Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Schlacht in einen Einzelkampf mit einander verwickelt, wobei auf Seiten des Letzteren neben dem Mißbehagen über die heutige Umgebung und ihren Lärm das schon von Hause mitgebrachte schwarzgallige Temperament, auf Seiten des Ersteren aber das Gefühl, daß durch eine so verbissene Opposition gegen alle hellenische Herrlichkeit alter und neuer Zeiten jegliches Maß des Unbilligen überschritten sei, so wie bei Beiden der nicht ganz überwundene antipathische Eindruck des ersten Anblicks, gleichmäßig mitgewirkt haben mag. Was eigentlich Gang und Wendung ihres in dem allgemeinen Geräusche unhörbar gebliebenen Streites gewesen, ist niemals enträthselt worden, da der Pfarrer von A . . . berg es nachher selbst nicht mehr wußte, und der Pfarrer von Y . . . burg, vielleicht aus dem gleichen Grunde, ein tiefes Stillschweigen darüber beobachtete. Gewiß ist, daß Beide in ziemlicher Verwirrung und so zu sagen Auflösung aus dem Kampfe hervorgingen, gewiß aber auch, daß derselbe mit großer Erbitterung geführt worden sein mußte. So bezeugte später ein wohlwollender Rechnungsbeamter, der ihnen vergebens zugesprochen hatte, weder um der neuen noch alten Griechen willen Händel anzufangen, sondern sich als gute biedere Deutsche mit einander zu vertragen. Ein Protokoll ihres Wortwechsels konnte aber auch er nicht eröffnen; es war im Bier untergegangen. Schlacht in einen Einzelkampf mit einander verwickelt, wobei auf Seiten des Letzteren neben dem Mißbehagen über die heutige Umgebung und ihren Lärm das schon von Hause mitgebrachte schwarzgallige Temperament, auf Seiten des Ersteren aber das Gefühl, daß durch eine so verbissene Opposition gegen alle hellenische Herrlichkeit alter und neuer Zeiten jegliches Maß des Unbilligen überschritten sei, so wie bei Beiden der nicht ganz überwundene antipathische Eindruck des ersten Anblicks, gleichmäßig mitgewirkt haben mag. Was eigentlich Gang und Wendung ihres in dem allgemeinen Geräusche unhörbar gebliebenen Streites gewesen, ist niemals enträthselt worden, da der Pfarrer von A . . . berg es nachher selbst nicht mehr wußte, und der Pfarrer von Y . . . burg, vielleicht aus dem gleichen Grunde, ein tiefes Stillschweigen darüber beobachtete. Gewiß ist, daß Beide in ziemlicher Verwirrung und so zu sagen Auflösung aus dem Kampfe hervorgingen, gewiß aber auch, daß derselbe mit großer Erbitterung geführt worden sein mußte. So bezeugte später ein wohlwollender Rechnungsbeamter, der ihnen vergebens zugesprochen hatte, weder um der neuen noch alten Griechen willen Händel anzufangen, sondern sich als gute biedere Deutsche mit einander zu vertragen. Ein Protokoll ihres Wortwechsels konnte aber auch er nicht eröffnen; es war im Bier untergegangen. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0114"/> Schlacht in einen Einzelkampf mit einander verwickelt, wobei auf Seiten des Letzteren neben dem Mißbehagen über die heutige Umgebung und ihren Lärm das schon von Hause mitgebrachte schwarzgallige Temperament, auf Seiten des Ersteren aber das Gefühl, daß durch eine so verbissene Opposition gegen alle hellenische Herrlichkeit alter und neuer Zeiten jegliches Maß des Unbilligen überschritten sei, so wie bei Beiden der nicht ganz überwundene antipathische Eindruck des ersten Anblicks, gleichmäßig mitgewirkt haben mag.</p><lb/> <p>Was eigentlich Gang und Wendung ihres in dem allgemeinen Geräusche unhörbar gebliebenen Streites gewesen, ist niemals enträthselt worden, da der Pfarrer von A . . . berg es nachher selbst nicht mehr wußte, und der Pfarrer von Y . . . burg, vielleicht aus dem gleichen Grunde, ein tiefes Stillschweigen darüber beobachtete. Gewiß ist, daß Beide in ziemlicher Verwirrung und so zu sagen Auflösung aus dem Kampfe hervorgingen, gewiß aber auch, daß derselbe mit großer Erbitterung geführt worden sein mußte. So bezeugte später ein wohlwollender Rechnungsbeamter, der ihnen vergebens zugesprochen hatte, weder um der neuen noch alten Griechen willen Händel anzufangen, sondern sich als gute biedere Deutsche mit einander zu vertragen. Ein Protokoll ihres Wortwechsels konnte aber auch er nicht eröffnen; es war im Bier untergegangen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0114]
Schlacht in einen Einzelkampf mit einander verwickelt, wobei auf Seiten des Letzteren neben dem Mißbehagen über die heutige Umgebung und ihren Lärm das schon von Hause mitgebrachte schwarzgallige Temperament, auf Seiten des Ersteren aber das Gefühl, daß durch eine so verbissene Opposition gegen alle hellenische Herrlichkeit alter und neuer Zeiten jegliches Maß des Unbilligen überschritten sei, so wie bei Beiden der nicht ganz überwundene antipathische Eindruck des ersten Anblicks, gleichmäßig mitgewirkt haben mag.
Was eigentlich Gang und Wendung ihres in dem allgemeinen Geräusche unhörbar gebliebenen Streites gewesen, ist niemals enträthselt worden, da der Pfarrer von A . . . berg es nachher selbst nicht mehr wußte, und der Pfarrer von Y . . . burg, vielleicht aus dem gleichen Grunde, ein tiefes Stillschweigen darüber beobachtete. Gewiß ist, daß Beide in ziemlicher Verwirrung und so zu sagen Auflösung aus dem Kampfe hervorgingen, gewiß aber auch, daß derselbe mit großer Erbitterung geführt worden sein mußte. So bezeugte später ein wohlwollender Rechnungsbeamter, der ihnen vergebens zugesprochen hatte, weder um der neuen noch alten Griechen willen Händel anzufangen, sondern sich als gute biedere Deutsche mit einander zu vertragen. Ein Protokoll ihres Wortwechsels konnte aber auch er nicht eröffnen; es war im Bier untergegangen.
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