Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743. Herr v. R. Was ist das für ein vergebner Ey- fer Frau Schwester? sie haben alle ihre geistliche Waffen in den Wind geschossen. Herr Tempelstolz hat nicht eine so schöne Seele von der Natur empfangen, daß sich die Weltweisen um ihn reissen sollten. Sie würden ihm selbst vielmehr rathen, sich bey dem ersten dem besten zum Pfluge zu vermiethen, weil er mit seinem Körper dem Staate mehr dienen könnte, als mit seiner Seele. Meine Rede ist gar nicht von Hern Tempelstolzen gewesen, ich habe ei- nen ganz andern Bräutigam gemeinet. Fr. v. B. Was? meine Tochter hätte einen andern Bräutigam, als den ich ihr gege- ben. Nun sag ich, sie hat sonst keinen, und soll auch keinen andern haben. Herr v. R. Aber, Frau Schwester, warum mißgönnen sie ihrer Tochter ein Vorrecht der menschlichen Natur, dessen sie sich sel- ber bedienen, und dessen sie sich öfter be- dienen würden, wann sie sich nicht ihre Handlungen von dem Eigendünkel wahn- witziger Geistlichen vorschreiben liessen? Sagen sie mir doch, haben sie nicht heute früh, als sie ihr Kopfzeug aufsetzten, bey sich berathschlaget, welches sie aufsetzen wollten? Fr. v. B. Jch bin so eitel nicht, Herr Bruder. Jch verfahre in dergleichen Dingen eben so, als bey meinem Spruchkästgen. Was mir zuerst in die Hand kommt, das setz
Herr v. R. Was iſt das fuͤr ein vergebner Ey- fer Frau Schweſter? ſie haben alle ihre geiſtliche Waffen in den Wind geſchoſſen. Herr Tempelſtolz hat nicht eine ſo ſchoͤne Seele von der Natur empfangen, daß ſich die Weltweiſen um ihn reiſſen ſollten. Sie wuͤrden ihm ſelbſt vielmehr rathen, ſich bey dem erſten dem beſten zum Pfluge zu vermiethen, weil er mit ſeinem Koͤrper dem Staate mehr dienen koͤnnte, als mit ſeiner Seele. Meine Rede iſt gar nicht von Hern Tempelſtolzen geweſen, ich habe ei- nen ganz andern Braͤutigam gemeinet. Fr. v. B. Was? meine Tochter haͤtte einen andern Braͤutigam, als den ich ihr gege- ben. Nun ſag ich, ſie hat ſonſt keinen, und ſoll auch keinen andern haben. Herr v. R. Aber, Frau Schweſter, warum mißgoͤnnen ſie ihrer Tochter ein Vorrecht der menſchlichen Natur, deſſen ſie ſich ſel- ber bedienen, und deſſen ſie ſich oͤfter be- dienen wuͤrden, wann ſie ſich nicht ihre Handlungen von dem Eigenduͤnkel wahn- witziger Geiſtlichen vorſchreiben lieſſen? Sagen ſie mir doch, haben ſie nicht heute fruͤh, als ſie ihr Kopfzeug aufſetzten, bey ſich berathſchlaget, welches ſie aufſetzen wollten? Fr. v. B. Jch bin ſo eitel nicht, Herr Bruder. Jch verfahre in dergleichen Dingen eben ſo, als bey meinem Spruchkaͤſtgen. Was mir zuerſt in die Hand kommt, das ſetz
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Herr v. R. Was iſt das fuͤr ein vergebner Ey-
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geiſtliche Waffen in den Wind geſchoſſen.
Herr Tempelſtolz hat nicht eine ſo ſchoͤne
Seele von der Natur empfangen, daß ſich
die Weltweiſen um ihn reiſſen ſollten.
Sie wuͤrden ihm ſelbſt vielmehr rathen,
ſich bey dem erſten dem beſten zum Pfluge zu
vermiethen, weil er mit ſeinem Koͤrper dem
Staate mehr dienen koͤnnte, als mit ſeiner
Seele. Meine Rede iſt gar nicht von
Hern Tempelſtolzen geweſen, ich habe ei-
nen ganz andern Braͤutigam gemeinet.
Fr. v. B. Was? meine Tochter haͤtte einen
andern Braͤutigam, als den ich ihr gege-
ben. Nun ſag ich, ſie hat ſonſt keinen,
und ſoll auch keinen andern haben.
Herr v. R. Aber, Frau Schweſter, warum
mißgoͤnnen ſie ihrer Tochter ein Vorrecht
der menſchlichen Natur, deſſen ſie ſich ſel-
ber bedienen, und deſſen ſie ſich oͤfter be-
dienen wuͤrden, wann ſie ſich nicht ihre
Handlungen von dem Eigenduͤnkel wahn-
witziger Geiſtlichen vorſchreiben lieſſen?
Sagen ſie mir doch, haben ſie nicht heute
fruͤh, als ſie ihr Kopfzeug aufſetzten, bey
ſich berathſchlaget, welches ſie aufſetzen
wollten?
Fr. v. B. Jch bin ſo eitel nicht, Herr Bruder.
Jch verfahre in dergleichen Dingen eben
ſo, als bey meinem Spruchkaͤſtgen.
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