Geld und Geldswerth ist mir's weniger zu thun gewesen, als um dem hartherzigen Pfaffen zu zeigen, daß ich mehr kann als er, und daß er keine Stunde in seinem eigenen Haus sicher ist, wenn ich's nicht haben will. Er mag seine Thüren und Läden so fest verschließen, als er will, Angst soll er vor mir haben, so lang er lebt, und wenn's mich einmal gelüstet, so schieß' ich ihn von seiner Kanzel 'runter, wie den Vogel vom Ast. Ich hab' ihm noch ein paar Hostien mitgenommen, bloß um ihm zu zeigen, was ich auf sein Handwerk halte, wenn's Ei¬ ner um des bloßen Gewinns willen treibt.
Ich weiß ja wohl, sagte sie, immer ihn zu besänftigen bemüht, daß das Alles ist, was man dir aus der ganzen traurigen Zeit vor¬ werfen kann. Du hast leben müssen, wie der Vogel auf'm Zweig, nur mit dem Unterschied, daß der Vogel leicht sein Futter findet, und ich möcht' wohl auch sehen, wie Viel' sich in so einer Lag' ehrlich durch¬ schlügen, ohne sich am Eigenthum des Nächsten zu vergreifen. Denn das bisle Gewildschießen mit dem Krämerchristle kann dir kein Mensch als ein Verbrechen andichten, und 's ist ja auch nicht 'rauskommen. Der einzig' Streich mit dem Pfarrer hat dir den Hals brochen. Aber daß mein Bruder dabei gegen dich mitgeholfen haben soll, das will mir nicht ein. So viel denkt mir allerdings noch, daß er dazumal just in Ebersbach gewesen ist. Weißt, er hat sich ja gleich vom Zuchthaus aus unter's Militär anwerben lassen und ist nicht mehr heimkommen, bis unser Vater ge¬ storben ist -- ach Gott, wenn ich an den Tag denk'! -- und vor drei Jahr', um die Zeit wo man dich gesetzt hat, ist er wieder im Urlaub dagewesen.
Komm, sagte er, du wirst doch nicht im Freien über Nacht blei¬ ben wollen. Ich weiß auf unsrem Weg einen kleinen Weiler, wo wir sicher sein werden. Wenn die Leut' noch auf sind, so müssen sie uns ein Nachtquartier geben, wir sind ja Mann und Weib, und wenn sie schlafen, so weiß ich auch zu helfen.
Sie verließen die harte, unebene Straße und schlugen einen ge¬ mächlichen Waldpfad ein, auf welchem sie in der bisherigen Weise sich umschlingend neben einander gehen konnten. -- Wie mein Vater am andern Morgen dem Pfarrer seine Sachen wieder geschickt hat, fuhr er fort, da hab' ich gleich gemerkt, daß Mohren ist -- ja so, das lautet böhmisch für dich -- ich will eben sagen, ich hab' gemerkt, daß
Geld und Geldswerth iſt mir's weniger zu thun geweſen, als um dem hartherzigen Pfaffen zu zeigen, daß ich mehr kann als er, und daß er keine Stunde in ſeinem eigenen Haus ſicher iſt, wenn ich's nicht haben will. Er mag ſeine Thüren und Läden ſo feſt verſchließen, als er will, Angſt ſoll er vor mir haben, ſo lang er lebt, und wenn's mich einmal gelüſtet, ſo ſchieß' ich ihn von ſeiner Kanzel 'runter, wie den Vogel vom Aſt. Ich hab' ihm noch ein paar Hoſtien mitgenommen, bloß um ihm zu zeigen, was ich auf ſein Handwerk halte, wenn's Ei¬ ner um des bloßen Gewinns willen treibt.
Ich weiß ja wohl, ſagte ſie, immer ihn zu beſänftigen bemüht, daß das Alles iſt, was man dir aus der ganzen traurigen Zeit vor¬ werfen kann. Du haſt leben müſſen, wie der Vogel auf'm Zweig, nur mit dem Unterſchied, daß der Vogel leicht ſein Futter findet, und ich möcht' wohl auch ſehen, wie Viel' ſich in ſo einer Lag' ehrlich durch¬ ſchlügen, ohne ſich am Eigenthum des Nächſten zu vergreifen. Denn das bisle Gewildſchießen mit dem Krämerchriſtle kann dir kein Menſch als ein Verbrechen andichten, und 's iſt ja auch nicht 'rauskommen. Der einzig' Streich mit dem Pfarrer hat dir den Hals brochen. Aber daß mein Bruder dabei gegen dich mitgeholfen haben ſoll, das will mir nicht ein. So viel denkt mir allerdings noch, daß er dazumal juſt in Ebersbach geweſen iſt. Weißt, er hat ſich ja gleich vom Zuchthaus aus unter's Militär anwerben laſſen und iſt nicht mehr heimkommen, bis unſer Vater ge¬ ſtorben iſt — ach Gott, wenn ich an den Tag denk'! — und vor drei Jahr', um die Zeit wo man dich geſetzt hat, iſt er wieder im Urlaub dageweſen.
Komm, ſagte er, du wirſt doch nicht im Freien über Nacht blei¬ ben wollen. Ich weiß auf unſrem Weg einen kleinen Weiler, wo wir ſicher ſein werden. Wenn die Leut' noch auf ſind, ſo müſſen ſie uns ein Nachtquartier geben, wir ſind ja Mann und Weib, und wenn ſie ſchlafen, ſo weiß ich auch zu helfen.
Sie verließen die harte, unebene Straße und ſchlugen einen ge¬ mächlichen Waldpfad ein, auf welchem ſie in der bisherigen Weiſe ſich umſchlingend neben einander gehen konnten. — Wie mein Vater am andern Morgen dem Pfarrer ſeine Sachen wieder geſchickt hat, fuhr er fort, da hab' ich gleich gemerkt, daß Mohren iſt — ja ſo, das lautet böhmiſch für dich — ich will eben ſagen, ich hab' gemerkt, daß
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0310"n="294"/>
Geld und Geldswerth iſt mir's weniger zu thun geweſen, als um dem<lb/>
hartherzigen Pfaffen zu zeigen, daß ich mehr kann als er, und daß er<lb/>
keine Stunde in ſeinem eigenen Haus ſicher iſt, wenn ich's nicht haben<lb/>
will. Er mag ſeine Thüren und Läden ſo feſt verſchließen, als er<lb/>
will, Angſt ſoll er vor mir haben, ſo lang er lebt, und wenn's mich<lb/>
einmal gelüſtet, ſo ſchieß' ich ihn von ſeiner Kanzel 'runter, wie den<lb/>
Vogel vom Aſt. Ich hab' ihm noch ein paar Hoſtien mitgenommen,<lb/>
bloß um ihm zu zeigen, was ich auf ſein Handwerk halte, wenn's Ei¬<lb/>
ner um des bloßen Gewinns willen treibt.</p><lb/><p>Ich weiß ja wohl, ſagte ſie, immer ihn zu beſänftigen bemüht,<lb/>
daß das Alles iſt, was man dir aus der ganzen traurigen Zeit vor¬<lb/>
werfen kann. Du haſt leben müſſen, wie der Vogel auf'm Zweig,<lb/>
nur mit dem Unterſchied, daß der Vogel leicht ſein Futter findet, und<lb/>
ich möcht' wohl auch ſehen, wie Viel' ſich in ſo einer Lag' ehrlich durch¬<lb/>ſchlügen, ohne ſich am Eigenthum des Nächſten zu vergreifen. Denn das<lb/>
bisle Gewildſchießen mit dem Krämerchriſtle kann dir kein Menſch als ein<lb/>
Verbrechen andichten, und 's iſt ja auch nicht 'rauskommen. Der einzig'<lb/>
Streich mit dem Pfarrer hat dir den Hals brochen. Aber daß mein Bruder<lb/>
dabei gegen dich mitgeholfen haben ſoll, das will mir nicht ein. So viel<lb/>
denkt mir allerdings noch, daß er dazumal juſt in Ebersbach geweſen<lb/>
iſt. Weißt, er hat ſich ja gleich vom Zuchthaus aus unter's Militär<lb/>
anwerben laſſen und iſt nicht mehr heimkommen, bis unſer Vater ge¬<lb/>ſtorben iſt — ach Gott, wenn ich an <hirendition="#g">den</hi> Tag denk'! — und vor<lb/>
drei Jahr', um die Zeit wo man dich geſetzt hat, iſt er wieder im<lb/>
Urlaub dageweſen.</p><lb/><p>Komm, ſagte er, du wirſt doch nicht im Freien über Nacht blei¬<lb/>
ben wollen. Ich weiß auf unſrem Weg einen kleinen Weiler, wo<lb/>
wir ſicher ſein werden. Wenn die Leut' noch auf ſind, ſo müſſen ſie<lb/>
uns ein Nachtquartier geben, wir ſind ja Mann und Weib, und wenn<lb/>ſie ſchlafen, ſo weiß ich auch zu helfen.</p><lb/><p>Sie verließen die harte, unebene Straße und ſchlugen einen ge¬<lb/>
mächlichen Waldpfad ein, auf welchem ſie in der bisherigen Weiſe<lb/>ſich umſchlingend neben einander gehen konnten. — Wie mein Vater am<lb/>
andern Morgen dem Pfarrer ſeine Sachen wieder geſchickt hat, fuhr<lb/>
er fort, da hab' ich gleich gemerkt, daß Mohren iſt — ja ſo, das<lb/>
lautet böhmiſch für dich — ich will eben ſagen, ich hab' gemerkt, daß<lb/></p></div></body></text></TEI>
[294/0310]
Geld und Geldswerth iſt mir's weniger zu thun geweſen, als um dem
hartherzigen Pfaffen zu zeigen, daß ich mehr kann als er, und daß er
keine Stunde in ſeinem eigenen Haus ſicher iſt, wenn ich's nicht haben
will. Er mag ſeine Thüren und Läden ſo feſt verſchließen, als er
will, Angſt ſoll er vor mir haben, ſo lang er lebt, und wenn's mich
einmal gelüſtet, ſo ſchieß' ich ihn von ſeiner Kanzel 'runter, wie den
Vogel vom Aſt. Ich hab' ihm noch ein paar Hoſtien mitgenommen,
bloß um ihm zu zeigen, was ich auf ſein Handwerk halte, wenn's Ei¬
ner um des bloßen Gewinns willen treibt.
Ich weiß ja wohl, ſagte ſie, immer ihn zu beſänftigen bemüht,
daß das Alles iſt, was man dir aus der ganzen traurigen Zeit vor¬
werfen kann. Du haſt leben müſſen, wie der Vogel auf'm Zweig,
nur mit dem Unterſchied, daß der Vogel leicht ſein Futter findet, und
ich möcht' wohl auch ſehen, wie Viel' ſich in ſo einer Lag' ehrlich durch¬
ſchlügen, ohne ſich am Eigenthum des Nächſten zu vergreifen. Denn das
bisle Gewildſchießen mit dem Krämerchriſtle kann dir kein Menſch als ein
Verbrechen andichten, und 's iſt ja auch nicht 'rauskommen. Der einzig'
Streich mit dem Pfarrer hat dir den Hals brochen. Aber daß mein Bruder
dabei gegen dich mitgeholfen haben ſoll, das will mir nicht ein. So viel
denkt mir allerdings noch, daß er dazumal juſt in Ebersbach geweſen
iſt. Weißt, er hat ſich ja gleich vom Zuchthaus aus unter's Militär
anwerben laſſen und iſt nicht mehr heimkommen, bis unſer Vater ge¬
ſtorben iſt — ach Gott, wenn ich an den Tag denk'! — und vor
drei Jahr', um die Zeit wo man dich geſetzt hat, iſt er wieder im
Urlaub dageweſen.
Komm, ſagte er, du wirſt doch nicht im Freien über Nacht blei¬
ben wollen. Ich weiß auf unſrem Weg einen kleinen Weiler, wo
wir ſicher ſein werden. Wenn die Leut' noch auf ſind, ſo müſſen ſie
uns ein Nachtquartier geben, wir ſind ja Mann und Weib, und wenn
ſie ſchlafen, ſo weiß ich auch zu helfen.
Sie verließen die harte, unebene Straße und ſchlugen einen ge¬
mächlichen Waldpfad ein, auf welchem ſie in der bisherigen Weiſe
ſich umſchlingend neben einander gehen konnten. — Wie mein Vater am
andern Morgen dem Pfarrer ſeine Sachen wieder geſchickt hat, fuhr
er fort, da hab' ich gleich gemerkt, daß Mohren iſt — ja ſo, das
lautet böhmiſch für dich — ich will eben ſagen, ich hab' gemerkt, daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/310>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.