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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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behren, und nicht zu ersetzen" bezeichnet der preußische Kul-
tusminister in einem Erlaß vom 9. August 1899 den Ein-
fluß, den die Lehrerin vermöge ihrer weiblichen Eigenart in
der Mädchenschule ausübt. Durch die vermehrte Anstellung
von Lehrerinnen, durch ihre Heranziehung zum Unterricht in
oberen Klassen und zu leitenden Stellungen ist in ganz Deutsch-
land einer gleichen Anschauung Ausdruck gegeben. Der nächste
Schritt, diese Erkenntnis in die Praxis umzusetzen, ist die Zu-
lassung der Frauen zur kommunalen Schulverwaltung, denn
erst, wenn ihr Einfluß auch hier zur Geltung kommen kann,
wird er seine volle Wirkung entfalten.

Für die Notwendigkeit der Mitarbeit von Frauen in der
Schulverwaltung lassen sich folgende Gründe anführen:
1. Für die Gestaltung des öffentlichen Unterrichtswesens an
einem Orte ist der Schulvorstand die entscheidende Behörde.
Er verfügt über den ganzen für Schulzwecke gemachten Auf-
wands von seiner Einsicht hängt es ab, ob die geschaffenen
Unterrichtsanstalten nach Zahl und Art dem Bedürfnis ge-
nügen, er übt die der Gemeinde zustehenden Rechte bei der
Besetzung der Lehrerstellen aus. Es liegt in der Natur der
Sache, und die Erfahrung lehrt es, daß die Jnteressen der
Mädchenschulen bei all diesen Entscheidungen leicht zurück-
gesetzt werden.

Die Jnteressen der Mädchenerziehung liegen naturgemäß
Männern ferner, und es bedarf der Mitarbeit der Frauen,
um sie mit vollem Nachdruck zur Geltung zu bringen.

2. Jn kleinen Orten und auf dem Lande fehlt es häufig an
Männern, die den Schulangelegenheiten genügendes Ver-
ständnis entgegenbringen und den Pflichten des Schulvor-
standes genügend Zeit opfern können.

Wenn auch Frauen in die Schulvorstände gewählt wer-

behren, und nicht zu ersetzen“ bezeichnet der preußische Kul-
tusminister in einem Erlaß vom 9. August 1899 den Ein-
fluß, den die Lehrerin vermöge ihrer weiblichen Eigenart in
der Mädchenschule ausübt. Durch die vermehrte Anstellung
von Lehrerinnen, durch ihre Heranziehung zum Unterricht in
oberen Klassen und zu leitenden Stellungen ist in ganz Deutsch-
land einer gleichen Anschauung Ausdruck gegeben. Der nächste
Schritt, diese Erkenntnis in die Praxis umzusetzen, ist die Zu-
lassung der Frauen zur kommunalen Schulverwaltung, denn
erst, wenn ihr Einfluß auch hier zur Geltung kommen kann,
wird er seine volle Wirkung entfalten.

Für die Notwendigkeit der Mitarbeit von Frauen in der
Schulverwaltung lassen sich folgende Gründe anführen:
1. Für die Gestaltung des öffentlichen Unterrichtswesens an
einem Orte ist der Schulvorstand die entscheidende Behörde.
Er verfügt über den ganzen für Schulzwecke gemachten Auf-
wands von seiner Einsicht hängt es ab, ob die geschaffenen
Unterrichtsanstalten nach Zahl und Art dem Bedürfnis ge-
nügen, er übt die der Gemeinde zustehenden Rechte bei der
Besetzung der Lehrerstellen aus. Es liegt in der Natur der
Sache, und die Erfahrung lehrt es, daß die Jnteressen der
Mädchenschulen bei all diesen Entscheidungen leicht zurück-
gesetzt werden.

Die Jnteressen der Mädchenerziehung liegen naturgemäß
Männern ferner, und es bedarf der Mitarbeit der Frauen,
um sie mit vollem Nachdruck zur Geltung zu bringen.

2. Jn kleinen Orten und auf dem Lande fehlt es häufig an
Männern, die den Schulangelegenheiten genügendes Ver-
ständnis entgegenbringen und den Pflichten des Schulvor-
standes genügend Zeit opfern können.

Wenn auch Frauen in die Schulvorstände gewählt wer-

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[60/0070] behren, und nicht zu ersetzen“ bezeichnet der preußische Kul- tusminister in einem Erlaß vom 9. August 1899 den Ein- fluß, den die Lehrerin vermöge ihrer weiblichen Eigenart in der Mädchenschule ausübt. Durch die vermehrte Anstellung von Lehrerinnen, durch ihre Heranziehung zum Unterricht in oberen Klassen und zu leitenden Stellungen ist in ganz Deutsch- land einer gleichen Anschauung Ausdruck gegeben. Der nächste Schritt, diese Erkenntnis in die Praxis umzusetzen, ist die Zu- lassung der Frauen zur kommunalen Schulverwaltung, denn erst, wenn ihr Einfluß auch hier zur Geltung kommen kann, wird er seine volle Wirkung entfalten. Für die Notwendigkeit der Mitarbeit von Frauen in der Schulverwaltung lassen sich folgende Gründe anführen: 1. Für die Gestaltung des öffentlichen Unterrichtswesens an einem Orte ist der Schulvorstand die entscheidende Behörde. Er verfügt über den ganzen für Schulzwecke gemachten Auf- wands von seiner Einsicht hängt es ab, ob die geschaffenen Unterrichtsanstalten nach Zahl und Art dem Bedürfnis ge- nügen, er übt die der Gemeinde zustehenden Rechte bei der Besetzung der Lehrerstellen aus. Es liegt in der Natur der Sache, und die Erfahrung lehrt es, daß die Jnteressen der Mädchenschulen bei all diesen Entscheidungen leicht zurück- gesetzt werden. Die Jnteressen der Mädchenerziehung liegen naturgemäß Männern ferner, und es bedarf der Mitarbeit der Frauen, um sie mit vollem Nachdruck zur Geltung zu bringen. 2. Jn kleinen Orten und auf dem Lande fehlt es häufig an Männern, die den Schulangelegenheiten genügendes Ver- ständnis entgegenbringen und den Pflichten des Schulvor- standes genügend Zeit opfern können. Wenn auch Frauen in die Schulvorstände gewählt wer-

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/70>, abgerufen am 24.11.2024.