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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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sen: denn diesesmal ist ihm die Zeit karg zugeschnitten;
er muß zurück auf die Chaussee d'Autin, wo man in
den besten Häusern jetzt zu Mittag speiset. Dann
bleibt ihm wohl noch ein Augenblick übrig, um in irgend
einem Theater sich mit Eis zu erquicken. Sobald aber
der Vorhang gefallen ist, winkt ihm ein sogenannter
Thee, wo, wie ich oben beschrieben habe, recht derbe
Schüsseln vorkommen. -- So rückt unvermerkt zwei
Uhr in der Nacht heran, und natürlich flattert er nun
zu einem Souper in alter Form. -- Kann der Held um
4 Uhr des Morgens seinem Magen noch Etwas zumuthen,
so darf man nur ins nächste Spielhaus gehen, wo um
diese Zeit ein sogenanntes reveillon (ein Aufwecken)
servirt wird, und so mag er dann endlich, wohlgesättigt,
um 5 Uhr zu Bette gehen, um vier Stunden auszuru-
hen, und dann, wenn's beliebt, den Kreislauf von Vorne
wieder anzufangen.

Vormals war es unschicklich, wenn eine petite mai-
tresse in Gesellschaften zeigte, daß sie mit Appetit essen
könne. Sie mußte sich immer stellen, als brauche sie
höchstens, wie ein chinesischer Goldfisch, alle zwei Tage
etwa frisches Wasser, um zu leben. Hatte ihr die Na-
tur, Trotz aller Schnürbrüste, einen widerspänustigen Ma-
gen gegeben, so mußte sie sich lieber vorher zu Hause satt
essen. Solcher Ziermagen bedarf es heut zu Tage nicht
mehr. Die schönen, zarten Damen essen Rindfleisch und
Hammelbraten, Pasteten und Trüffeln, daß es eine Lust
ist, zuzusehen. Vormals nippten sie höchstens in ein
Weinglas, jetzt schlürfen sie Liquers, trinken Punsch,
und stürzen den Champagner hinunter. Vormals konn-
ten sie in den engen Schuhen kaum trippeln, jetzt

sen: denn diesesmal ist ihm die Zeit karg zugeschnitten;
er muß zuruͤck auf die Chaussée d'Autin, wo man in
den besten Haͤusern jetzt zu Mittag speiset. Dann
bleibt ihm wohl noch ein Augenblick uͤbrig, um in irgend
einem Theater sich mit Eis zu erquicken. Sobald aber
der Vorhang gefallen ist, winkt ihm ein sogenannter
Thee, wo, wie ich oben beschrieben habe, recht derbe
Schuͤsseln vorkommen. — So ruͤckt unvermerkt zwei
Uhr in der Nacht heran, und natuͤrlich flattert er nun
zu einem Souper in alter Form. — Kann der Held um
4 Uhr des Morgens seinem Magen noch Etwas zumuthen,
so darf man nur ins naͤchste Spielhaus gehen, wo um
diese Zeit ein sogenanntes reveillon (ein Aufwecken)
servirt wird, und so mag er dann endlich, wohlgesaͤttigt,
um 5 Uhr zu Bette gehen, um vier Stunden auszuru-
hen, und dann, wenn's beliebt, den Kreislauf von Vorne
wieder anzufangen.

Vormals war es unschicklich, wenn eine petite mai-
tresse in Gesellschaften zeigte, daß sie mit Appetit essen
koͤnne. Sie mußte sich immer stellen, als brauche sie
hoͤchstens, wie ein chinesischer Goldfisch, alle zwei Tage
etwa frisches Wasser, um zu leben. Hatte ihr die Na-
tur, Trotz aller Schnuͤrbruͤste, einen widerspaͤnustigen Ma-
gen gegeben, so mußte sie sich lieber vorher zu Hause satt
essen. Solcher Ziermagen bedarf es heut zu Tage nicht
mehr. Die schoͤnen, zarten Damen essen Rindfleisch und
Hammelbraten, Pasteten und Truͤffeln, daß es eine Lust
ist, zuzusehen. Vormals nippten sie hoͤchstens in ein
Weinglas, jetzt schluͤrfen sie Liquers, trinken Punsch,
und stuͤrzen den Champagner hinunter. Vormals konn-
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[152/0152] sen: denn diesesmal ist ihm die Zeit karg zugeschnitten; er muß zuruͤck auf die Chaussée d'Autin, wo man in den besten Haͤusern jetzt zu Mittag speiset. Dann bleibt ihm wohl noch ein Augenblick uͤbrig, um in irgend einem Theater sich mit Eis zu erquicken. Sobald aber der Vorhang gefallen ist, winkt ihm ein sogenannter Thee, wo, wie ich oben beschrieben habe, recht derbe Schuͤsseln vorkommen. — So ruͤckt unvermerkt zwei Uhr in der Nacht heran, und natuͤrlich flattert er nun zu einem Souper in alter Form. — Kann der Held um 4 Uhr des Morgens seinem Magen noch Etwas zumuthen, so darf man nur ins naͤchste Spielhaus gehen, wo um diese Zeit ein sogenanntes reveillon (ein Aufwecken) servirt wird, und so mag er dann endlich, wohlgesaͤttigt, um 5 Uhr zu Bette gehen, um vier Stunden auszuru- hen, und dann, wenn's beliebt, den Kreislauf von Vorne wieder anzufangen. Vormals war es unschicklich, wenn eine petite mai- tresse in Gesellschaften zeigte, daß sie mit Appetit essen koͤnne. Sie mußte sich immer stellen, als brauche sie hoͤchstens, wie ein chinesischer Goldfisch, alle zwei Tage etwa frisches Wasser, um zu leben. Hatte ihr die Na- tur, Trotz aller Schnuͤrbruͤste, einen widerspaͤnustigen Ma- gen gegeben, so mußte sie sich lieber vorher zu Hause satt essen. Solcher Ziermagen bedarf es heut zu Tage nicht mehr. Die schoͤnen, zarten Damen essen Rindfleisch und Hammelbraten, Pasteten und Truͤffeln, daß es eine Lust ist, zuzusehen. Vormals nippten sie hoͤchstens in ein Weinglas, jetzt schluͤrfen sie Liquers, trinken Punsch, und stuͤrzen den Champagner hinunter. Vormals konn- ten sie in den engen Schuhen kaum trippeln, jetzt

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/152>, abgerufen am 21.11.2024.