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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Besondere Thierzuchtlehre.
sonders für den Kriegsdienst nicht aus, so wird die Pferdezucht von Staatsanstalten
betrieben.

Für gemäßigtes, feuchtes Klima, wie z. B. in England, Nordfrankreich, Hol-
stein, Hannover, Mecklenburg, in den österreichischen Alpenländern empfiehlt sich die
Production sowohl starker, edler als auch massiger, schwerer Pferde. Mehr con-
tinentale und Steppen-Länder eignen sich dagegen hauptsächlich für die Zucht
leichter und mittelstarker, sowohl edler als gemeiner Pferde. Ueberdies ist die
Richtung der Pferdezucht von dem vorhandenen Futter abhängig. Alle stickstoff-
reichen Nahrungsmittel, wie Körner, Kleie, Wiesen-, Rothkleeheu entwickeln den Pferde-
körper in Verbindung mit reichlicher Bewegung in die Höhe. Stickstoffarme Futter-
mittel, wie Wurzelwerk, Stroh, Spreu, Grünfütterung begünstigen die Entwickelung
des Rumpfes in die Breite und dabei Kurzbeinigkeit und Fettansatz. Wenig Be-
wegung, mäßiges Licht, sehr ausgiebige Fütterung mit stickstoffarmen Nahrungsmit-
teln begünstigen die Heranzucht von Zugpferden für den Gebrauch der Landwirth-
schaft und Industrie, welche, bei gutmüthigem Temperamente, hauptsächlich durch das
Gewicht ihrer Körpermasse, Lasten fortbewegen. Unter entgegengesetzten Verhältnissen,
viel Bewegung, reichliches Licht, ausgiebige Fütterung mit stickstoffreichen Nahrungs-
mitteln entwickeln sich vornehmlich die Qualitäten des englischen Vollblutpferdes, des
Reit-, Renn- und Wagenpferdes, welche sich bei lebhaftem Temperamente durch
Schnelligkeit, Ausdauer, verbunden mit edlen Körperformen, auszeichnen sollen.

1. Die Entwickelung des Pferdes.

Die Bezeichnung des Pferdes nach Alter und Geschlecht ist gegenüber den an-
deren landwirthschaftlichen Nutzthieren eine viel einheitlichere. Das männliche Pferd
wird als Hengst, Beschäler, im castrirten Zustande als Wallach, das weib-
liche Pferd als Stute, Mutterpferd bezeichnet. Bis zu Ende des dritten Jahres
heißt das junge Pferd Fohlen, Füllen, und zwar nach dem Geschlechte Hengst-
oder Stutenfohlen.

Zur Erkennung des Pferdealters dient die Beschaffenheit des Gebisses. Das
Pferdegebiß besteht im Ober- wie im Unterkiefer aus 6 Schneide- und auf jeder
Seite in jedem Kiefer aus 6 Backenzähnen, zu welchen bei dem Hengste, seltener bei
den Stuten in dem Zwischenraume zwischen den Schneide- und den Backenzähnen,
den Laden, jederseits und in jedem Kiefer je ein oder zusammen 4 Hakenzähne
kommen. Im Ganzen zählt daher das Gebiß des Hengstes 40, jenes der Stute
36 Zähne. Der ungefähre Zahnausbruch und der Zahnwechsel ist aus nachstehender
Tabelle zu entnehmen:

Beſondere Thierzuchtlehre.
ſonders für den Kriegsdienſt nicht aus, ſo wird die Pferdezucht von Staatsanſtalten
betrieben.

Für gemäßigtes, feuchtes Klima, wie z. B. in England, Nordfrankreich, Hol-
ſtein, Hannover, Mecklenburg, in den öſterreichiſchen Alpenländern empfiehlt ſich die
Production ſowohl ſtarker, edler als auch maſſiger, ſchwerer Pferde. Mehr con-
tinentale und Steppen-Länder eignen ſich dagegen hauptſächlich für die Zucht
leichter und mittelſtarker, ſowohl edler als gemeiner Pferde. Ueberdies iſt die
Richtung der Pferdezucht von dem vorhandenen Futter abhängig. Alle ſtickſtoff-
reichen Nahrungsmittel, wie Körner, Kleie, Wieſen-, Rothkleeheu entwickeln den Pferde-
körper in Verbindung mit reichlicher Bewegung in die Höhe. Stickſtoffarme Futter-
mittel, wie Wurzelwerk, Stroh, Spreu, Grünfütterung begünſtigen die Entwickelung
des Rumpfes in die Breite und dabei Kurzbeinigkeit und Fettanſatz. Wenig Be-
wegung, mäßiges Licht, ſehr ausgiebige Fütterung mit ſtickſtoffarmen Nahrungsmit-
teln begünſtigen die Heranzucht von Zugpferden für den Gebrauch der Landwirth-
ſchaft und Induſtrie, welche, bei gutmüthigem Temperamente, hauptſächlich durch das
Gewicht ihrer Körpermaſſe, Laſten fortbewegen. Unter entgegengeſetzten Verhältniſſen,
viel Bewegung, reichliches Licht, ausgiebige Fütterung mit ſtickſtoffreichen Nahrungs-
mitteln entwickeln ſich vornehmlich die Qualitäten des engliſchen Vollblutpferdes, des
Reit-, Renn- und Wagenpferdes, welche ſich bei lebhaftem Temperamente durch
Schnelligkeit, Ausdauer, verbunden mit edlen Körperformen, auszeichnen ſollen.

1. Die Entwickelung des Pferdes.

Die Bezeichnung des Pferdes nach Alter und Geſchlecht iſt gegenüber den an-
deren landwirthſchaftlichen Nutzthieren eine viel einheitlichere. Das männliche Pferd
wird als Hengſt, Beſchäler, im caſtrirten Zuſtande als Wallach, das weib-
liche Pferd als Stute, Mutterpferd bezeichnet. Bis zu Ende des dritten Jahres
heißt das junge Pferd Fohlen, Füllen, und zwar nach dem Geſchlechte Hengſt-
oder Stutenfohlen.

Zur Erkennung des Pferdealters dient die Beſchaffenheit des Gebiſſes. Das
Pferdegebiß beſteht im Ober- wie im Unterkiefer aus 6 Schneide- und auf jeder
Seite in jedem Kiefer aus 6 Backenzähnen, zu welchen bei dem Hengſte, ſeltener bei
den Stuten in dem Zwiſchenraume zwiſchen den Schneide- und den Backenzähnen,
den Laden, jederſeits und in jedem Kiefer je ein oder zuſammen 4 Hakenzähne
kommen. Im Ganzen zählt daher das Gebiß des Hengſtes 40, jenes der Stute
36 Zähne. Der ungefähre Zahnausbruch und der Zahnwechſel iſt aus nachſtehender
Tabelle zu entnehmen:

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[224/0240] Beſondere Thierzuchtlehre. ſonders für den Kriegsdienſt nicht aus, ſo wird die Pferdezucht von Staatsanſtalten betrieben. Für gemäßigtes, feuchtes Klima, wie z. B. in England, Nordfrankreich, Hol- ſtein, Hannover, Mecklenburg, in den öſterreichiſchen Alpenländern empfiehlt ſich die Production ſowohl ſtarker, edler als auch maſſiger, ſchwerer Pferde. Mehr con- tinentale und Steppen-Länder eignen ſich dagegen hauptſächlich für die Zucht leichter und mittelſtarker, ſowohl edler als gemeiner Pferde. Ueberdies iſt die Richtung der Pferdezucht von dem vorhandenen Futter abhängig. Alle ſtickſtoff- reichen Nahrungsmittel, wie Körner, Kleie, Wieſen-, Rothkleeheu entwickeln den Pferde- körper in Verbindung mit reichlicher Bewegung in die Höhe. Stickſtoffarme Futter- mittel, wie Wurzelwerk, Stroh, Spreu, Grünfütterung begünſtigen die Entwickelung des Rumpfes in die Breite und dabei Kurzbeinigkeit und Fettanſatz. Wenig Be- wegung, mäßiges Licht, ſehr ausgiebige Fütterung mit ſtickſtoffarmen Nahrungsmit- teln begünſtigen die Heranzucht von Zugpferden für den Gebrauch der Landwirth- ſchaft und Induſtrie, welche, bei gutmüthigem Temperamente, hauptſächlich durch das Gewicht ihrer Körpermaſſe, Laſten fortbewegen. Unter entgegengeſetzten Verhältniſſen, viel Bewegung, reichliches Licht, ausgiebige Fütterung mit ſtickſtoffreichen Nahrungs- mitteln entwickeln ſich vornehmlich die Qualitäten des engliſchen Vollblutpferdes, des Reit-, Renn- und Wagenpferdes, welche ſich bei lebhaftem Temperamente durch Schnelligkeit, Ausdauer, verbunden mit edlen Körperformen, auszeichnen ſollen. 1. Die Entwickelung des Pferdes. Die Bezeichnung des Pferdes nach Alter und Geſchlecht iſt gegenüber den an- deren landwirthſchaftlichen Nutzthieren eine viel einheitlichere. Das männliche Pferd wird als Hengſt, Beſchäler, im caſtrirten Zuſtande als Wallach, das weib- liche Pferd als Stute, Mutterpferd bezeichnet. Bis zu Ende des dritten Jahres heißt das junge Pferd Fohlen, Füllen, und zwar nach dem Geſchlechte Hengſt- oder Stutenfohlen. Zur Erkennung des Pferdealters dient die Beſchaffenheit des Gebiſſes. Das Pferdegebiß beſteht im Ober- wie im Unterkiefer aus 6 Schneide- und auf jeder Seite in jedem Kiefer aus 6 Backenzähnen, zu welchen bei dem Hengſte, ſeltener bei den Stuten in dem Zwiſchenraume zwiſchen den Schneide- und den Backenzähnen, den Laden, jederſeits und in jedem Kiefer je ein oder zuſammen 4 Hakenzähne kommen. Im Ganzen zählt daher das Gebiß des Hengſtes 40, jenes der Stute 36 Zähne. Der ungefähre Zahnausbruch und der Zahnwechſel iſt aus nachſtehender Tabelle zu entnehmen:

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/240>, abgerufen am 21.11.2024.