Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.nehmen, theils für distinguirte Personen unter den Zu- Der Delinquent war ein junger muthwilliger Ban- nehmen, theils fuͤr distinguirte Personen unter den Zu- Der Delinquent war ein junger muthwilliger Ban- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="24"/> nehmen, theils fuͤr distinguirte Personen unter den Zu-<lb/> schauern. Dann folgten noch eine Menge Baͤnke hinter<lb/> einander, die von einer niedern Volksklasse eingenommen<lb/> waren, und endlich ein großer Raum zum <hi rendition="#g">Stehen</hi> fuͤr<lb/> den Poͤbel. Das Ganze gewaͤhrte in der That einen im-<lb/> posanten Anblick. Der Saal war sehr angefuͤllt, und<lb/> auch oft geraͤuschvoll, doch konnte man sehr deutlich be-<lb/> merken, daß, so oft ein Geraͤusch entstand, es nicht auf<lb/> fremde Gegenstaͤnde, sondern auf die verhandelte Sache<lb/> sich bezog, deren Untersuchung der ganze Haufe aufmerk-<lb/> sam verfolgte. — Jch muß hier abermals die gastliche<lb/> Hoͤflichkeit der Franzosen ruͤhmen. Als ich kam, war<lb/> das Verhoͤr schon im vollen Gange, und ich mußte mit<lb/> einem Platze hinter dem Poͤbel vorlieb nehmen. Kaum<lb/> aber hatte mein Lohnlaquay dem naͤchsten Huissier einen<lb/> Wink davon gegeben, daß ich ein Fremder sey, als die-<lb/> ser mir sogleich bis zu den Baͤnken der gemeinen Leute<lb/> verhalf; und kaum hatte mich hier wiederum Einer der<lb/> Protokollisten wahrgenommen, als er mir Platz machen<lb/> und die Schranken der naͤchsten Baͤnke oͤffnen ließ, wo<lb/> ich dann zum Theil unter den Zeugen saß, und Alles<lb/> recht gut sehen und hoͤren konnte.</p><lb/> <p>Der Delinquent war ein junger muthwilliger Ban-<lb/> queroutier. Ein Zeuge nach dem andern wurde vorge-<lb/> rufen, der mittelste Richter oder Praͤsident that die ge-<lb/> woͤhnlichen Fragen an ihn, nach Namen, Alter, Stand,<lb/> Verhaͤltnissen mit dem Angeklagten u. s. w. Dann fuͤgte<lb/> er eine kurze Ermahnung hinzu, die Wahrheit getreulich<lb/> zu berichten, <hi rendition="#g">ließ ihn aber nicht schwoͤren.</hi><lb/> Endlich schloß er mit den Worten: <hi rendition="#g">Erklaͤren Sie,<lb/> Buͤrger,</hi> (denn hier allein hoͤrt man noch Etwas von<lb/> Citoyen, und hier ist es auch ganz an seiner Stelle)<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0024]
nehmen, theils fuͤr distinguirte Personen unter den Zu-
schauern. Dann folgten noch eine Menge Baͤnke hinter
einander, die von einer niedern Volksklasse eingenommen
waren, und endlich ein großer Raum zum Stehen fuͤr
den Poͤbel. Das Ganze gewaͤhrte in der That einen im-
posanten Anblick. Der Saal war sehr angefuͤllt, und
auch oft geraͤuschvoll, doch konnte man sehr deutlich be-
merken, daß, so oft ein Geraͤusch entstand, es nicht auf
fremde Gegenstaͤnde, sondern auf die verhandelte Sache
sich bezog, deren Untersuchung der ganze Haufe aufmerk-
sam verfolgte. — Jch muß hier abermals die gastliche
Hoͤflichkeit der Franzosen ruͤhmen. Als ich kam, war
das Verhoͤr schon im vollen Gange, und ich mußte mit
einem Platze hinter dem Poͤbel vorlieb nehmen. Kaum
aber hatte mein Lohnlaquay dem naͤchsten Huissier einen
Wink davon gegeben, daß ich ein Fremder sey, als die-
ser mir sogleich bis zu den Baͤnken der gemeinen Leute
verhalf; und kaum hatte mich hier wiederum Einer der
Protokollisten wahrgenommen, als er mir Platz machen
und die Schranken der naͤchsten Baͤnke oͤffnen ließ, wo
ich dann zum Theil unter den Zeugen saß, und Alles
recht gut sehen und hoͤren konnte.
Der Delinquent war ein junger muthwilliger Ban-
queroutier. Ein Zeuge nach dem andern wurde vorge-
rufen, der mittelste Richter oder Praͤsident that die ge-
woͤhnlichen Fragen an ihn, nach Namen, Alter, Stand,
Verhaͤltnissen mit dem Angeklagten u. s. w. Dann fuͤgte
er eine kurze Ermahnung hinzu, die Wahrheit getreulich
zu berichten, ließ ihn aber nicht schwoͤren.
Endlich schloß er mit den Worten: Erklaͤren Sie,
Buͤrger, (denn hier allein hoͤrt man noch Etwas von
Citoyen, und hier ist es auch ganz an seiner Stelle)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |