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Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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wie mit Nesseln aufpeitschte, nur ein stummes Kopfnicken entgegen zu setzen.

Ich halt' das Kind noch auf dem Arme, und Madlena, meine Schwiegertochter, die kniet noch mit den anderen Kindern auf dem Boden und beten, da geht die Thür auf, und mein Sohn Pawel tritt herein. Das Weitere brauch' ich Euch nicht zu erzählen; ich hab' die Rechnung mit ihm abgemacht, er bleibt mein Sohn Pawel und ich bleibe sein Vater Waczlaw Smetana. Jetzt sind wir wieder die besten Freunde. Wenn ihm nur Gott seine Madlena lange erhält! Das ist ein Weib, gar nicht wie die anderen, da läßt sich gar nicht sagen, was die für Eine ist. Mein Sohn ist durch sie ein anderer Mensch geworden, das hab' ich an tausend Sachen gleich erkannt. Ich hab' meinem Pawel, wie er gegen meinen Willen sich die Tochter der Jüdin genommen hat, gar nichts mitgegeben, als sein Muttertheil, und habe doch selbst über achtzig Strich Feld; da hat er aber durch Sparsamkeit, und weil sein Weib dazu gesehen hat, sich in den zehn Jahren doch durchgeholfen; keinen Groschen hat er von mir gebraucht, und wie mir Madlena selbst gesagt hat, sind sie nicht schuldig, in was man einen Löffel Salz schüttet. Jetzt geh' ich nach Haus; länger als vier Wochen wird's nicht dauern, da schick' ich um meine Kinder und geb' ihnen Alles, was ich hab'. Unser Herrgott wird mir's verzeihen, wenn ich zehn Jahre so schlecht mit meinen Kindern umgegangen bin --

wie mit Nesseln aufpeitschte, nur ein stummes Kopfnicken entgegen zu setzen.

Ich halt' das Kind noch auf dem Arme, und Madlena, meine Schwiegertochter, die kniet noch mit den anderen Kindern auf dem Boden und beten, da geht die Thür auf, und mein Sohn Pawel tritt herein. Das Weitere brauch' ich Euch nicht zu erzählen; ich hab' die Rechnung mit ihm abgemacht, er bleibt mein Sohn Pawel und ich bleibe sein Vater Waczlaw Smetana. Jetzt sind wir wieder die besten Freunde. Wenn ihm nur Gott seine Madlena lange erhält! Das ist ein Weib, gar nicht wie die anderen, da läßt sich gar nicht sagen, was die für Eine ist. Mein Sohn ist durch sie ein anderer Mensch geworden, das hab' ich an tausend Sachen gleich erkannt. Ich hab' meinem Pawel, wie er gegen meinen Willen sich die Tochter der Jüdin genommen hat, gar nichts mitgegeben, als sein Muttertheil, und habe doch selbst über achtzig Strich Feld; da hat er aber durch Sparsamkeit, und weil sein Weib dazu gesehen hat, sich in den zehn Jahren doch durchgeholfen; keinen Groschen hat er von mir gebraucht, und wie mir Madlena selbst gesagt hat, sind sie nicht schuldig, in was man einen Löffel Salz schüttet. Jetzt geh' ich nach Haus; länger als vier Wochen wird's nicht dauern, da schick' ich um meine Kinder und geb' ihnen Alles, was ich hab'. Unser Herrgott wird mir's verzeihen, wenn ich zehn Jahre so schlecht mit meinen Kindern umgegangen bin —

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[0125] wie mit Nesseln aufpeitschte, nur ein stummes Kopfnicken entgegen zu setzen. Ich halt' das Kind noch auf dem Arme, und Madlena, meine Schwiegertochter, die kniet noch mit den anderen Kindern auf dem Boden und beten, da geht die Thür auf, und mein Sohn Pawel tritt herein. Das Weitere brauch' ich Euch nicht zu erzählen; ich hab' die Rechnung mit ihm abgemacht, er bleibt mein Sohn Pawel und ich bleibe sein Vater Waczlaw Smetana. Jetzt sind wir wieder die besten Freunde. Wenn ihm nur Gott seine Madlena lange erhält! Das ist ein Weib, gar nicht wie die anderen, da läßt sich gar nicht sagen, was die für Eine ist. Mein Sohn ist durch sie ein anderer Mensch geworden, das hab' ich an tausend Sachen gleich erkannt. Ich hab' meinem Pawel, wie er gegen meinen Willen sich die Tochter der Jüdin genommen hat, gar nichts mitgegeben, als sein Muttertheil, und habe doch selbst über achtzig Strich Feld; da hat er aber durch Sparsamkeit, und weil sein Weib dazu gesehen hat, sich in den zehn Jahren doch durchgeholfen; keinen Groschen hat er von mir gebraucht, und wie mir Madlena selbst gesagt hat, sind sie nicht schuldig, in was man einen Löffel Salz schüttet. Jetzt geh' ich nach Haus; länger als vier Wochen wird's nicht dauern, da schick' ich um meine Kinder und geb' ihnen Alles, was ich hab'. Unser Herrgott wird mir's verzeihen, wenn ich zehn Jahre so schlecht mit meinen Kindern umgegangen bin —

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:25:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:25:39Z)

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Zitationshilfe: Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/125>, abgerufen am 22.05.2024.