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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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aber so langsam, daß er jeden Augenblick zurückgerufen werden konnte,
nach der Thüre zurückzog.

Gelassen? aus gutem Willen gelassen? sagte der Amtmann stutzend.
Was ist denn das?

Der Mann zuckte die Achseln verlegen lächelnd und blieb an der
Thüre stehen.

Der Amtmann sah den Gefangenen scharf an. Ich hab's ihm
von meinem Mütterlichen zurück versprochen, sagte dieser.

Halt! rief der Amtmann. Er bleibt da! Bring' Er Seine Sache
vor! Ich muß wissen wie es sich damit verhält.

Ich will's selber sagen, nahm der Gefangene das Wort. Ich hab'
ja gleich mit 'rausrücken wollen, sobald ich meinen Vetter gesehen
hab'. Also, wie sich's um das Strafgeld für meine Christine gehan¬
delt hat, und der Herr Amtmann hat mir die Höll' heiß gemacht und
all die Unehr' und Schmach fürgestellt, die über sie hätt' ergehen
sollen, da hab' ich nicht gewußt wo hinaus und wo hinein, und weil
der Herr Amtmann mit dem Geld sehr pressirt hat, so bin ich noch
in der nämlichen Nacht gen Hattenhofen gesprungen und hab' bei mei¬
nem Vetter da einen Besuch gemacht.

Und ist der Vetter bei dem Besuch auch selbst zugegen gewesen?
fragte der Amtmann, immer aufmerksamer werdend, den Vetter von
Hattenhofen.

Neinle, neinle, Herr Amtmann, ich bin nicht dabei gewesen, ant¬
wortete dieser mit seinem verlegenen Lächeln.

Das ist aber ein Galgenvogel! schrie der Richter auf. Also noch
so ein Stück! Wenn man dem die Schublad' aufmacht, so springen
lauter Einbrüch' 'raus!

Still! befahl der Amtmann. Kann Er behaupten, daß Sein
Vetter Ihn eingeladen oder aufgenommen habe, und was hat Er bei
Nacht in dem fremden Haus gethan?

Es ist mir kein fremdes Haus gewesen, Herr Amtmann, sagte der
Gefangene, und wenn mich auch mein Vetter selbigsmal nicht hat ein¬
laden können, weil er just zu der Zeit geschlafen hat, so hab' ich doch
von früher gewußt, daß er sein Haus nicht vor mir verschließt.

Ja freile, freile! sagte der Mann von Hattenhofen eifrig bekräf¬

aber ſo langſam, daß er jeden Augenblick zurückgerufen werden konnte,
nach der Thüre zurückzog.

Gelaſſen? aus gutem Willen gelaſſen? ſagte der Amtmann ſtutzend.
Was iſt denn das?

Der Mann zuckte die Achſeln verlegen lächelnd und blieb an der
Thüre ſtehen.

Der Amtmann ſah den Gefangenen ſcharf an. Ich hab's ihm
von meinem Mütterlichen zurück verſprochen, ſagte dieſer.

Halt! rief der Amtmann. Er bleibt da! Bring' Er Seine Sache
vor! Ich muß wiſſen wie es ſich damit verhält.

Ich will's ſelber ſagen, nahm der Gefangene das Wort. Ich hab'
ja gleich mit 'rausrücken wollen, ſobald ich meinen Vetter geſehen
hab'. Alſo, wie ſich's um das Strafgeld für meine Chriſtine gehan¬
delt hat, und der Herr Amtmann hat mir die Höll' heiß gemacht und
all die Unehr' und Schmach fürgeſtellt, die über ſie hätt' ergehen
ſollen, da hab' ich nicht gewußt wo hinaus und wo hinein, und weil
der Herr Amtmann mit dem Geld ſehr preſſirt hat, ſo bin ich noch
in der nämlichen Nacht gen Hattenhofen geſprungen und hab' bei mei¬
nem Vetter da einen Beſuch gemacht.

Und iſt der Vetter bei dem Beſuch auch ſelbſt zugegen geweſen?
fragte der Amtmann, immer aufmerkſamer werdend, den Vetter von
Hattenhofen.

Neinle, neinle, Herr Amtmann, ich bin nicht dabei geweſen, ant¬
wortete dieſer mit ſeinem verlegenen Lächeln.

Das iſt aber ein Galgenvogel! ſchrie der Richter auf. Alſo noch
ſo ein Stück! Wenn man dem die Schublad' aufmacht, ſo ſpringen
lauter Einbrüch' 'raus!

Still! befahl der Amtmann. Kann Er behaupten, daß Sein
Vetter Ihn eingeladen oder aufgenommen habe, und was hat Er bei
Nacht in dem fremden Haus gethan?

Es iſt mir kein fremdes Haus geweſen, Herr Amtmann, ſagte der
Gefangene, und wenn mich auch mein Vetter ſelbigsmal nicht hat ein¬
laden können, weil er juſt zu der Zeit geſchlafen hat, ſo hab' ich doch
von früher gewußt, daß er ſein Haus nicht vor mir verſchließt.

Ja freile, freile! ſagte der Mann von Hattenhofen eifrig bekräf¬

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[277/0293] aber ſo langſam, daß er jeden Augenblick zurückgerufen werden konnte, nach der Thüre zurückzog. Gelaſſen? aus gutem Willen gelaſſen? ſagte der Amtmann ſtutzend. Was iſt denn das? Der Mann zuckte die Achſeln verlegen lächelnd und blieb an der Thüre ſtehen. Der Amtmann ſah den Gefangenen ſcharf an. Ich hab's ihm von meinem Mütterlichen zurück verſprochen, ſagte dieſer. Halt! rief der Amtmann. Er bleibt da! Bring' Er Seine Sache vor! Ich muß wiſſen wie es ſich damit verhält. Ich will's ſelber ſagen, nahm der Gefangene das Wort. Ich hab' ja gleich mit 'rausrücken wollen, ſobald ich meinen Vetter geſehen hab'. Alſo, wie ſich's um das Strafgeld für meine Chriſtine gehan¬ delt hat, und der Herr Amtmann hat mir die Höll' heiß gemacht und all die Unehr' und Schmach fürgeſtellt, die über ſie hätt' ergehen ſollen, da hab' ich nicht gewußt wo hinaus und wo hinein, und weil der Herr Amtmann mit dem Geld ſehr preſſirt hat, ſo bin ich noch in der nämlichen Nacht gen Hattenhofen geſprungen und hab' bei mei¬ nem Vetter da einen Beſuch gemacht. Und iſt der Vetter bei dem Beſuch auch ſelbſt zugegen geweſen? fragte der Amtmann, immer aufmerkſamer werdend, den Vetter von Hattenhofen. Neinle, neinle, Herr Amtmann, ich bin nicht dabei geweſen, ant¬ wortete dieſer mit ſeinem verlegenen Lächeln. Das iſt aber ein Galgenvogel! ſchrie der Richter auf. Alſo noch ſo ein Stück! Wenn man dem die Schublad' aufmacht, ſo ſpringen lauter Einbrüch' 'raus! Still! befahl der Amtmann. Kann Er behaupten, daß Sein Vetter Ihn eingeladen oder aufgenommen habe, und was hat Er bei Nacht in dem fremden Haus gethan? Es iſt mir kein fremdes Haus geweſen, Herr Amtmann, ſagte der Gefangene, und wenn mich auch mein Vetter ſelbigsmal nicht hat ein¬ laden können, weil er juſt zu der Zeit geſchlafen hat, ſo hab' ich doch von früher gewußt, daß er ſein Haus nicht vor mir verſchließt. Ja freile, freile! ſagte der Mann von Hattenhofen eifrig bekräf¬

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/293>, abgerufen am 21.11.2024.