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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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Jndessen stehen noch ein paar Bilder in seinem At-
telier, die wohl so Viel werth sind, als die Sabinerinnen,
und die er einem Kunstliebhaber gratis zeigt. Die Ho-
razier,
die eben den feierlichen Schwur aussprechen,
möchten wohl, in Hinsicht auf Komposition, Simplizität
und Kraft, den Sabinerinnen noch vorzuziehen seyn:
denn vielleicht ist es wahr, was Manche den Sabinerin-
nen vorwerfen, daß man beim Anblick, besonders des Rö-
mers,
sich nicht enthalten kann, an die französische
Oper zu denken. Die Hände der schwörenden
Horatier
sind unaussprechlich schön.

Minder hat mir Brutus gefallen, der seine Söhne
zum Tode verdammt. Zwar ist der Ausdruck im Kopfe
ganz gelungen, so wie die krampfige Angespanntheit sei-
nes ganzen Körpers, die bis in die Fußzehen sichtbar
bleibt. Aber das Bild ist gleichsam in zwei Theile ge-
theilt, die Mutter mit den beiden Töchtern und der Groß-
mutter sind durch eine Säule und durch ein ausge-
spanntes Tuch gleichsam abgesondert. Herrlich ist die
zusammensinkende Figur der einen Tochter. Vielleicht
würde sie etwas zu groß seyn, wenn sie sich aufrichtete.
Jst es wahr, was man gewöhnlich behauptet, daß das
Verhüllen den höchsten Grad des Schmerzes ausdrü-
cke, (woran ich doch zweifle,) so möchte es besser ge-
wesen seyn, statt der Großmutter, die Mutter sich
verhüllen zu lassen. Ein schöner Gedanke aber ist es,
daß Brutus sich auf den Altar der Roma stützt, als
seinen einzigen Trost in der schmerzlich erfüllten grausa-
men Pflicht.

Jndessen stehen noch ein paar Bilder in seinem At-
telier, die wohl so Viel werth sind, als die Sabinerinnen,
und die er einem Kunstliebhaber gratis zeigt. Die Ho-
razier,
die eben den feierlichen Schwur aussprechen,
moͤchten wohl, in Hinsicht auf Komposition, Simplizitaͤt
und Kraft, den Sabinerinnen noch vorzuziehen seyn:
denn vielleicht ist es wahr, was Manche den Sabinerin-
nen vorwerfen, daß man beim Anblick, besonders des Roͤ-
mers,
sich nicht enthalten kann, an die franzoͤsische
Oper zu denken. Die Haͤnde der schwoͤrenden
Horatier
sind unaussprechlich schoͤn.

Minder hat mir Brutus gefallen, der seine Soͤhne
zum Tode verdammt. Zwar ist der Ausdruck im Kopfe
ganz gelungen, so wie die krampfige Angespanntheit sei-
nes ganzen Koͤrpers, die bis in die Fußzehen sichtbar
bleibt. Aber das Bild ist gleichsam in zwei Theile ge-
theilt, die Mutter mit den beiden Toͤchtern und der Groß-
mutter sind durch eine Saͤule und durch ein ausge-
spanntes Tuch gleichsam abgesondert. Herrlich ist die
zusammensinkende Figur der einen Tochter. Vielleicht
wuͤrde sie etwas zu groß seyn, wenn sie sich aufrichtete.
Jst es wahr, was man gewoͤhnlich behauptet, daß das
Verhuͤllen den hoͤchsten Grad des Schmerzes ausdruͤ-
cke, (woran ich doch zweifle,) so moͤchte es besser ge-
wesen seyn, statt der Großmutter, die Mutter sich
verhuͤllen zu lassen. Ein schoͤner Gedanke aber ist es,
daß Brutus sich auf den Altar der Roma stuͤtzt, als
seinen einzigen Trost in der schmerzlich erfuͤllten grausa-
men Pflicht.

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[45/0045] Jndessen stehen noch ein paar Bilder in seinem At- telier, die wohl so Viel werth sind, als die Sabinerinnen, und die er einem Kunstliebhaber gratis zeigt. Die Ho- razier, die eben den feierlichen Schwur aussprechen, moͤchten wohl, in Hinsicht auf Komposition, Simplizitaͤt und Kraft, den Sabinerinnen noch vorzuziehen seyn: denn vielleicht ist es wahr, was Manche den Sabinerin- nen vorwerfen, daß man beim Anblick, besonders des Roͤ- mers, sich nicht enthalten kann, an die franzoͤsische Oper zu denken. Die Haͤnde der schwoͤrenden Horatier sind unaussprechlich schoͤn. Minder hat mir Brutus gefallen, der seine Soͤhne zum Tode verdammt. Zwar ist der Ausdruck im Kopfe ganz gelungen, so wie die krampfige Angespanntheit sei- nes ganzen Koͤrpers, die bis in die Fußzehen sichtbar bleibt. Aber das Bild ist gleichsam in zwei Theile ge- theilt, die Mutter mit den beiden Toͤchtern und der Groß- mutter sind durch eine Saͤule und durch ein ausge- spanntes Tuch gleichsam abgesondert. Herrlich ist die zusammensinkende Figur der einen Tochter. Vielleicht wuͤrde sie etwas zu groß seyn, wenn sie sich aufrichtete. Jst es wahr, was man gewoͤhnlich behauptet, daß das Verhuͤllen den hoͤchsten Grad des Schmerzes ausdruͤ- cke, (woran ich doch zweifle,) so moͤchte es besser ge- wesen seyn, statt der Großmutter, die Mutter sich verhuͤllen zu lassen. Ein schoͤner Gedanke aber ist es, daß Brutus sich auf den Altar der Roma stuͤtzt, als seinen einzigen Trost in der schmerzlich erfuͤllten grausa- men Pflicht.

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/45>, abgerufen am 21.11.2024.