Leber nach der Geburt macht übrigens im Zusammenhange mit der Zu- nahme des Pfortaderkreislaufes und dem nie stille stehenden Wachs- thume des Organes selbst, bald wieder einer Volumenszunahme Platz, welche dann nach und nach die Form der Leber erzeugt, die Sie vom Erwachsenen kennen, wobei nur mit Bezug auf den linken Lappen zu bemerken ist, dass sein relatives Zurückbleiben in der nachembryonalen Zeit viel entschiedener, aber bei verschiedenen Individuen sehr verschieden ausgeprägt ist als früher. Die feineren Verhältnisse anlangend, so ist die Entwicklung der Leber äusserst merkwürdig und zeigt keine andere Drüse vollkom- men Gleiches. Nach Remak’s Untersuchungen, welche bis jetzt über diesen Gegenstand allein Licht verbreitet haben, entsteht die zwei- lappige compacte Anlage der eigentlichen Leber aus den zwei ge- nannten primitiven Lebergängen durch zwei besondere Wachsthums- phänomene, die man wohl auseinander zu halten hat. Das eine be- ruht auf einer Wucherung der die primitiven Lebergänge umhüllen- den Faserschicht, die, wie Sie wissen, die Fortsetzung der Faserlage des Darmes ist. In Folge dieser Wucherung vereinen sich die beiden primitiven Lebergänge über dem Stamme der Vena omphalo-mesente- rica und wird aus denselben, gleichzeitig mit der Bildung zahlreicher von der genannten Vena aus sich entwickelnder Blutgefässe, ein massiges zweilappiges Organ gebildet, dessen äussere Gestalt dem Verhalten der inneren Drüsenelemente auch nicht von Ferne ent- spricht. Während nämlich die Faserschicht der Lebergänge in be- sagter Weise die äussere Form des Organes bedingt, entwickeln sich von dem Epithel der primitiven Lebergänge aus solide Sprossen Innere Verände- rungen der sich entwickelnden Leber.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/399>, abgerufen am 22.11.2024.