Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.Kriminal-Justiz. Die Neubegier trieb mich in das Palais de justice, um Kriminal-Justiz. Die Neubegier trieb mich in das Palais de justice, um <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0023" n="[23]"/> <div n="1"> <head>Kriminal-Justiz.</head><lb/> <p>Die Neubegier trieb mich in das Palais de justice, um<lb/> dem gerichtlichen Verhoͤr eines Delinquenten beizuwohnen.<lb/> Jm Hintergrunde eines großes Saales erblickte ich drei<lb/> Richter in langen schwarzen Amtskleidern, mit Baretten<lb/> auf den Koͤpfen, sitzend an einer Tafel. Hinter ihnen<lb/> an der Wand las ich die mit großen goldenen Buchsta-<lb/> ben eingegrabenen Gesetze, welche den Richtern einschaͤrf-<lb/> ten, daß sie nie ungehoͤrt verdammen, nie eine haͤrtere<lb/> Strafe auflegen sollten, als das Gesetz vorschreibe u. s. w.<lb/> Den <hi rendition="#g">Richtern</hi> zur Rechten, auf erhoͤhten Baͤnken,<lb/> saßen die <hi rendition="#g">Geschwornen</hi> in gewoͤhnlichen Kleidern.<lb/> Zur Linken, den Geschwornen gerade gegenuͤber, und<lb/> noch erhoͤhter, befand sich der <hi rendition="#g">Angeklagte</hi> zwischen<lb/> zwei Soldaten. Zu den Fuͤßen des Angeklagten saßen<lb/> zwei Rechtsgelehrte, seine <hi rendition="#g">Vertheidiger.</hi> Vor der<lb/> Tafel der Richter, und mit dem Ruͤcken gegen dieselben<lb/> gekehrt, schrieb ein <hi rendition="#g">Protokollist;</hi> links und rechts,<lb/> wo die erhabenen Sitze aufhoͤrten, befanden sich abermals<lb/> zwei <hi rendition="#g">Schreiber,</hi> hinter welchen die Huissiers standen,<lb/> die, so oft es noͤthig war, laut, Silence! riefen. Den<lb/> Richtern gerade gegenuͤber waren niedrige Schranken, die<lb/> sie vom Volke schied, und an derer innern Seite eine<lb/> Bank herlief, welche fuͤr die <hi rendition="#g">Zeugen</hi> bestimmt war.<lb/> Hinter diesen Schranken befand sich abermals ein ein-<lb/> geschlossener Raum, welcher drei oder vier Baͤnke faßte,<lb/> theils um die Zeugen nach abgelegtem Zeugnisse aufzu-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [[23]/0023]
Kriminal-Justiz.
Die Neubegier trieb mich in das Palais de justice, um
dem gerichtlichen Verhoͤr eines Delinquenten beizuwohnen.
Jm Hintergrunde eines großes Saales erblickte ich drei
Richter in langen schwarzen Amtskleidern, mit Baretten
auf den Koͤpfen, sitzend an einer Tafel. Hinter ihnen
an der Wand las ich die mit großen goldenen Buchsta-
ben eingegrabenen Gesetze, welche den Richtern einschaͤrf-
ten, daß sie nie ungehoͤrt verdammen, nie eine haͤrtere
Strafe auflegen sollten, als das Gesetz vorschreibe u. s. w.
Den Richtern zur Rechten, auf erhoͤhten Baͤnken,
saßen die Geschwornen in gewoͤhnlichen Kleidern.
Zur Linken, den Geschwornen gerade gegenuͤber, und
noch erhoͤhter, befand sich der Angeklagte zwischen
zwei Soldaten. Zu den Fuͤßen des Angeklagten saßen
zwei Rechtsgelehrte, seine Vertheidiger. Vor der
Tafel der Richter, und mit dem Ruͤcken gegen dieselben
gekehrt, schrieb ein Protokollist; links und rechts,
wo die erhabenen Sitze aufhoͤrten, befanden sich abermals
zwei Schreiber, hinter welchen die Huissiers standen,
die, so oft es noͤthig war, laut, Silence! riefen. Den
Richtern gerade gegenuͤber waren niedrige Schranken, die
sie vom Volke schied, und an derer innern Seite eine
Bank herlief, welche fuͤr die Zeugen bestimmt war.
Hinter diesen Schranken befand sich abermals ein ein-
geschlossener Raum, welcher drei oder vier Baͤnke faßte,
theils um die Zeugen nach abgelegtem Zeugnisse aufzu-
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