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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Allgemeine Ackerbaulehre.
auf die physikalischen und selbst chemischen Eigenschaften des Obergrundes ausüben.
Enthält der felsige oder erdige Untergrund Mergeln, Kalksteine, Basalte, Diabase,
Granite u. dgl., welche bei ihrer Verwitterung die Menge der Bodensalze vermehren,
so kann dies nur vortheilhaft sein. Ungünstig wird in stofflicher Beziehung der
Untergrund, wenn durch die Verwitterung Eisenoxydul (Ortstein) und dessen
lösliche Salze oder freie Säuren gebildet werden. Tritt an einzelnen Feldstellen
ein felsiger oder kiesiger Untergrund nahe an die Bodenoberfläche, so werden auf
solchen Schein-, Schrind- oder Schwind-Stellen die Pflanzen gar nicht
oder nur kümmerlich fortkommen.

In physikalischer Hinsicht wird sich der Untergrund um so günstiger heraus-
stellen je verschiedener derselbe von dem Obergrunde ist. Ein durchlässiger Unter-
grund mäßiget die Schädlichkeit einer undurchlässigen Oberkrume, während anderseits
ein undurchlassender Untergrund günstig auf eine lockere, sandige, schnell austrocknende
Oberkrume einwirkt. Ein sandiger Untergrund wird daher für einen thonigen Ober-
grund günstig, für eine gleichfalls sandige Oberkrume ungünstig sein.

Die Ablagerung des Bodens in Beziehung zu seiner Neigung zum Horizonte 1)
ist ebenfalls von Einfluß auf seine Culturfähigkeit. Je nach der Größe der Neigung
erhält der Boden die Bezeichnungen: sanft geneigt bei 1--5°, neigig, lehnig bei
5--10°, mäßigsteil bei 10--15°, abschüssig bei 15--20°, steil bei 20--30° und
sehr steil, schroff, jäh bei 30--45° Neigung.

2. Die Bestandtheile des Bodens.

Die schließlichen Verwitterungsprodukte der Gesteine sind entweder wie die
Bodenskelettheile, keine Nährstoffe, oder wie die Bodensalze, Nährstoffe.
In der Wirklichkeit dürfte es jedoch keinen Culturboden geben, in welchem diese
Spaltung 2) vollendet ist. In der Regel finden sich alle Uebergänge von dem un-
verwitterten Gesteine bis zu jenen Spaltungsprodukten vor.

Der Culturboden bildet daher ein Gemenge von zertrümmertem Felsgestein
(Gesteinstrümmer), von chemisch verändertem, zu krümeligen oder pulverigen
Massen verwittertem Gestein (Feinerde) und von Verwesungs und Verkohlungssub-
stanzen verschiedenen organischen Ursprunges (Humus). Die mineralischen Boden-
bestandtheile machen gewöhnlich gegenüber den organischen die Hauptmasse des
Bodens aus.

Der Gehalt eines Bodens an verschiedenen Humussubstanzen ergiebt sich aus
dem Glühverluste der völlig trockenen Erde. Die Menge der gröberen Gesteins-
trümmer wird durch die sog. mechanische Bodenanalyse durch Absieben von

1) Siehe auch das Kapitel "Die örtliche Lage". S. 65.
2) Die Trennung der Bodenskelettheile von den Bodensalzen ist nur erreicht in den
künstlichen Nährstoffgemischen, welche bei Vegetationsversuchen (S. 21) im Laboratorium
zur Anwendung gelangen.

Allgemeine Ackerbaulehre.
auf die phyſikaliſchen und ſelbſt chemiſchen Eigenſchaften des Obergrundes ausüben.
Enthält der felſige oder erdige Untergrund Mergeln, Kalkſteine, Baſalte, Diabaſe,
Granite u. dgl., welche bei ihrer Verwitterung die Menge der Bodenſalze vermehren,
ſo kann dies nur vortheilhaft ſein. Ungünſtig wird in ſtofflicher Beziehung der
Untergrund, wenn durch die Verwitterung Eiſenoxydul (Ortſtein) und deſſen
lösliche Salze oder freie Säuren gebildet werden. Tritt an einzelnen Feldſtellen
ein felſiger oder kieſiger Untergrund nahe an die Bodenoberfläche, ſo werden auf
ſolchen Schein-, Schrind- oder Schwind-Stellen die Pflanzen gar nicht
oder nur kümmerlich fortkommen.

In phyſikaliſcher Hinſicht wird ſich der Untergrund um ſo günſtiger heraus-
ſtellen je verſchiedener derſelbe von dem Obergrunde iſt. Ein durchläſſiger Unter-
grund mäßiget die Schädlichkeit einer undurchläſſigen Oberkrume, während anderſeits
ein undurchlaſſender Untergrund günſtig auf eine lockere, ſandige, ſchnell austrocknende
Oberkrume einwirkt. Ein ſandiger Untergrund wird daher für einen thonigen Ober-
grund günſtig, für eine gleichfalls ſandige Oberkrume ungünſtig ſein.

Die Ablagerung des Bodens in Beziehung zu ſeiner Neigung zum Horizonte 1)
iſt ebenfalls von Einfluß auf ſeine Culturfähigkeit. Je nach der Größe der Neigung
erhält der Boden die Bezeichnungen: ſanft geneigt bei 1—5°, neigig, lehnig bei
5—10°, mäßigſteil bei 10—15°, abſchüſſig bei 15—20°, ſteil bei 20—30° und
ſehr ſteil, ſchroff, jäh bei 30—45° Neigung.

2. Die Beſtandtheile des Bodens.

Die ſchließlichen Verwitterungsprodukte der Geſteine ſind entweder wie die
Bodenſkelettheile, keine Nährſtoffe, oder wie die Bodenſalze, Nährſtoffe.
In der Wirklichkeit dürfte es jedoch keinen Culturboden geben, in welchem dieſe
Spaltung 2) vollendet iſt. In der Regel finden ſich alle Uebergänge von dem un-
verwitterten Geſteine bis zu jenen Spaltungsprodukten vor.

Der Culturboden bildet daher ein Gemenge von zertrümmertem Felsgeſtein
(Geſteinstrümmer), von chemiſch verändertem, zu krümeligen oder pulverigen
Maſſen verwittertem Geſtein (Feinerde) und von Verweſungs und Verkohlungsſub-
ſtanzen verſchiedenen organiſchen Urſprunges (Humus). Die mineraliſchen Boden-
beſtandtheile machen gewöhnlich gegenüber den organiſchen die Hauptmaſſe des
Bodens aus.

Der Gehalt eines Bodens an verſchiedenen Humusſubſtanzen ergiebt ſich aus
dem Glühverluſte der völlig trockenen Erde. Die Menge der gröberen Geſteins-
trümmer wird durch die ſog. mechaniſche Bodenanalyſe durch Abſieben von

1) Siehe auch das Kapitel „Die örtliche Lage“. S. 65.
2) Die Trennung der Bodenſkelettheile von den Bodenſalzen iſt nur erreicht in den
künſtlichen Nährſtoffgemiſchen, welche bei Vegetationsverſuchen (S. 21) im Laboratorium
zur Anwendung gelangen.
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[32/0050] Allgemeine Ackerbaulehre. auf die phyſikaliſchen und ſelbſt chemiſchen Eigenſchaften des Obergrundes ausüben. Enthält der felſige oder erdige Untergrund Mergeln, Kalkſteine, Baſalte, Diabaſe, Granite u. dgl., welche bei ihrer Verwitterung die Menge der Bodenſalze vermehren, ſo kann dies nur vortheilhaft ſein. Ungünſtig wird in ſtofflicher Beziehung der Untergrund, wenn durch die Verwitterung Eiſenoxydul (Ortſtein) und deſſen lösliche Salze oder freie Säuren gebildet werden. Tritt an einzelnen Feldſtellen ein felſiger oder kieſiger Untergrund nahe an die Bodenoberfläche, ſo werden auf ſolchen Schein-, Schrind- oder Schwind-Stellen die Pflanzen gar nicht oder nur kümmerlich fortkommen. In phyſikaliſcher Hinſicht wird ſich der Untergrund um ſo günſtiger heraus- ſtellen je verſchiedener derſelbe von dem Obergrunde iſt. Ein durchläſſiger Unter- grund mäßiget die Schädlichkeit einer undurchläſſigen Oberkrume, während anderſeits ein undurchlaſſender Untergrund günſtig auf eine lockere, ſandige, ſchnell austrocknende Oberkrume einwirkt. Ein ſandiger Untergrund wird daher für einen thonigen Ober- grund günſtig, für eine gleichfalls ſandige Oberkrume ungünſtig ſein. Die Ablagerung des Bodens in Beziehung zu ſeiner Neigung zum Horizonte 1) iſt ebenfalls von Einfluß auf ſeine Culturfähigkeit. Je nach der Größe der Neigung erhält der Boden die Bezeichnungen: ſanft geneigt bei 1—5°, neigig, lehnig bei 5—10°, mäßigſteil bei 10—15°, abſchüſſig bei 15—20°, ſteil bei 20—30° und ſehr ſteil, ſchroff, jäh bei 30—45° Neigung. 2. Die Beſtandtheile des Bodens. Die ſchließlichen Verwitterungsprodukte der Geſteine ſind entweder wie die Bodenſkelettheile, keine Nährſtoffe, oder wie die Bodenſalze, Nährſtoffe. In der Wirklichkeit dürfte es jedoch keinen Culturboden geben, in welchem dieſe Spaltung 2) vollendet iſt. In der Regel finden ſich alle Uebergänge von dem un- verwitterten Geſteine bis zu jenen Spaltungsprodukten vor. Der Culturboden bildet daher ein Gemenge von zertrümmertem Felsgeſtein (Geſteinstrümmer), von chemiſch verändertem, zu krümeligen oder pulverigen Maſſen verwittertem Geſtein (Feinerde) und von Verweſungs und Verkohlungsſub- ſtanzen verſchiedenen organiſchen Urſprunges (Humus). Die mineraliſchen Boden- beſtandtheile machen gewöhnlich gegenüber den organiſchen die Hauptmaſſe des Bodens aus. Der Gehalt eines Bodens an verſchiedenen Humusſubſtanzen ergiebt ſich aus dem Glühverluſte der völlig trockenen Erde. Die Menge der gröberen Geſteins- trümmer wird durch die ſog. mechaniſche Bodenanalyſe durch Abſieben von 1) Siehe auch das Kapitel „Die örtliche Lage“. S. 65. 2) Die Trennung der Bodenſkelettheile von den Bodenſalzen iſt nur erreicht in den künſtlichen Nährſtoffgemiſchen, welche bei Vegetationsverſuchen (S. 21) im Laboratorium zur Anwendung gelangen.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/50>, abgerufen am 21.11.2024.