Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).Jnteresse des Lesers in besonderer Weise fesseln soll. Ebers er- "Und was heißt Jto, Jto?" "Jch nehm es an, ich nehm es an!" "Und Jty's?" "Das müßte man, um's richtig zu verstehen, schon künstlich Jntereſſe des Leſers in beſonderer Weiſe feſſeln ſoll. Ebers er- „Und was heißt Jto, Jto?‟ „Jch nehm es an, ich nehm es an!‟ „Und Jty’s?‟ „Das müßte man, um’s richtig zu verſtehen, ſchon künſtlich <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0009" n="9 201"/> Jntereſſe des Leſers in beſonderer Weiſe feſſeln ſoll. Ebers er-<lb/> zählt, daß er die im 11. Capitel des erſten Bandes enthaltene<lb/> erſte Liebesſcene in einer halben Stunde und gegen ſeinen Willen<lb/> — er wollte ja einen Roman in Proſa ſchreiben — in Jamben<lb/> zu Papier gebracht habe. Beim Ueberleſen kam er auf den ver-<lb/> nünftigen Gedanken, die Liebesſcene im Jambenfluß zu vernichten,<lb/> leider hat ihn aber der verſtorbene Dichter Julius <hi rendition="#g">Hammer</hi><lb/> überredet, die wie inſpirirt angeſehene Scene ſtehen zu laſſen.<lb/> Wir halten jenes 11. Capitel für völlig verfehlt — nach Jnhalt<lb/> und Form. Bartja will in ſeine Heimath zurückgehen. „Melitta<lb/> (Sappho’s Dienerin) hat das Orakel befragen wollen, ob du<lb/> mir treu bleibſt; — ſie wollte auch zu einem alten Weibe gehen,<lb/> das eben aus Phrygien angekommen iſt und bei Nacht aus ge-<lb/> zogenen Stricken weisſagen kann. Dazu braucht ſie, der Reini-<lb/> gungen wegen, Weihrauch, Styrax, mondförmige Kuchen und<lb/> Blätter von wilden Dornſträuchern (Note 209 gibt den litera-<lb/> riſchen Nachweis dieſer Mittelchen); aber ich habe mir das alles<lb/> verbeten, denn mein Herz weiß ja beſſer als Pythia, Stricke und<lb/> Opferrauch, daß du mir treu bleiben und mich lieb behalten<lb/> wirſt.‟ Als Bartja zu laut antwortet, bittet ihn Sappho, leiſer<lb/> zu ſprechen, worauf er die Erklärung abgibt: „Ja, ich will leiſe<lb/> ſprechen. So! Jetzt ſtreich ich dir dein ſeidnes Haar zurück und<lb/> flüſtre in dein Ohr: Jch liebe dich! Haſt du’s verſtanden?‟ Dann<lb/> möchte Bartja wiſſen, was die Nachtigall, deren Rede Sappho<lb/> verſteht, mit ihrem Liebſten im Roſenbuſche zu verhandeln hat.<lb/> „Jch will dir’s leiſe ſagen! Philomele ſingt dem Gatten zu: ‚Jch<lb/> liebe dich!‛ und ſeine Antwort lautet, höre nur: ‚Jtys, ito, itys.‛‟<lb/> (Note 207 gibt gelehrten Aufſchluß.)</p><lb/> <p>„Und was heißt Jto, Jto?‟</p><lb/> <p>„Jch nehm es an, ich nehm es an!‟</p><lb/> <p>„Und Jty’s?‟</p><lb/> <p>„Das müßte man, um’s richtig zu verſtehen, ſchon künſtlich<lb/> deuten. Jtys iſt ein Kreis; der Kreis bedeutet, ſo man dich be-<lb/> lehrt, die Ewigkeit, denn er hat keinen Anfang und kein Ende.<lb/> Drum ruft die Nachtigall: ‚Jch nehm es an, ich nehm es an für<lb/> alle Ewigkeit!‛‟</p><lb/> </body> </text> </TEI> [9 201/0009]
Jntereſſe des Leſers in beſonderer Weiſe feſſeln ſoll. Ebers er-
zählt, daß er die im 11. Capitel des erſten Bandes enthaltene
erſte Liebesſcene in einer halben Stunde und gegen ſeinen Willen
— er wollte ja einen Roman in Proſa ſchreiben — in Jamben
zu Papier gebracht habe. Beim Ueberleſen kam er auf den ver-
nünftigen Gedanken, die Liebesſcene im Jambenfluß zu vernichten,
leider hat ihn aber der verſtorbene Dichter Julius Hammer
überredet, die wie inſpirirt angeſehene Scene ſtehen zu laſſen.
Wir halten jenes 11. Capitel für völlig verfehlt — nach Jnhalt
und Form. Bartja will in ſeine Heimath zurückgehen. „Melitta
(Sappho’s Dienerin) hat das Orakel befragen wollen, ob du
mir treu bleibſt; — ſie wollte auch zu einem alten Weibe gehen,
das eben aus Phrygien angekommen iſt und bei Nacht aus ge-
zogenen Stricken weisſagen kann. Dazu braucht ſie, der Reini-
gungen wegen, Weihrauch, Styrax, mondförmige Kuchen und
Blätter von wilden Dornſträuchern (Note 209 gibt den litera-
riſchen Nachweis dieſer Mittelchen); aber ich habe mir das alles
verbeten, denn mein Herz weiß ja beſſer als Pythia, Stricke und
Opferrauch, daß du mir treu bleiben und mich lieb behalten
wirſt.‟ Als Bartja zu laut antwortet, bittet ihn Sappho, leiſer
zu ſprechen, worauf er die Erklärung abgibt: „Ja, ich will leiſe
ſprechen. So! Jetzt ſtreich ich dir dein ſeidnes Haar zurück und
flüſtre in dein Ohr: Jch liebe dich! Haſt du’s verſtanden?‟ Dann
möchte Bartja wiſſen, was die Nachtigall, deren Rede Sappho
verſteht, mit ihrem Liebſten im Roſenbuſche zu verhandeln hat.
„Jch will dir’s leiſe ſagen! Philomele ſingt dem Gatten zu: ‚Jch
liebe dich!‛ und ſeine Antwort lautet, höre nur: ‚Jtys, ito, itys.‛‟
(Note 207 gibt gelehrten Aufſchluß.)
„Und was heißt Jto, Jto?‟
„Jch nehm es an, ich nehm es an!‟
„Und Jty’s?‟
„Das müßte man, um’s richtig zu verſtehen, ſchon künſtlich
deuten. Jtys iſt ein Kreis; der Kreis bedeutet, ſo man dich be-
lehrt, die Ewigkeit, denn er hat keinen Anfang und kein Ende.
Drum ruft die Nachtigall: ‚Jch nehm es an, ich nehm es an für
alle Ewigkeit!‛‟
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeAutorname, Autorvorname: Kurztitel. In: Kurztitel… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |