Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kraft, Robert: Der Medizinmann. Dresden, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Unterwegs unterhielt sich der Ingenieur lebhaft mit dem Trapper, vor allen Dingen wollte er wissen, was die Indianer thäten, wenn sie solch einen unbewaffneten Trupp anrücken sähen.

"Das will ich Euch sagen. Entweder sie laufen alle davon, weil sie Euch für verrückt halten und weil sich die Indianer nicht an Wahnsinnigen vergreifen, oder sie überfallen Euch, binden Euch und braten Euch knusprig."

"Werden sie nicht aus dem Hinterhalte ohne vorherige Warnung auf uns schießen?"

"Auf keinen Fall. So blutdürstig ist keine Rothaut, daß sie ein Blaßgesicht nicht lieber am Marterpfahl schmoren sieht."

"Und würde nicht ein einzelner auf uns schießen."

"Der holt erst seine Sippschaft herbei."

"Das wollte ich nur wissen."

Nach zweistündigem Marsche verließ man das unwirtliche Felsenlabyrinth, es zeigte sich Vegetation, und gleich kannte sich der Trapper aus. Bis hierher hatte Ingenieur Stephan als Führer gedient, ein Zeichen, daß er doch öfters den Zauberberg verließ und sich in der Umgegend orientierte.

Als man um einen Felsvorsprung bog, stieß man unerwartet mit einem großen Trupp von Rothäuten zusammen. Beide Teile machten Halt, die Wilden waren im ersten Augenblick verdutzt, hier unbewaffneten Weißen zu begegnen.

Sie gehörten dem kalifornischen Stamme an, welcher sich von allen nordamerikanischen Indianern durch Feigheit und Hinterlist auszeichnet, während man bei den anderen Stämmen ritterliche Tugenden nicht vermißt, z. B. Tapferkeit, Gastfreundschaft und Halten

Unterwegs unterhielt sich der Ingenieur lebhaft mit dem Trapper, vor allen Dingen wollte er wissen, was die Indianer thäten, wenn sie solch einen unbewaffneten Trupp anrücken sähen.

„Das will ich Euch sagen. Entweder sie laufen alle davon, weil sie Euch für verrückt halten und weil sich die Indianer nicht an Wahnsinnigen vergreifen, oder sie überfallen Euch, binden Euch und braten Euch knusprig.“

„Werden sie nicht aus dem Hinterhalte ohne vorherige Warnung auf uns schießen?“

„Auf keinen Fall. So blutdürstig ist keine Rothaut, daß sie ein Blaßgesicht nicht lieber am Marterpfahl schmoren sieht.“

„Und würde nicht ein einzelner auf uns schießen.“

„Der holt erst seine Sippschaft herbei.“

„Das wollte ich nur wissen.“

Nach zweistündigem Marsche verließ man das unwirtliche Felsenlabyrinth, es zeigte sich Vegetation, und gleich kannte sich der Trapper aus. Bis hierher hatte Ingenieur Stephan als Führer gedient, ein Zeichen, daß er doch öfters den Zauberberg verließ und sich in der Umgegend orientierte.

Als man um einen Felsvorsprung bog, stieß man unerwartet mit einem großen Trupp von Rothäuten zusammen. Beide Teile machten Halt, die Wilden waren im ersten Augenblick verdutzt, hier unbewaffneten Weißen zu begegnen.

Sie gehörten dem kalifornischen Stamme an, welcher sich von allen nordamerikanischen Indianern durch Feigheit und Hinterlist auszeichnet, während man bei den anderen Stämmen ritterliche Tugenden nicht vermißt, z. B. Tapferkeit, Gastfreundschaft und Halten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0020" n="20"/>
        <p>Unterwegs unterhielt sich der Ingenieur lebhaft mit dem Trapper, vor allen Dingen wollte er wissen, was die Indianer thäten, wenn sie solch einen unbewaffneten Trupp anrücken sähen.</p>
        <p>&#x201E;Das will ich Euch sagen. Entweder sie laufen alle davon, weil sie Euch für verrückt halten und weil sich die Indianer nicht an Wahnsinnigen vergreifen, oder sie überfallen Euch, binden Euch und braten Euch knusprig.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Werden sie nicht aus dem Hinterhalte ohne vorherige Warnung auf uns schießen?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Auf keinen Fall. So blutdürstig ist keine Rothaut, daß sie ein Blaßgesicht nicht lieber am Marterpfahl schmoren sieht.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Und würde nicht ein einzelner auf uns schießen.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Der holt erst seine Sippschaft herbei.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Das wollte ich nur wissen.&#x201C;</p>
        <p>Nach zweistündigem Marsche verließ man das unwirtliche Felsenlabyrinth, es zeigte sich Vegetation, und gleich kannte sich der Trapper aus. Bis hierher hatte Ingenieur Stephan als Führer gedient, ein Zeichen, daß er doch öfters den Zauberberg verließ und sich in der Umgegend orientierte.</p>
        <p>Als man um einen Felsvorsprung bog, stieß man unerwartet mit einem großen Trupp von Rothäuten zusammen. Beide Teile machten Halt, die Wilden waren im ersten Augenblick verdutzt, hier unbewaffneten Weißen zu begegnen.</p>
        <p>Sie gehörten dem kalifornischen Stamme an, welcher sich von allen nordamerikanischen Indianern durch Feigheit und Hinterlist auszeichnet, während man bei den anderen Stämmen ritterliche Tugenden nicht vermißt, z. B. Tapferkeit, Gastfreundschaft und Halten
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0020] Unterwegs unterhielt sich der Ingenieur lebhaft mit dem Trapper, vor allen Dingen wollte er wissen, was die Indianer thäten, wenn sie solch einen unbewaffneten Trupp anrücken sähen. „Das will ich Euch sagen. Entweder sie laufen alle davon, weil sie Euch für verrückt halten und weil sich die Indianer nicht an Wahnsinnigen vergreifen, oder sie überfallen Euch, binden Euch und braten Euch knusprig.“ „Werden sie nicht aus dem Hinterhalte ohne vorherige Warnung auf uns schießen?“ „Auf keinen Fall. So blutdürstig ist keine Rothaut, daß sie ein Blaßgesicht nicht lieber am Marterpfahl schmoren sieht.“ „Und würde nicht ein einzelner auf uns schießen.“ „Der holt erst seine Sippschaft herbei.“ „Das wollte ich nur wissen.“ Nach zweistündigem Marsche verließ man das unwirtliche Felsenlabyrinth, es zeigte sich Vegetation, und gleich kannte sich der Trapper aus. Bis hierher hatte Ingenieur Stephan als Führer gedient, ein Zeichen, daß er doch öfters den Zauberberg verließ und sich in der Umgegend orientierte. Als man um einen Felsvorsprung bog, stieß man unerwartet mit einem großen Trupp von Rothäuten zusammen. Beide Teile machten Halt, die Wilden waren im ersten Augenblick verdutzt, hier unbewaffneten Weißen zu begegnen. Sie gehörten dem kalifornischen Stamme an, welcher sich von allen nordamerikanischen Indianern durch Feigheit und Hinterlist auszeichnet, während man bei den anderen Stämmen ritterliche Tugenden nicht vermißt, z. B. Tapferkeit, Gastfreundschaft und Halten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kraft_medizinmann_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kraft_medizinmann_1896/20
Zitationshilfe: Kraft, Robert: Der Medizinmann. Dresden, 1896, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraft_medizinmann_1896/20>, abgerufen am 09.11.2024.