Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.denheit wieder herstellen könne, so sollen sie mich sogleich mit allen Kräften an ih- rem Glücke arbeiten sehen. Wahrmund. Jch habe es freylich mehr, als ich verdient habe, erfahren, wie sehr sie mich ihnen mit ihrer Freundschaft verpflich- tet, ich statte ihnen auch zugleich den ver- bindlichsten Dank dafür ab. Aber, ach! ich bin jetzt nur noch unglücklicher. Denn, würde ich ihnen mein Anliegen offenbaren, so würden sie mir freundschaftlich beyste- hen, sie würden mich glücklich machen, und würden durch diese Freundschaftsbe- zeugung bewerkstelligen, daß ich wieder das heiligste Gesetz der Freundschaft mich vergehen, und sie beleidigen müste, ja sie würden mich zum undankbarsten unter der Sonne machen. Herr v. R. Nein, Freund, gesetzt diese Hülfe, welche ich ihnen leisten soll, wäre so groß, daß sie mir dieselbe niemals verdanken könnten, so würde selbst die Unmöglichkeit sie ihrer Pflicht überheben, und ich wür- de nichts unmögliches von ihnen fodern. Lassen sie mich nicht erst ihr Anliegen durch ungegründete Muthmassungen errathen. Wahrmund. Weil sie es denn so für gut be- finden, so will ich ihrem Rathe folgen. Aber, ich wage viel dabey. Die Begier- de der Gelehrten ein gutes Buch zu besitzen, ist oft so rasend und blind, als die Liebe mancher Stutzer immer werden kan. Wann
denheit wieder herſtellen koͤnne, ſo ſollen ſie mich ſogleich mit allen Kraͤften an ih- rem Gluͤcke arbeiten ſehen. Wahrmund. Jch habe es freylich mehr, als ich verdient habe, erfahren, wie ſehr ſie mich ihnen mit ihrer Freundſchaft verpflich- tet, ich ſtatte ihnen auch zugleich den ver- bindlichſten Dank dafuͤr ab. Aber, ach! ich bin jetzt nur noch ungluͤcklicher. Denn, wuͤrde ich ihnen mein Anliegen offenbaren, ſo wuͤrden ſie mir freundſchaftlich beyſte- hen, ſie wuͤrden mich gluͤcklich machen, und wuͤrden durch dieſe Freundſchaftsbe- zeugung bewerkſtelligen, daß ich wieder das heiligſte Geſetz der Freundſchaft mich vergehen, und ſie beleidigen muͤſte, ja ſie wuͤrden mich zum undankbarſten unter der Sonne machen. Herr v. R. Nein, Freund, geſetzt dieſe Huͤlfe, welche ich ihnen leiſten ſoll, waͤre ſo groß, daß ſie mir dieſelbe niemals verdanken koͤnnten, ſo wuͤrde ſelbſt die Unmoͤglichkeit ſie ihrer Pflicht uͤberheben, und ich wuͤr- de nichts unmoͤgliches von ihnen fodern. Laſſen ſie mich nicht erſt ihr Anliegen durch ungegruͤndete Muthmaſſungen errathen. Wahrmund. Weil ſie es denn ſo fuͤr gut be- finden, ſo will ich ihrem Rathe folgen. Aber, ich wage viel dabey. Die Begier- de der Gelehrten ein gutes Buch zu beſitzen, iſt oft ſo raſend und blind, als die Liebe mancher Stutzer immer werden kan. Wann
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rem Gluͤcke arbeiten ſehen.
Wahrmund. Jch habe es freylich mehr, als
ich verdient habe, erfahren, wie ſehr ſie
mich ihnen mit ihrer Freundſchaft verpflich-
tet, ich ſtatte ihnen auch zugleich den ver-
bindlichſten Dank dafuͤr ab. Aber, ach!
ich bin jetzt nur noch ungluͤcklicher. Denn,
wuͤrde ich ihnen mein Anliegen offenbaren,
ſo wuͤrden ſie mir freundſchaftlich beyſte-
hen, ſie wuͤrden mich gluͤcklich machen,
und wuͤrden durch dieſe Freundſchaftsbe-
zeugung bewerkſtelligen, daß ich wieder
das heiligſte Geſetz der Freundſchaft mich
vergehen, und ſie beleidigen muͤſte, ja ſie
wuͤrden mich zum undankbarſten unter der
Sonne machen.
Herr v. R. Nein, Freund, geſetzt dieſe Huͤlfe,
welche ich ihnen leiſten ſoll, waͤre ſo groß,
daß ſie mir dieſelbe niemals verdanken
koͤnnten, ſo wuͤrde ſelbſt die Unmoͤglichkeit
ſie ihrer Pflicht uͤberheben, und ich wuͤr-
de nichts unmoͤgliches von ihnen fodern.
Laſſen ſie mich nicht erſt ihr Anliegen durch
ungegruͤndete Muthmaſſungen errathen.
Wahrmund. Weil ſie es denn ſo fuͤr gut be-
finden, ſo will ich ihrem Rathe folgen.
Aber, ich wage viel dabey. Die Begier-
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iſt oft ſo raſend und blind, als die Liebe
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