Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

in den allerältesten Zeiten.
mag. Auf diesem Sande des Berges Ararat ists un-
möglich einen festen Tritt zu thun; ja an manchen Orten
musten wir an statt aufzusteigen wieder bis an den halben
Berg zurück gehen, uud um nur einigermassen fortzu-
kommen, uns bald zur rechten bald zur linken wenden.
Trafen wir ja dann und wann einiges Graß an, welches
zu kurz war von Vieh abgefressen zu werden; so ward es
unter unsern Stiefeln so glatt und schlüpfrig als Glas,
daß wir nicht fortkonnten, sondern stille stehen musten.
Den Sand nun zu vermeiden, der uns unerträglich er-
müdete, nahmen wir unsern Weg gerade auf die überein-
ander gethürmte Felsen zu. Wir giengen unter densel-
ben als durch Hölen hinweg, und waren vor allen Unbe-
quemlichkeiten der Witterung bedeckt, die Kälte ausge-
nommen, welche wir sehr empfindlich fühlten, und uns
zur Milderung des Durstes dienete. Wir wurden aber
genöthiget diesen Ort bald zu verlassen, innere Erkältung
zu verhüten, und kamen auf einen sehr beschwerlichen
Weg voller Steine, da wir von einen Stein auf den an-
dern springen musten. Gegen den Mittag kamen wir zu
einer angenehmern Gegend; da es schien, als ob wir den
Schnee sogleich mit den Zähnen erreichen würden. Aber
unsere Freude daurete nicht lange: denn was wir für
Schnee angesehen, war nichts anders als ein Kalkfelß,
der unsern Augen einen Strich Landes verborgen hatte
auf ein paar Stunden Weges, bis zum Schnee, und wo
das Erdreich eine neue Art von Pflaster zu haben schien,
nicht eigentlicher Kieselsteine, sondern kleiner Stücken von
Frost zerbrochener Steine, deren Schärfe aber als der
Kieselsteine schnitt. Wir setzten unsern Weg in guter Ord-
nung fort, und versicherten unsere Wegweiser, daß wir
nicht weiter als bis zum nächst gelegenen Schneehaufen
gehen wollten, der uns nicht dicker als ein Kuchen zu seyn
vorkam; als wir aber hinzukamen, fanden wir, daß er
mehr als dreyßig Schritt im Durchschnitt hatte. Ein

jegli-

in den alleraͤlteſten Zeiten.
mag. Auf dieſem Sande des Berges Ararat iſts un-
moͤglich einen feſten Tritt zu thun; ja an manchen Orten
muſten wir an ſtatt aufzuſteigen wieder bis an den halben
Berg zuruͤck gehen, uud um nur einigermaſſen fortzu-
kommen, uns bald zur rechten bald zur linken wenden.
Trafen wir ja dann und wann einiges Graß an, welches
zu kurz war von Vieh abgefreſſen zu werden; ſo ward es
unter unſern Stiefeln ſo glatt und ſchluͤpfrig als Glas,
daß wir nicht fortkonnten, ſondern ſtille ſtehen muſten.
Den Sand nun zu vermeiden, der uns unertraͤglich er-
muͤdete, nahmen wir unſern Weg gerade auf die uͤberein-
ander gethuͤrmte Felſen zu. Wir giengen unter denſel-
ben als durch Hoͤlen hinweg, und waren vor allen Unbe-
quemlichkeiten der Witterung bedeckt, die Kaͤlte ausge-
nommen, welche wir ſehr empfindlich fuͤhlten, und uns
zur Milderung des Durſtes dienete. Wir wurden aber
genoͤthiget dieſen Ort bald zu verlaſſen, innere Erkaͤltung
zu verhuͤten, und kamen auf einen ſehr beſchwerlichen
Weg voller Steine, da wir von einen Stein auf den an-
dern ſpringen muſten. Gegen den Mittag kamen wir zu
einer angenehmern Gegend; da es ſchien, als ob wir den
Schnee ſogleich mit den Zaͤhnen erreichen wuͤrden. Aber
unſere Freude daurete nicht lange: denn was wir fuͤr
Schnee angeſehen, war nichts anders als ein Kalkfelß,
der unſern Augen einen Strich Landes verborgen hatte
auf ein paar Stunden Weges, bis zum Schnee, und wo
das Erdreich eine neue Art von Pflaſter zu haben ſchien,
nicht eigentlicher Kieſelſteine, ſondern kleiner Stuͤcken von
Froſt zerbrochener Steine, deren Schaͤrfe aber als der
Kieſelſteine ſchnitt. Wir ſetzten unſern Weg in guter Ord-
nung fort, und verſicherten unſere Wegweiſer, daß wir
nicht weiter als bis zum naͤchſt gelegenen Schneehaufen
gehen wollten, der uns nicht dicker als ein Kuchen zu ſeyn
vorkam; als wir aber hinzukamen, fanden wir, daß er
mehr als dreyßig Schritt im Durchſchnitt hatte. Ein

jegli-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0105" n="91"/><fw place="top" type="header">in den allera&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten.</fw><lb/>
mag. Auf die&#x017F;em Sande des Berges <hi rendition="#fr">Ararat</hi> i&#x017F;ts un-<lb/>
mo&#x0364;glich einen fe&#x017F;ten Tritt zu thun; ja an manchen Orten<lb/>
mu&#x017F;ten wir an &#x017F;tatt aufzu&#x017F;teigen wieder bis an den halben<lb/>
Berg zuru&#x0364;ck gehen, uud um nur einigerma&#x017F;&#x017F;en fortzu-<lb/>
kommen, uns bald zur rechten bald zur linken wenden.<lb/>
Trafen wir ja dann und wann einiges Graß an, welches<lb/>
zu kurz war von Vieh abgefre&#x017F;&#x017F;en zu werden; &#x017F;o ward es<lb/>
unter un&#x017F;ern Stiefeln &#x017F;o glatt und &#x017F;chlu&#x0364;pfrig als Glas,<lb/>
daß wir nicht fortkonnten, &#x017F;ondern &#x017F;tille &#x017F;tehen mu&#x017F;ten.<lb/>
Den Sand nun zu vermeiden, der uns unertra&#x0364;glich er-<lb/>
mu&#x0364;dete, nahmen wir un&#x017F;ern Weg gerade auf die u&#x0364;berein-<lb/>
ander gethu&#x0364;rmte Fel&#x017F;en zu. Wir giengen unter den&#x017F;el-<lb/>
ben als durch Ho&#x0364;len hinweg, und waren vor allen Unbe-<lb/>
quemlichkeiten der Witterung bedeckt, die Ka&#x0364;lte ausge-<lb/>
nommen, welche wir &#x017F;ehr empfindlich fu&#x0364;hlten, und uns<lb/>
zur Milderung des Dur&#x017F;tes dienete. Wir wurden aber<lb/>
geno&#x0364;thiget die&#x017F;en Ort bald zu verla&#x017F;&#x017F;en, innere Erka&#x0364;ltung<lb/>
zu verhu&#x0364;ten, und kamen auf einen &#x017F;ehr be&#x017F;chwerlichen<lb/>
Weg voller Steine, da wir von einen Stein auf den an-<lb/>
dern &#x017F;pringen mu&#x017F;ten. Gegen den Mittag kamen wir zu<lb/>
einer angenehmern Gegend; da es &#x017F;chien, als ob wir den<lb/>
Schnee &#x017F;ogleich mit den Za&#x0364;hnen erreichen wu&#x0364;rden. Aber<lb/>
un&#x017F;ere Freude daurete nicht lange: denn was wir fu&#x0364;r<lb/>
Schnee ange&#x017F;ehen, war nichts anders als ein Kalkfelß,<lb/>
der un&#x017F;ern Augen einen Strich Landes verborgen hatte<lb/>
auf ein paar Stunden Weges, bis zum Schnee, und wo<lb/>
das Erdreich eine neue Art von Pfla&#x017F;ter zu haben &#x017F;chien,<lb/>
nicht eigentlicher Kie&#x017F;el&#x017F;teine, &#x017F;ondern kleiner Stu&#x0364;cken von<lb/>
Fro&#x017F;t zerbrochener Steine, deren Scha&#x0364;rfe aber als der<lb/>
Kie&#x017F;el&#x017F;teine &#x017F;chnitt. Wir &#x017F;etzten un&#x017F;ern Weg in guter Ord-<lb/>
nung fort, und ver&#x017F;icherten un&#x017F;ere Wegwei&#x017F;er, daß wir<lb/>
nicht weiter als bis zum na&#x0364;ch&#x017F;t gelegenen Schneehaufen<lb/>
gehen wollten, der uns nicht dicker als ein Kuchen zu &#x017F;eyn<lb/>
vorkam; als wir aber hinzukamen, fanden wir, daß er<lb/>
mehr als dreyßig Schritt im Durch&#x017F;chnitt hatte. Ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">jegli-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0105] in den alleraͤlteſten Zeiten. mag. Auf dieſem Sande des Berges Ararat iſts un- moͤglich einen feſten Tritt zu thun; ja an manchen Orten muſten wir an ſtatt aufzuſteigen wieder bis an den halben Berg zuruͤck gehen, uud um nur einigermaſſen fortzu- kommen, uns bald zur rechten bald zur linken wenden. Trafen wir ja dann und wann einiges Graß an, welches zu kurz war von Vieh abgefreſſen zu werden; ſo ward es unter unſern Stiefeln ſo glatt und ſchluͤpfrig als Glas, daß wir nicht fortkonnten, ſondern ſtille ſtehen muſten. Den Sand nun zu vermeiden, der uns unertraͤglich er- muͤdete, nahmen wir unſern Weg gerade auf die uͤberein- ander gethuͤrmte Felſen zu. Wir giengen unter denſel- ben als durch Hoͤlen hinweg, und waren vor allen Unbe- quemlichkeiten der Witterung bedeckt, die Kaͤlte ausge- nommen, welche wir ſehr empfindlich fuͤhlten, und uns zur Milderung des Durſtes dienete. Wir wurden aber genoͤthiget dieſen Ort bald zu verlaſſen, innere Erkaͤltung zu verhuͤten, und kamen auf einen ſehr beſchwerlichen Weg voller Steine, da wir von einen Stein auf den an- dern ſpringen muſten. Gegen den Mittag kamen wir zu einer angenehmern Gegend; da es ſchien, als ob wir den Schnee ſogleich mit den Zaͤhnen erreichen wuͤrden. Aber unſere Freude daurete nicht lange: denn was wir fuͤr Schnee angeſehen, war nichts anders als ein Kalkfelß, der unſern Augen einen Strich Landes verborgen hatte auf ein paar Stunden Weges, bis zum Schnee, und wo das Erdreich eine neue Art von Pflaſter zu haben ſchien, nicht eigentlicher Kieſelſteine, ſondern kleiner Stuͤcken von Froſt zerbrochener Steine, deren Schaͤrfe aber als der Kieſelſteine ſchnitt. Wir ſetzten unſern Weg in guter Ord- nung fort, und verſicherten unſere Wegweiſer, daß wir nicht weiter als bis zum naͤchſt gelegenen Schneehaufen gehen wollten, der uns nicht dicker als ein Kuchen zu ſeyn vorkam; als wir aber hinzukamen, fanden wir, daß er mehr als dreyßig Schritt im Durchſchnitt hatte. Ein jegli-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/105
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/105>, abgerufen am 17.05.2024.