Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Bitterm. Nun, so gar sehr verfault war es doch
auch eben nicht. Seine Excellenz, der Herr Graf,
sind nur ein wenig schwer bey Leibe.
Lotte. Aber warum sprangen Sie denn nicht
selbst ins Wasser, um den gnädigen Herrn zu retten?
Bitterm. Gott behüte! Ich wäre untergesunken,
wie ein Stück Bley. Nein, was deines Amts nicht ist,
davon laß deinen Fürwitz. Und ich hatte überdies
eben einen wichtigen Brief in der Tasche; der wäre mir
ja ganz naß und unleserlich geworden; einen Brief
aus Frankreich vom Chevalier -- wie heißt er doch
nun gleich?
(er zieht den Brief hervor, steckt ihn aber
gleich wieder ein)
Sehn Sie, Sie könnten denken,
es wäre nicht wahr. O! der enthält interessante
Dinge.
(Peter maust ihm den Brief aus der Tasche) Die
Welt wird erstaunen, wenn das öffentlich bekannt
wird, und kein Mensch wird auf den Einfall ge-
rathen, daß der alte Bittermann die Hand mit im
Spiele hatte.
Lotte. Nein, wahrlich nicht.
Bitterm. Ich muß doch gehen und die chinesi-
sche Brücke ein wenig repariren lassen, wenn etwa
die Frau Gräfin Lust haben sollte --
Lotte. Sich auch ein wenig zu haden?
Bitterm. Nun, ſo gar ſehr verfault war es doch
auch eben nicht. Seine Excellenz, der Herr Graf,
ſind nur ein wenig ſchwer bey Leibe.
Lotte. Aber warum ſprangen Sie denn nicht
ſelbſt ins Waſſer, um den gnaͤdigen Herrn zu retten?
Bitterm. Gott behuͤte! Ich waͤre untergeſunken,
wie ein Stuͤck Bley. Nein, was deines Amts nicht iſt,
davon laß deinen Fuͤrwitz. Und ich hatte uͤberdies
eben einen wichtigen Brief in der Taſche; der waͤre mir
ja ganz naß und unleſerlich geworden; einen Brief
aus Frankreich vom Chevalier — wie heißt er doch
nun gleich?
(er zieht den Brief hervor, ſteckt ihn aber
gleich wieder ein)
Sehn Sie, Sie koͤnnten denken,
es waͤre nicht wahr. O! der enthaͤlt intereſſante
Dinge.
(Peter mauſt ihm den Brief aus der Taſche) Die
Welt wird erſtaunen, wenn das oͤffentlich bekannt
wird, und kein Menſch wird auf den Einfall ge-
rathen, daß der alte Bittermann die Hand mit im
Spiele hatte.
Lotte. Nein, wahrlich nicht.
Bitterm. Ich muß doch gehen und die chineſi-
ſche Bruͤcke ein wenig repariren laſſen, wenn etwa
die Frau Graͤfin Luſt haben ſollte —
Lotte. Sich auch ein wenig zu haden?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0076" n="68"/>
            <sp who="#BITTER">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Bitterm.</hi> </speaker>
              <p>Nun, &#x017F;o gar &#x017F;ehr verfault war es doch<lb/>
auch eben nicht. Seine Excellenz, der Herr Graf,<lb/>
&#x017F;ind nur ein wenig &#x017F;chwer bey Leibe.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#LOT">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker>
              <p>Aber warum &#x017F;prangen Sie denn nicht<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ins Wa&#x017F;&#x017F;er, um den gna&#x0364;digen Herrn zu retten?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BITTER">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Bitterm.</hi> </speaker>
              <p>Gott behu&#x0364;te! Ich wa&#x0364;re unterge&#x017F;unken,<lb/>
wie ein Stu&#x0364;ck Bley. Nein, was deines Amts nicht i&#x017F;t,<lb/>
davon laß deinen Fu&#x0364;rwitz. Und ich hatte u&#x0364;berdies<lb/>
eben einen wichtigen Brief in der Ta&#x017F;che; der wa&#x0364;re mir<lb/>
ja ganz naß und unle&#x017F;erlich geworden; einen Brief<lb/>
aus Frankreich vom Chevalier &#x2014; wie heißt er doch<lb/>
nun gleich?</p>
              <stage>(er zieht den <choice><corr>Brief</corr><sic>Vrief</sic></choice> hervor, &#x017F;teckt ihn aber<lb/>
gleich wieder ein)</stage>
              <p>Sehn Sie, Sie ko&#x0364;nnten denken,<lb/>
es wa&#x0364;re nicht wahr. O! der entha&#x0364;lt intere&#x017F;&#x017F;ante<lb/>
Dinge.</p>
              <stage>(Peter mau&#x017F;t ihm den Brief aus der Ta&#x017F;che)</stage>
              <p>Die<lb/>
Welt wird er&#x017F;taunen, wenn das o&#x0364;ffentlich bekannt<lb/>
wird, und kein Men&#x017F;ch wird auf den Einfall ge-<lb/>
rathen, daß der alte Bittermann die Hand mit im<lb/>
Spiele hatte.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#LOT">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker>
              <p>Nein, wahrlich nicht.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BITTER">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Bitterm.</hi> </speaker>
              <p>Ich muß doch gehen und die chine&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;che Bru&#x0364;cke ein wenig repariren la&#x017F;&#x017F;en, wenn etwa<lb/>
die Frau Gra&#x0364;fin Lu&#x017F;t haben &#x017F;ollte &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#LOT">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Lotte.</hi> </speaker>
              <p>Sich auch ein wenig zu haden?</p>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0076] Bitterm. Nun, ſo gar ſehr verfault war es doch auch eben nicht. Seine Excellenz, der Herr Graf, ſind nur ein wenig ſchwer bey Leibe. Lotte. Aber warum ſprangen Sie denn nicht ſelbſt ins Waſſer, um den gnaͤdigen Herrn zu retten? Bitterm. Gott behuͤte! Ich waͤre untergeſunken, wie ein Stuͤck Bley. Nein, was deines Amts nicht iſt, davon laß deinen Fuͤrwitz. Und ich hatte uͤberdies eben einen wichtigen Brief in der Taſche; der waͤre mir ja ganz naß und unleſerlich geworden; einen Brief aus Frankreich vom Chevalier — wie heißt er doch nun gleich? (er zieht den Brief hervor, ſteckt ihn aber gleich wieder ein) Sehn Sie, Sie koͤnnten denken, es waͤre nicht wahr. O! der enthaͤlt intereſſante Dinge. (Peter mauſt ihm den Brief aus der Taſche) Die Welt wird erſtaunen, wenn das oͤffentlich bekannt wird, und kein Menſch wird auf den Einfall ge- rathen, daß der alte Bittermann die Hand mit im Spiele hatte. Lotte. Nein, wahrlich nicht. Bitterm. Ich muß doch gehen und die chineſi- ſche Bruͤcke ein wenig repariren laſſen, wenn etwa die Frau Graͤfin Luſt haben ſollte — Lotte. Sich auch ein wenig zu haden?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/76
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/76>, abgerufen am 24.11.2024.