Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790. Graf. Ja, ja, die Aussicht ist schön, und so neben Madam Müller zu stehen, und zuzuhören, wie sie die Reize der Schöpfung ein wenig dichte- risch und schwärmerisch beschreibt, das ist noch schö- ner; aber nehmen Sie mir's nicht übel! mich krie- gen Sie doch nicht wieder hinauf. Meine Füße sind klagbar geworden, und haben wahrlich die ge- rechteste Sache von der Welt. Major. So lassen Sie uns nach Hause gehen. Ein wohlgepolsteter Sopha ladet Sie ein. Graf. Der bloße Gedanke ist erquickend. Aber ich bin so müde und so durstig, daß ich durchaus erst Rasttag halten, und meinen trockenen Gaumen durch eine Libation auf seinem Grund und Boden aussöhnen muß. Wie wär's, Herr Schwager, wenn wir uns dort in die Laube ein paar Pfeifen und eine Bouteille englisch Oel bringen ließen? Gräfin. Thut das! Wir Weiber laufen indes- sen noch ein wenig herum. (Sie giebt ihrem Bruder einen Wink.) Major. (zum Grafen) Ich bin von der Parthie. Graf. Schön! He da! -- Verdammt! nun haben wir niemand zu schicken. Ich kann es vor den Henker nicht leiden, wenn auf Spatziergängen Graf. Ja, ja, die Ausſicht iſt ſchoͤn, und ſo neben Madam Muͤller zu ſtehen, und zuzuhoͤren, wie ſie die Reize der Schoͤpfung ein wenig dichte- riſch und ſchwaͤrmeriſch beſchreibt, das iſt noch ſchoͤ- ner; aber nehmen Sie mir’s nicht uͤbel! mich krie- gen Sie doch nicht wieder hinauf. Meine Fuͤße ſind klagbar geworden, und haben wahrlich die ge- rechteſte Sache von der Welt. Major. So laſſen Sie uns nach Hauſe gehen. Ein wohlgepolſteter Sopha ladet Sie ein. Graf. Der bloße Gedanke iſt erquickend. Aber ich bin ſo muͤde und ſo durſtig, daß ich durchaus erſt Raſttag halten, und meinen trockenen Gaumen durch eine Libation auf ſeinem Grund und Boden ausſoͤhnen muß. Wie waͤr’s, Herr Schwager, wenn wir uns dort in die Laube ein paar Pfeifen und eine Bouteille engliſch Oel bringen ließen? Graͤfin. Thut das! Wir Weiber laufen indeſ- ſen noch ein wenig herum. (Sie giebt ihrem Bruder einen Wink.) Major. (zum Grafen) Ich bin von der Parthie. Graf. Schoͤn! He da! — Verdammt! nun haben wir niemand zu ſchicken. Ich kann es vor den Henker nicht leiden, wenn auf Spatziergaͤngen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0099" n="91"/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker> <p>Ja, ja, die Ausſicht iſt ſchoͤn, und ſo<lb/> neben Madam Muͤller zu ſtehen, und zuzuhoͤren,<lb/> wie ſie die Reize der Schoͤpfung ein wenig dichte-<lb/> riſch und ſchwaͤrmeriſch beſchreibt, das iſt noch ſchoͤ-<lb/> ner; aber nehmen Sie mir’s nicht uͤbel! mich krie-<lb/> gen Sie doch nicht wieder hinauf. Meine Fuͤße<lb/> ſind klagbar geworden, und haben wahrlich die ge-<lb/> rechteſte Sache von der Welt.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>So laſſen Sie uns nach Hauſe gehen.<lb/> Ein wohlgepolſteter Sopha ladet Sie ein.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker> <p>Der bloße Gedanke iſt erquickend. Aber<lb/> ich bin ſo muͤde und ſo durſtig, daß ich durchaus<lb/> erſt Raſttag halten, und meinen trockenen Gaumen<lb/> durch eine Libation auf ſeinem Grund und Boden<lb/> ausſoͤhnen muß. Wie waͤr’s, Herr Schwager,<lb/> wenn wir uns dort in die Laube ein paar Pfeifen<lb/> und eine Bouteille engliſch Oel bringen ließen?</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Thut das! Wir Weiber laufen indeſ-<lb/> ſen noch ein wenig herum.</p> <stage>(Sie giebt ihrem Bruder<lb/> einen Wink.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <stage>(zum Grafen)</stage> <p>Ich bin von der Parthie.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker> <p>Schoͤn! He da! — Verdammt! nun<lb/> haben wir niemand zu ſchicken. Ich kann es vor<lb/> den Henker nicht leiden, wenn auf Spatziergaͤngen<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0099]
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wie ſie die Reize der Schoͤpfung ein wenig dichte-
riſch und ſchwaͤrmeriſch beſchreibt, das iſt noch ſchoͤ-
ner; aber nehmen Sie mir’s nicht uͤbel! mich krie-
gen Sie doch nicht wieder hinauf. Meine Fuͤße
ſind klagbar geworden, und haben wahrlich die ge-
rechteſte Sache von der Welt.
Major. So laſſen Sie uns nach Hauſe gehen.
Ein wohlgepolſteter Sopha ladet Sie ein.
Graf. Der bloße Gedanke iſt erquickend. Aber
ich bin ſo muͤde und ſo durſtig, daß ich durchaus
erſt Raſttag halten, und meinen trockenen Gaumen
durch eine Libation auf ſeinem Grund und Boden
ausſoͤhnen muß. Wie waͤr’s, Herr Schwager,
wenn wir uns dort in die Laube ein paar Pfeifen
und eine Bouteille engliſch Oel bringen ließen?
Graͤfin. Thut das! Wir Weiber laufen indeſ-
ſen noch ein wenig herum. (Sie giebt ihrem Bruder
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Graf. Schoͤn! He da! — Verdammt! nun
haben wir niemand zu ſchicken. Ich kann es vor
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