Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.kam ihn wie eine Erleuchtung, daß er neben diesem Auswürfling der werdenden gelehrten Welt nur etwas Halbes sei, daß, wenn er ihm allerdings auch mit einer schönen Dosis Grammatik auf die Beine helfen könnte, derselbe doch andererseits hinwiederum ihn selbst gar wesentlich ergänzen würde. Animae dimidium meae, rief er in plötzlicher Begeisterung, wir müssen nothwendig smolliren! Eduard schämte sich nicht, um eine Uebersetzung dieser dunklen Ausdrücke zu bitten. Nachdem dieselben verdolmetscht waren, erklärte er, daß er dabei sei, und die beiden Söhne tranken in so kunstgerechten Formen Brüderschaft, wie die Väter sie vorhin getrunken hatten. Es gehörte zu Wilhelms humanistischer Bildung, die Formen des Smollis und Fiducit "los zu haben." Bruderherz, begann er, nachdem die feierliche Pause auf diesen erhabenen Act vorüber war, es ist doch teufelmäßig schade, daß du durchfallen wirst. Sieh, wir beide, wenn wir in Ein Individuum zusammengeschmolzen wären, oder, wenn wir wenigstens mit einander unsern Lauf durch die Klöster machen könnten, wir wollten es mit der ganzen Welt aufnehmen. Was sagt Don Carlos? "Arm in Arm mit dir, so fordr' ich mein Jahrhundert in die Schranken!" Ja, das ist nun nicht anders zu machen, versetzte Eduard. Was hast du denn jetzt vor? fragte Wilhelm. kam ihn wie eine Erleuchtung, daß er neben diesem Auswürfling der werdenden gelehrten Welt nur etwas Halbes sei, daß, wenn er ihm allerdings auch mit einer schönen Dosis Grammatik auf die Beine helfen könnte, derselbe doch andererseits hinwiederum ihn selbst gar wesentlich ergänzen würde. Animae dimidium meae, rief er in plötzlicher Begeisterung, wir müssen nothwendig smolliren! Eduard schämte sich nicht, um eine Uebersetzung dieser dunklen Ausdrücke zu bitten. Nachdem dieselben verdolmetscht waren, erklärte er, daß er dabei sei, und die beiden Söhne tranken in so kunstgerechten Formen Brüderschaft, wie die Väter sie vorhin getrunken hatten. Es gehörte zu Wilhelms humanistischer Bildung, die Formen des Smollis und Fiducit „los zu haben.“ Bruderherz, begann er, nachdem die feierliche Pause auf diesen erhabenen Act vorüber war, es ist doch teufelmäßig schade, daß du durchfallen wirst. Sieh, wir beide, wenn wir in Ein Individuum zusammengeschmolzen wären, oder, wenn wir wenigstens mit einander unsern Lauf durch die Klöster machen könnten, wir wollten es mit der ganzen Welt aufnehmen. Was sagt Don Carlos? „Arm in Arm mit dir, so fordr' ich mein Jahrhundert in die Schranken!“ Ja, das ist nun nicht anders zu machen, versetzte Eduard. Was hast du denn jetzt vor? fragte Wilhelm. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0100"/> kam ihn wie eine Erleuchtung, daß er neben diesem Auswürfling der werdenden gelehrten Welt nur etwas Halbes sei, daß, wenn er ihm allerdings auch mit einer schönen Dosis Grammatik auf die Beine helfen könnte, derselbe doch andererseits hinwiederum ihn selbst gar wesentlich ergänzen würde.</p><lb/> <p>Animae dimidium meae, rief er in plötzlicher Begeisterung, wir müssen nothwendig smolliren!</p><lb/> <p>Eduard schämte sich nicht, um eine Uebersetzung dieser dunklen Ausdrücke zu bitten. Nachdem dieselben verdolmetscht waren, erklärte er, daß er dabei sei, und die beiden Söhne tranken in so kunstgerechten Formen Brüderschaft, wie die Väter sie vorhin getrunken hatten. Es gehörte zu Wilhelms humanistischer Bildung, die Formen des Smollis und Fiducit „los zu haben.“</p><lb/> <p>Bruderherz, begann er, nachdem die feierliche Pause auf diesen erhabenen Act vorüber war, es ist doch teufelmäßig schade, daß du durchfallen wirst. Sieh, wir beide, wenn wir in Ein Individuum zusammengeschmolzen wären, oder, wenn wir wenigstens mit einander unsern Lauf durch die Klöster machen könnten, wir wollten es mit der ganzen Welt aufnehmen. Was sagt Don Carlos? „Arm in Arm mit dir, so fordr' ich mein Jahrhundert in die Schranken!“</p><lb/> <p>Ja, das ist nun nicht anders zu machen, versetzte Eduard.</p><lb/> <p>Was hast du denn jetzt vor? fragte Wilhelm.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
kam ihn wie eine Erleuchtung, daß er neben diesem Auswürfling der werdenden gelehrten Welt nur etwas Halbes sei, daß, wenn er ihm allerdings auch mit einer schönen Dosis Grammatik auf die Beine helfen könnte, derselbe doch andererseits hinwiederum ihn selbst gar wesentlich ergänzen würde.
Animae dimidium meae, rief er in plötzlicher Begeisterung, wir müssen nothwendig smolliren!
Eduard schämte sich nicht, um eine Uebersetzung dieser dunklen Ausdrücke zu bitten. Nachdem dieselben verdolmetscht waren, erklärte er, daß er dabei sei, und die beiden Söhne tranken in so kunstgerechten Formen Brüderschaft, wie die Väter sie vorhin getrunken hatten. Es gehörte zu Wilhelms humanistischer Bildung, die Formen des Smollis und Fiducit „los zu haben.“
Bruderherz, begann er, nachdem die feierliche Pause auf diesen erhabenen Act vorüber war, es ist doch teufelmäßig schade, daß du durchfallen wirst. Sieh, wir beide, wenn wir in Ein Individuum zusammengeschmolzen wären, oder, wenn wir wenigstens mit einander unsern Lauf durch die Klöster machen könnten, wir wollten es mit der ganzen Welt aufnehmen. Was sagt Don Carlos? „Arm in Arm mit dir, so fordr' ich mein Jahrhundert in die Schranken!“
Ja, das ist nun nicht anders zu machen, versetzte Eduard.
Was hast du denn jetzt vor? fragte Wilhelm.
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Zitationshilfe: | Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/100>, abgerufen am 16.07.2024. |