Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.Trinkgeld verlangten, die Köchin, zwei Stubenmädchen, Trinkgeld verlangten, die Koͤchin, zwei Stubenmaͤdchen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0048" n="44"/> Trinkgeld verlangten, die Koͤchin, zwei Stubenmaͤdchen,<lb/> die Feuer machen und Essen bringen, eine andere, die<lb/> das Bett macht; wieder eine andere, die Kaffee und Thee<lb/> bringt, dann verschiedene Hausknechte, der Kutscher und<lb/> endlich noch ein Stallknecht, der den Reisewagen gewa-<lb/> schen hatte. Da koͤnnen Sie sich nicht anders durchschla-<lb/> gen, als mit dem vollen Beutel in der Hand. — Diese<lb/> schreckliche Jagd auf fremde Beutel ruͤhrt zum Theil von<lb/> der großen Armuth und von dem Mangel an Reisenden<lb/> her, uͤber den ich uͤberall klagen hoͤrte. Die Englaͤnder,<lb/> die sonst am meisten reisen und Geld verschwenden, duͤr-<lb/> fen sich nicht mehr sehen lassen, und eine Menge anderer<lb/> Reiseliebhaber lassen sich durch die kriegerischen Zeiten ab-<lb/> halten. Das ungebuͤhrliche Erpressen der Gastwirthe und<lb/> Posthalter ist aber wiederum auf der andern Seite Ursa-<lb/> che, daß selbst die wohlhabendsten und angesehensten Leu-<lb/> te in Frankreich nicht mehr mit Extrapost reisen. — Un-<lb/> zaͤhlige Diligencen, sogenannte <hi rendition="#g">Berlinen</hi> und <hi rendition="#g">Cabrio-<lb/> lets</hi> durchkreuzen alle Straßen; sie sind saͤmmtlich be-<lb/> quem, in Ressorts hangend, und gehen fast schneller als<lb/> die Extraposten. Der Reisende kann, wenn er Bequem-<lb/> lichkeit liebt, einige Plaͤtze mehr bestellen, als er wirklich<lb/> braucht, ja er kann die ganze Berline fuͤr sich allein<lb/> nehmen, und es wird ihm immer noch nicht die Haͤlfte<lb/> von dem kosten, was er fuͤr Extrapost ausgeben muͤßte.<lb/> Jn allen Wirthshaͤusern findet er einen guten Tisch fuͤr<lb/> sehr maͤßige Preise; der Conducteur macht die Auslagen,<lb/> und sorgt fuͤr Alles; mit den Postillionen hat er nichts<lb/> zu schaffen, und fuͤr Wagenreparaturen braucht er nicht<lb/> zu sorgen. Aller Aerger und alle Prellerei fallen auf die-<lb/> se Weise hinweg, und ich rathe daher einem jeden, sei-<lb/> nen eigenen Wagen in einem Grenzort stehen zu lassen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0048]
Trinkgeld verlangten, die Koͤchin, zwei Stubenmaͤdchen,
die Feuer machen und Essen bringen, eine andere, die
das Bett macht; wieder eine andere, die Kaffee und Thee
bringt, dann verschiedene Hausknechte, der Kutscher und
endlich noch ein Stallknecht, der den Reisewagen gewa-
schen hatte. Da koͤnnen Sie sich nicht anders durchschla-
gen, als mit dem vollen Beutel in der Hand. — Diese
schreckliche Jagd auf fremde Beutel ruͤhrt zum Theil von
der großen Armuth und von dem Mangel an Reisenden
her, uͤber den ich uͤberall klagen hoͤrte. Die Englaͤnder,
die sonst am meisten reisen und Geld verschwenden, duͤr-
fen sich nicht mehr sehen lassen, und eine Menge anderer
Reiseliebhaber lassen sich durch die kriegerischen Zeiten ab-
halten. Das ungebuͤhrliche Erpressen der Gastwirthe und
Posthalter ist aber wiederum auf der andern Seite Ursa-
che, daß selbst die wohlhabendsten und angesehensten Leu-
te in Frankreich nicht mehr mit Extrapost reisen. — Un-
zaͤhlige Diligencen, sogenannte Berlinen und Cabrio-
lets durchkreuzen alle Straßen; sie sind saͤmmtlich be-
quem, in Ressorts hangend, und gehen fast schneller als
die Extraposten. Der Reisende kann, wenn er Bequem-
lichkeit liebt, einige Plaͤtze mehr bestellen, als er wirklich
braucht, ja er kann die ganze Berline fuͤr sich allein
nehmen, und es wird ihm immer noch nicht die Haͤlfte
von dem kosten, was er fuͤr Extrapost ausgeben muͤßte.
Jn allen Wirthshaͤusern findet er einen guten Tisch fuͤr
sehr maͤßige Preise; der Conducteur macht die Auslagen,
und sorgt fuͤr Alles; mit den Postillionen hat er nichts
zu schaffen, und fuͤr Wagenreparaturen braucht er nicht
zu sorgen. Aller Aerger und alle Prellerei fallen auf die-
se Weise hinweg, und ich rathe daher einem jeden, sei-
nen eigenen Wagen in einem Grenzort stehen zu lassen,
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