Boone und Lord Byron! Und ein Name, der an die Möglichkeit glaubt, zwei solche Namen in sich zu vereinigen! Und dieser Name namenlos auf einem nichtswollenden Newyorker-Rout!
Wie ein Löwe der Wüste streifte er durch die prunkvollen Apparte¬ ments -- die Kronleuchter brannten ihm matt -- die Luft war schwül und entnervend -- seine innere Staffage brandete und blitzte. Die Poesie in ihm lechzte nach Thätigkeit. Glücklich pries er den südlichen Improvisator, der in jedem Momente aus der Menge heraus¬ tritt, Markt, Wiese, Meerstrand zu seinem nie versagenden Schauplatz hat und ein Volk um sich her, das die Begeisterung versteht, wo sie auftritt. Die Gesellschaft sollte das Pathos entweder nie zu erregen wissen, oder in ihren Formen phantasievoll genug sein, ihm Raum zu geben.
In diesem Augenblicke fesselte eine Gruppe seine Aufmerksamkeit, welche auch von der trunkensten Verinnerlichung nicht leicht übersehen worden wäre. Im Fond des nächsten Salons erblickte er die Schaar jener toll costümirten Stutzer wieder, der Dandies on short allowance, wie sie Bennet genannt hatte, denen er außer dem Mo¬ mente ihrer Ankunft nicht weiter begegnet war. Sie standen auf einen Haufen gedrängt, wie Kaninchen, nach dem Volksglauben, um ein Licht sich versammeln, und das Licht war -- ein blonder Mädchen¬ scheitel -- ein Antlitz --.
Moorfeld sah und sah wieder.
Da kam Lord Ormond ihm in den Weg. Er sah Moorfeld's beobachtende Stellung, und indem er der Richtung seiner Blicke folgte, redete er ihn an:
Gut, daß ich Sie finde, Sir. Ich werde Sie jener Dame dort vorstellen müssen. Ich habe es leider veräsumt, als Mistreß Bennet mit Ihren Töchtern zuvor dem Rout die Honneurs gemacht, d. h. nach hiesiger Sitte die Appartements einmal hin und zurückpassirt. Aber wir behandelten eben, ich erinnere mich, das wichtige Thema der Thieremancipation, ich hoffe darum auf Ihre Entschuldigung. Die beiden ältern Schwestern haben sich inzwischen zurückgezogen, -- ich werde mich bei denselben verantworten. Erweisen Sie mir die Ehre, Sie der jüngsten Tochter des Hauses, Miß Cöleste, jetzt zu
Boone und Lord Byron! Und ein Name, der an die Möglichkeit glaubt, zwei ſolche Namen in ſich zu vereinigen! Und dieſer Name namenlos auf einem nichtswollenden Newyorker-Rout!
Wie ein Löwe der Wüſte ſtreifte er durch die prunkvollen Apparte¬ ments — die Kronleuchter brannten ihm matt — die Luft war ſchwül und entnervend — ſeine innere Staffage brandete und blitzte. Die Poeſie in ihm lechzte nach Thätigkeit. Glücklich pries er den ſüdlichen Improviſator, der in jedem Momente aus der Menge heraus¬ tritt, Markt, Wieſe, Meerſtrand zu ſeinem nie verſagenden Schauplatz hat und ein Volk um ſich her, das die Begeiſterung verſteht, wo ſie auftritt. Die Geſellſchaft ſollte das Pathos entweder nie zu erregen wiſſen, oder in ihren Formen phantaſievoll genug ſein, ihm Raum zu geben.
In dieſem Augenblicke feſſelte eine Gruppe ſeine Aufmerkſamkeit, welche auch von der trunkenſten Verinnerlichung nicht leicht überſehen worden wäre. Im Fond des nächſten Salons erblickte er die Schaar jener toll coſtümirten Stutzer wieder, der Dandies on short allowance, wie ſie Bennet genannt hatte, denen er außer dem Mo¬ mente ihrer Ankunft nicht weiter begegnet war. Sie ſtanden auf einen Haufen gedrängt, wie Kaninchen, nach dem Volksglauben, um ein Licht ſich verſammeln, und das Licht war — ein blonder Mädchen¬ ſcheitel — ein Antlitz —.
Moorfeld ſah und ſah wieder.
Da kam Lord Ormond ihm in den Weg. Er ſah Moorfeld's beobachtende Stellung, und indem er der Richtung ſeiner Blicke folgte, redete er ihn an:
Gut, daß ich Sie finde, Sir. Ich werde Sie jener Dame dort vorſtellen müſſen. Ich habe es leider veräſumt, als Miſtreß Bennet mit Ihren Töchtern zuvor dem Rout die Honneurs gemacht, d. h. nach hieſiger Sitte die Appartements einmal hin und zurückpaſſirt. Aber wir behandelten eben, ich erinnere mich, das wichtige Thema der Thieremancipation, ich hoffe darum auf Ihre Entſchuldigung. Die beiden ältern Schweſtern haben ſich inzwiſchen zurückgezogen, — ich werde mich bei denſelben verantworten. Erweiſen Sie mir die Ehre, Sie der jüngſten Tochter des Hauſes, Miß Cöleſte, jetzt zu
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Boone und Lord Byron! Und ein Name, der an die Möglichkeit
glaubt, zwei ſolche Namen in ſich zu vereinigen! Und dieſer Name
namenlos auf einem nichtswollenden Newyorker-Rout!
Wie ein Löwe der Wüſte ſtreifte er durch die prunkvollen Apparte¬
ments — die Kronleuchter brannten ihm matt — die Luft war
ſchwül und entnervend — ſeine innere Staffage brandete und blitzte.
Die Poeſie in ihm lechzte nach Thätigkeit. Glücklich pries er den
ſüdlichen Improviſator, der in jedem Momente aus der Menge heraus¬
tritt, Markt, Wieſe, Meerſtrand zu ſeinem nie verſagenden Schauplatz
hat und ein Volk um ſich her, das die Begeiſterung verſteht, wo ſie
auftritt. Die Geſellſchaft ſollte das Pathos entweder nie zu erregen
wiſſen, oder in ihren Formen phantaſievoll genug ſein, ihm Raum
zu geben.
In dieſem Augenblicke feſſelte eine Gruppe ſeine Aufmerkſamkeit,
welche auch von der trunkenſten Verinnerlichung nicht leicht überſehen
worden wäre. Im Fond des nächſten Salons erblickte er die Schaar
jener toll coſtümirten Stutzer wieder, der Dandies on short
allowance, wie ſie Bennet genannt hatte, denen er außer dem Mo¬
mente ihrer Ankunft nicht weiter begegnet war. Sie ſtanden auf
einen Haufen gedrängt, wie Kaninchen, nach dem Volksglauben, um
ein Licht ſich verſammeln, und das Licht war — ein blonder Mädchen¬
ſcheitel — ein Antlitz —.
Moorfeld ſah und ſah wieder.
Da kam Lord Ormond ihm in den Weg. Er ſah Moorfeld's
beobachtende Stellung, und indem er der Richtung ſeiner Blicke folgte,
redete er ihn an:
Gut, daß ich Sie finde, Sir. Ich werde Sie jener Dame dort
vorſtellen müſſen. Ich habe es leider veräſumt, als Miſtreß Bennet
mit Ihren Töchtern zuvor dem Rout die Honneurs gemacht, d. h.
nach hieſiger Sitte die Appartements einmal hin und zurückpaſſirt.
Aber wir behandelten eben, ich erinnere mich, das wichtige Thema
der Thieremancipation, ich hoffe darum auf Ihre Entſchuldigung.
Die beiden ältern Schweſtern haben ſich inzwiſchen zurückgezogen, —
ich werde mich bei denſelben verantworten. Erweiſen Sie mir die
Ehre, Sie der jüngſten Tochter des Hauſes, Miß Cöleſte, jetzt zu
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/247>, abgerufen am 24.11.2024.
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