Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.

Bild:
<< vorherige Seite
J. Kunckels Anmerckungen über das 7. B.
Jm 108. und 109. Capitel

DJe Lacc-Farben betrifft/ habe ich allbereit vor vie-
len Jahren/ ehe ich noch etwas vom Neri gewust/ mich
zum öfftern darinnen geübet und delectiret: Unter
andern hat man hier bey dergleichen Intention und Opera-
tion
auch dieses in Obacht zu nehmen; Nemlich: wann man
itzt die Blumen in der Laugen ein wenig gekocht/ und alsobald/
nachdem dieselbe abgegossen/ auff das Hinterstellige wieder
frische Laugen giesset/ und nach abermahliger gelinden Ko-
chung solches zum drittenmahl oder so lange als sich noch eine
Farbe extrahirt/ wiederholet/ hernach einen ieden Extract mit
allem praecipitirt oder niederschlägt/ so giebt ein ieder Extract o-
der Praecipitation eine andere und sonderliche Lacca, welches
denn den Blumen-Mahlern zu ihren Schattirungen sehr nö-
thig und nützlich/ dienlich und angenehm ist. Doch ist dieses nicht
von allen Kräutern und Blumen zu verstehen/ weiln etliche
gar sehr zart von Farben/ und dahero deren sehr viel auf wenig
Lauge muß genommen werden; bey etlichen aber braucht man
wenig Kraut zu viel Lauge: das rechte Mittel aber hierinnen
zu treffen/ muß alleine durch die Ubung oder Erfahrung ge-
lernet und ergründet werden. Es kan aber alles dieses gar
füglich mit einer reinen Lauge allein von unser teutschen
Pott-Asche vollbracht oder verrichtet werden. Herr Fried.
Geißler hat in seiner Version also gesetzt und rommentirt: Du
solt dir zubereiten eine nicht allzu starcke/ iedoch aber auch
scharff-genugsame Laugen/ aus der Soda die die Glasma-
cher gebrauchen (sonst Poth- oder Weid-Asche genannt) etc.
Jch muß mich aber/ mein lieber Hr. Geißler/ hier nicht wenig
verwundern/ daß ein solcher scharffsinniger Commentator
und Ausleger Philosophischer und Chymischer Schrifften/ als
ihr bey euch selber seyd/ doch noch in dieser Einfalt stecket/ daß
ihr nicht einst die Pott- und Weyd-Asche (von der Soda will

ich
J. Kunckels Anmerckungen uͤber das 7. B.
Jm 108. und 109. Capitel

DJe Lacc-Farben betrifft/ habe ich allbereit vor vie-
len Jahren/ ehe ich noch etwas vom Neri gewuſt/ mich
zum oͤfftern darinnen geuͤbet und delectiret: Unter
andern hat man hier bey dergleichen Intention und Opera-
tion
auch dieſes in Obacht zu nehmen; Nemlich: wann man
itzt die Blumen in der Laugen ein wenig gekocht/ und alſobald/
nachdem dieſelbe abgegoſſen/ auff das Hinterſtellige wieder
friſche Laugen gieſſet/ und nach abermahliger gelinden Ko-
chung ſolches zum drittenmahl oder ſo lange als ſich noch eine
Farbe extrahirt/ wiederholet/ hernach einen ieden Extract mit
allem præcipitirt oder niederſchlaͤgt/ ſo giebt ein ieder Extract o-
der Præcipitation eine andere und ſonderliche Lacca, welches
deñ den Blumen-Mahlern zu ihren Schattirungen ſehr noͤ-
thig uñ nuͤtzlich/ dienlich uñ angenehm iſt. Doch iſt dieſes nicht
von allen Kraͤutern und Blumen zu verſtehen/ weiln etliche
gar ſehr zart von Farbẽ/ und dahero deren ſehr viel auf wenig
Lauge muß genom̃en weꝛden; bey etlichen aber braucht man
wenig Kraut zu viel Lauge: das rechte Mittel aber hierinnen
zu treffen/ muß alleine durch die Ubung oder Erfahrung ge-
lernet und ergruͤndet werden. Es kan aber alles dieſes gar
fuͤglich mit einer reinen Lauge allein von unſer teutſchen
Pott-Aſche vollbracht oder verrichtet werden. Herr Fried.
Geißler hat in ſeiner Verſion alſo geſetzt und rommentirt: Du
ſolt dir zubereiten eine nicht allzu ſtarcke/ iedoch aber auch
ſcharff-genugſame Laugen/ aus der Soda die die Glasma-
cher gebrauchen (ſonſt Poth- oder Weid-Aſche genannt) ꝛc.
Jch muß mich aber/ mein lieber Hr. Geißler/ hier nicht wenig
verwundern/ daß ein ſolcher ſcharffſinniger Commentator
und Ausleger Philoſophiſcher un̄ Chymiſcher Schrifften/ als
ihr bey euch ſelber ſeyd/ doch noch in dieſer Einfalt ſtecket/ daß
ihr nicht einſt die Pott- und Weyd-Aſche (von der Soda will

ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0212" n="174"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">J. Kunckels Anmerckungen u&#x0364;ber das 7. B.</hi> </fw><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Jm 108. und 109. Capitel</hi> </head><lb/>
              <p><hi rendition="#in">D</hi>Je <hi rendition="#aq">Lacc</hi>-Farben betrifft/ habe ich allbereit vor vie-<lb/>
len Jahren/ ehe ich noch etwas vom <hi rendition="#aq">Neri</hi> gewu&#x017F;t/ mich<lb/>
zum o&#x0364;fftern darinnen geu&#x0364;bet und <hi rendition="#aq">delecti</hi>ret: Unter<lb/>
andern hat man hier bey dergleichen <hi rendition="#aq">Intention</hi> und <hi rendition="#aq">Opera-<lb/>
tion</hi> auch die&#x017F;es in Obacht zu nehmen; Nemlich: wann man<lb/>
itzt die Blumen in der Laugen ein wenig gekocht/ und al&#x017F;obald/<lb/>
nachdem die&#x017F;elbe abgego&#x017F;&#x017F;en/ auff das Hinter&#x017F;tellige wieder<lb/>
fri&#x017F;che Laugen gie&#x017F;&#x017F;et/ und nach abermahliger gelinden Ko-<lb/>
chung &#x017F;olches zum drittenmahl oder &#x017F;o lange als &#x017F;ich noch eine<lb/>
Farbe <hi rendition="#aq">extrahi</hi>rt/ wiederholet/ hernach einen ieden <hi rendition="#aq">Extract</hi> mit<lb/>
allem <hi rendition="#aq">præcipitirt</hi> oder nieder&#x017F;chla&#x0364;gt/ &#x017F;o giebt ein ieder <hi rendition="#aq">Extract</hi> o-<lb/>
der <hi rendition="#aq">Præcipitation</hi> eine andere und &#x017F;onderliche <hi rendition="#aq">Lacca,</hi> welches<lb/>
den&#x0303; den Blumen-Mahlern zu ihren Schattirungen &#x017F;ehr no&#x0364;-<lb/>
thig un&#x0303; nu&#x0364;tzlich/ dienlich un&#x0303; angenehm i&#x017F;t. Doch i&#x017F;t die&#x017F;es nicht<lb/>
von allen Kra&#x0364;utern und Blumen zu ver&#x017F;tehen/ weiln etliche<lb/>
gar &#x017F;ehr zart von Farbe&#x0303;/ und dahero deren &#x017F;ehr viel auf wenig<lb/>
Lauge muß genom&#x0303;en we&#xA75B;den; bey etlichen aber braucht man<lb/>
wenig Kraut zu viel Lauge: das rechte Mittel aber hierinnen<lb/>
zu treffen/ muß alleine durch die Ubung oder Erfahrung ge-<lb/>
lernet und ergru&#x0364;ndet werden. Es kan aber alles die&#x017F;es gar<lb/>
fu&#x0364;glich mit einer reinen Lauge allein von un&#x017F;er teut&#x017F;chen<lb/>
Pott-A&#x017F;che vollbracht oder verrichtet werden. Herr Fried.<lb/>
Geißler hat in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Ver&#x017F;ion</hi> al&#x017F;o ge&#x017F;etzt und rommentirt: Du<lb/>
&#x017F;olt dir zubereiten eine nicht allzu &#x017F;tarcke/ iedoch aber auch<lb/>
&#x017F;charff-genug&#x017F;ame Laugen/ aus der Soda die die Glasma-<lb/>
cher gebrauchen (&#x017F;on&#x017F;t Poth- oder Weid-A&#x017F;che genannt) &#xA75B;c.<lb/>
Jch muß mich aber/ mein lieber Hr. Geißler/ hier nicht wenig<lb/>
verwundern/ daß ein &#x017F;olcher &#x017F;charff&#x017F;inniger <hi rendition="#aq">Commentator</hi><lb/>
und Ausleger Philo&#x017F;ophi&#x017F;cher un&#x0304; Chymi&#x017F;cher Schrifften/ als<lb/>
ihr bey euch &#x017F;elber &#x017F;eyd/ doch noch in die&#x017F;er Einfalt &#x017F;tecket/ daß<lb/>
ihr nicht ein&#x017F;t die Pott- und Weyd-A&#x017F;che (von der Soda will<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0212] J. Kunckels Anmerckungen uͤber das 7. B. Jm 108. und 109. Capitel DJe Lacc-Farben betrifft/ habe ich allbereit vor vie- len Jahren/ ehe ich noch etwas vom Neri gewuſt/ mich zum oͤfftern darinnen geuͤbet und delectiret: Unter andern hat man hier bey dergleichen Intention und Opera- tion auch dieſes in Obacht zu nehmen; Nemlich: wann man itzt die Blumen in der Laugen ein wenig gekocht/ und alſobald/ nachdem dieſelbe abgegoſſen/ auff das Hinterſtellige wieder friſche Laugen gieſſet/ und nach abermahliger gelinden Ko- chung ſolches zum drittenmahl oder ſo lange als ſich noch eine Farbe extrahirt/ wiederholet/ hernach einen ieden Extract mit allem præcipitirt oder niederſchlaͤgt/ ſo giebt ein ieder Extract o- der Præcipitation eine andere und ſonderliche Lacca, welches deñ den Blumen-Mahlern zu ihren Schattirungen ſehr noͤ- thig uñ nuͤtzlich/ dienlich uñ angenehm iſt. Doch iſt dieſes nicht von allen Kraͤutern und Blumen zu verſtehen/ weiln etliche gar ſehr zart von Farbẽ/ und dahero deren ſehr viel auf wenig Lauge muß genom̃en weꝛden; bey etlichen aber braucht man wenig Kraut zu viel Lauge: das rechte Mittel aber hierinnen zu treffen/ muß alleine durch die Ubung oder Erfahrung ge- lernet und ergruͤndet werden. Es kan aber alles dieſes gar fuͤglich mit einer reinen Lauge allein von unſer teutſchen Pott-Aſche vollbracht oder verrichtet werden. Herr Fried. Geißler hat in ſeiner Verſion alſo geſetzt und rommentirt: Du ſolt dir zubereiten eine nicht allzu ſtarcke/ iedoch aber auch ſcharff-genugſame Laugen/ aus der Soda die die Glasma- cher gebrauchen (ſonſt Poth- oder Weid-Aſche genannt) ꝛc. Jch muß mich aber/ mein lieber Hr. Geißler/ hier nicht wenig verwundern/ daß ein ſolcher ſcharffſinniger Commentator und Ausleger Philoſophiſcher un̄ Chymiſcher Schrifften/ als ihr bey euch ſelber ſeyd/ doch noch in dieſer Einfalt ſtecket/ daß ihr nicht einſt die Pott- und Weyd-Aſche (von der Soda will ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/212
Zitationshilfe: Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/212>, abgerufen am 28.11.2024.