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Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Des andern Tages kamen sie bei guter Zeit zu ihm, halfen ihm munter bei seinen Arbeiten und suchten ihn auf alle Art zu zerstreuen. Don Ciccio und Pater Antonio kamen auch und sprachen ihm treulich zu, gegen Abend bat er Alle, ihn allein zu lassen: er wolle beten gehen! -- Als er sich allein sah, ging er nach einer einsamen Kapelle, die sein seliger Vater erbaut hatte, und schmückte das Bild der heiligen Jungfrau mit frischen Kränzen. In ähnlicher Weise vergingen drei Tage. Unterdeß war Granco emsiglich beschäftigt, alle Vorbereitungen zu seinem Fest zu bedenken; aber bei aller Emsigkeit brachte er wenig heraus: er war gewohnt sparsam zu leben und wußte nicht, wie man etwas reichlich einrichtet. Besprach er sich mit seinen Freunden, so schienen ihm alle ihre Vorschläge zu hoch ins Geld zu gehen, sie waren mitunter auch sehr närrisch, so daß er endlich merkte, daß er von Allen gefoppt werde. Häuschen von Würsten, gebaut mit Fußböden von Rosinen und Mandeln und getrockneten Feigen, große Wasserfälle von Wein und Liqueur, das Auswerfen von Doppelducaten unter das Landvolk, ein Feuerwerk eine halbe Meile breit, das Wegschenken von sechzig geputzten Eseln, das Schlachten und Vertheilen von fünfhundert Hammeln, tausend Pfund gebratenen Mückenlebern, dreißig Eimern Hühnermilchsuppe, und ähnliche Vorschläge wollten ihm durchaus nicht zu Sinne; dazu blieb jenes angedrohte Charivari, vor welchem ihn die dasigen Gerichte

Des andern Tages kamen sie bei guter Zeit zu ihm, halfen ihm munter bei seinen Arbeiten und suchten ihn auf alle Art zu zerstreuen. Don Ciccio und Pater Antonio kamen auch und sprachen ihm treulich zu, gegen Abend bat er Alle, ihn allein zu lassen: er wolle beten gehen! — Als er sich allein sah, ging er nach einer einsamen Kapelle, die sein seliger Vater erbaut hatte, und schmückte das Bild der heiligen Jungfrau mit frischen Kränzen. In ähnlicher Weise vergingen drei Tage. Unterdeß war Granco emsiglich beschäftigt, alle Vorbereitungen zu seinem Fest zu bedenken; aber bei aller Emsigkeit brachte er wenig heraus: er war gewohnt sparsam zu leben und wußte nicht, wie man etwas reichlich einrichtet. Besprach er sich mit seinen Freunden, so schienen ihm alle ihre Vorschläge zu hoch ins Geld zu gehen, sie waren mitunter auch sehr närrisch, so daß er endlich merkte, daß er von Allen gefoppt werde. Häuschen von Würsten, gebaut mit Fußböden von Rosinen und Mandeln und getrockneten Feigen, große Wasserfälle von Wein und Liqueur, das Auswerfen von Doppelducaten unter das Landvolk, ein Feuerwerk eine halbe Meile breit, das Wegschenken von sechzig geputzten Eseln, das Schlachten und Vertheilen von fünfhundert Hammeln, tausend Pfund gebratenen Mückenlebern, dreißig Eimern Hühnermilchsuppe, und ähnliche Vorschläge wollten ihm durchaus nicht zu Sinne; dazu blieb jenes angedrohte Charivari, vor welchem ihn die dasigen Gerichte

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[0043] Des andern Tages kamen sie bei guter Zeit zu ihm, halfen ihm munter bei seinen Arbeiten und suchten ihn auf alle Art zu zerstreuen. Don Ciccio und Pater Antonio kamen auch und sprachen ihm treulich zu, gegen Abend bat er Alle, ihn allein zu lassen: er wolle beten gehen! — Als er sich allein sah, ging er nach einer einsamen Kapelle, die sein seliger Vater erbaut hatte, und schmückte das Bild der heiligen Jungfrau mit frischen Kränzen. In ähnlicher Weise vergingen drei Tage. Unterdeß war Granco emsiglich beschäftigt, alle Vorbereitungen zu seinem Fest zu bedenken; aber bei aller Emsigkeit brachte er wenig heraus: er war gewohnt sparsam zu leben und wußte nicht, wie man etwas reichlich einrichtet. Besprach er sich mit seinen Freunden, so schienen ihm alle ihre Vorschläge zu hoch ins Geld zu gehen, sie waren mitunter auch sehr närrisch, so daß er endlich merkte, daß er von Allen gefoppt werde. Häuschen von Würsten, gebaut mit Fußböden von Rosinen und Mandeln und getrockneten Feigen, große Wasserfälle von Wein und Liqueur, das Auswerfen von Doppelducaten unter das Landvolk, ein Feuerwerk eine halbe Meile breit, das Wegschenken von sechzig geputzten Eseln, das Schlachten und Vertheilen von fünfhundert Hammeln, tausend Pfund gebratenen Mückenlebern, dreißig Eimern Hühnermilchsuppe, und ähnliche Vorschläge wollten ihm durchaus nicht zu Sinne; dazu blieb jenes angedrohte Charivari, vor welchem ihn die dasigen Gerichte

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:35:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_traeumer_1910/43>, abgerufen am 24.04.2024.