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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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bart, -- haben so schwarze grimmige Augen, -- Sie sind ganz ein
anderer Mensch! stotterte der Kaiser in Seelenangst. Die Loafers
waren inzwischen dicht an den Schenktisch getreten und jenes Knaben¬
gesicht, das sich als Sprecher gerirte, hatte sein fahles Köpfchen auf
dem langen spindeldürren Hals bereits in die Höhe geworfen, und mit
allen Zügen einer unwiderstehlichen Frechheit bereits den Mund geöff¬
net, als sein Blick auf Moorfeld fiel. Er stutzte, maß den Fremdling
mißtrauisch von oben bis unten und blickte zweifelhaft auf seine Ka¬
meraden zurück. Dann wendete er sich an den Wirth, indem seine
ganze Haltung verrieth, daß er sein mitgebrachtes Concept einiger
Maßen abänderte, und fragte mit einem dünnen Stimmchen, das aus
aristokratischer Affectation äußerst leidenschaftslos klang: Haben Sie
sich entschlossen, die Ordre der Compagnie zu erfüllen? -- Nein! rief
Vronele statt ihres Vaters und stampfte trotzig mit dem Fuße. Der
Bube warf seine ausgelöschten Augen auf das wackere Schwaben¬
mädchen, und gab sich offenbar die ohnmächtige Mühe, eine Begierde
zu empfinden. Es ist gut, sagte er sanft, wir werden ein Glas Mint¬
juleb nehmen. Die Loafers schwenkten hierauf von der Schenkbude ab,
wobei sie Mann für Mann ihre verdächtigen Blicke auf Moorfeld wie¬
derholten, dann setzten sie sich still an einen Tisch. Bleiben Sie hier!
bat der deutsche Kaiser noch einmal.

Moorfeld begriff von Alledem nichts. Mechanisch nahm er den
Loafers gegenüber Platz, welche fortfuhren ihn zu fixiren. Er saß auf
Nadeln. Seine Gedanken waren bei Benthal. Was er gehört oder
nicht gehört, erfüllte ihn mit einem dumpfen, unbestimmten Kummer.
Die Brust war ihm zum Zerspringen voll von Unglücksgedanken. Die
Loafers zischelten indeß berathend hin und her, während sie mit ihren
Schnitzmessern eifrig die Stühle unter sich bearbeiteten. Einmal hörte
sie Moorfeld im schlechten Französisch sagen: Der Gaul sieht verflucht
widermäulig, und was die Hauptsache ist, so ein Kerl wird einer ganzen
Schafheerde zum Anführer -- wobei sie verächtlich auf die friedsamen
Deutschen um sich wiesen. Hierauf zog Einer von ihnen seinen Re¬
volver und fing bedeutsam damit zu spielen an, indem er verstohlen
aber scharf nach Moorfeld hinüberschielte. Moorfeld zog ein paar
Sackpistolen -- schon längst seine ständigen Begleiter in Amerika --
und begehrte von des Wirthes Vronele ein ledernes Läppchen, um sie

bart, — haben ſo ſchwarze grimmige Augen, — Sie ſind ganz ein
anderer Menſch! ſtotterte der Kaiſer in Seelenangſt. Die Loafers
waren inzwiſchen dicht an den Schenktiſch getreten und jenes Knaben¬
geſicht, das ſich als Sprecher gerirte, hatte ſein fahles Köpfchen auf
dem langen ſpindeldürren Hals bereits in die Höhe geworfen, und mit
allen Zügen einer unwiderſtehlichen Frechheit bereits den Mund geöff¬
net, als ſein Blick auf Moorfeld fiel. Er ſtutzte, maß den Fremdling
mißtrauiſch von oben bis unten und blickte zweifelhaft auf ſeine Ka¬
meraden zurück. Dann wendete er ſich an den Wirth, indem ſeine
ganze Haltung verrieth, daß er ſein mitgebrachtes Concept einiger
Maßen abänderte, und fragte mit einem dünnen Stimmchen, das aus
ariſtokratiſcher Affectation äußerſt leidenſchaftslos klang: Haben Sie
ſich entſchloſſen, die Ordre der Compagnie zu erfüllen? — Nein! rief
Vronele ſtatt ihres Vaters und ſtampfte trotzig mit dem Fuße. Der
Bube warf ſeine ausgelöſchten Augen auf das wackere Schwaben¬
mädchen, und gab ſich offenbar die ohnmächtige Mühe, eine Begierde
zu empfinden. Es iſt gut, ſagte er ſanft, wir werden ein Glas Mint¬
juleb nehmen. Die Loafers ſchwenkten hierauf von der Schenkbude ab,
wobei ſie Mann für Mann ihre verdächtigen Blicke auf Moorfeld wie¬
derholten, dann ſetzten ſie ſich ſtill an einen Tiſch. Bleiben Sie hier!
bat der deutſche Kaiſer noch einmal.

Moorfeld begriff von Alledem nichts. Mechaniſch nahm er den
Loafers gegenüber Platz, welche fortfuhren ihn zu fixiren. Er ſaß auf
Nadeln. Seine Gedanken waren bei Benthal. Was er gehört oder
nicht gehört, erfüllte ihn mit einem dumpfen, unbeſtimmten Kummer.
Die Bruſt war ihm zum Zerſpringen voll von Unglücksgedanken. Die
Loafers ziſchelten indeß berathend hin und her, während ſie mit ihren
Schnitzmeſſern eifrig die Stühle unter ſich bearbeiteten. Einmal hörte
ſie Moorfeld im ſchlechten Franzöſiſch ſagen: Der Gaul ſieht verflucht
widermäulig, und was die Hauptſache iſt, ſo ein Kerl wird einer ganzen
Schafheerde zum Anführer — wobei ſie verächtlich auf die friedſamen
Deutſchen um ſich wieſen. Hierauf zog Einer von ihnen ſeinen Re¬
volver und fing bedeutſam damit zu ſpielen an, indem er verſtohlen
aber ſcharf nach Moorfeld hinüberſchielte. Moorfeld zog ein paar
Sackpiſtolen — ſchon längſt ſeine ſtändigen Begleiter in Amerika —
und begehrte von des Wirthes Vronele ein ledernes Läppchen, um ſie

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[452/0470] bart, — haben ſo ſchwarze grimmige Augen, — Sie ſind ganz ein anderer Menſch! ſtotterte der Kaiſer in Seelenangſt. Die Loafers waren inzwiſchen dicht an den Schenktiſch getreten und jenes Knaben¬ geſicht, das ſich als Sprecher gerirte, hatte ſein fahles Köpfchen auf dem langen ſpindeldürren Hals bereits in die Höhe geworfen, und mit allen Zügen einer unwiderſtehlichen Frechheit bereits den Mund geöff¬ net, als ſein Blick auf Moorfeld fiel. Er ſtutzte, maß den Fremdling mißtrauiſch von oben bis unten und blickte zweifelhaft auf ſeine Ka¬ meraden zurück. Dann wendete er ſich an den Wirth, indem ſeine ganze Haltung verrieth, daß er ſein mitgebrachtes Concept einiger Maßen abänderte, und fragte mit einem dünnen Stimmchen, das aus ariſtokratiſcher Affectation äußerſt leidenſchaftslos klang: Haben Sie ſich entſchloſſen, die Ordre der Compagnie zu erfüllen? — Nein! rief Vronele ſtatt ihres Vaters und ſtampfte trotzig mit dem Fuße. Der Bube warf ſeine ausgelöſchten Augen auf das wackere Schwaben¬ mädchen, und gab ſich offenbar die ohnmächtige Mühe, eine Begierde zu empfinden. Es iſt gut, ſagte er ſanft, wir werden ein Glas Mint¬ juleb nehmen. Die Loafers ſchwenkten hierauf von der Schenkbude ab, wobei ſie Mann für Mann ihre verdächtigen Blicke auf Moorfeld wie¬ derholten, dann ſetzten ſie ſich ſtill an einen Tiſch. Bleiben Sie hier! bat der deutſche Kaiſer noch einmal. Moorfeld begriff von Alledem nichts. Mechaniſch nahm er den Loafers gegenüber Platz, welche fortfuhren ihn zu fixiren. Er ſaß auf Nadeln. Seine Gedanken waren bei Benthal. Was er gehört oder nicht gehört, erfüllte ihn mit einem dumpfen, unbeſtimmten Kummer. Die Bruſt war ihm zum Zerſpringen voll von Unglücksgedanken. Die Loafers ziſchelten indeß berathend hin und her, während ſie mit ihren Schnitzmeſſern eifrig die Stühle unter ſich bearbeiteten. Einmal hörte ſie Moorfeld im ſchlechten Franzöſiſch ſagen: Der Gaul ſieht verflucht widermäulig, und was die Hauptſache iſt, ſo ein Kerl wird einer ganzen Schafheerde zum Anführer — wobei ſie verächtlich auf die friedſamen Deutſchen um ſich wieſen. Hierauf zog Einer von ihnen ſeinen Re¬ volver und fing bedeutſam damit zu ſpielen an, indem er verſtohlen aber ſcharf nach Moorfeld hinüberſchielte. Moorfeld zog ein paar Sackpiſtolen — ſchon längſt ſeine ſtändigen Begleiter in Amerika — und begehrte von des Wirthes Vronele ein ledernes Läppchen, um ſie

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/470>, abgerufen am 22.11.2024.