Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 11. Die Rechte der Einzelstaaten.

2. Eine zweite Klasse von Sonderrechten besteht in einer be-
vorzugten Stellung einzelner Staaten hinsichtlich der Organisa-
tion des Reiches
. Solche Rechte haben

a) Preußen. Dem Könige von Preußen steht das Präsi-
dium des Bundes zu; dies schließt alle in der Reichsver-
fassung oder den Reichsgesetzen dem Kaiser oder Präsidium
beigelegten Vorrechte in sich 1).
b) Bayern hat folgende Sonderrechte:
a) Es hat 6 Stimmen im Bundesrath, während ihm nach
dem in der Reichsverfassung zu Grunde gelegten Prinzip,
wonach jeder Staat so viele Stimmen im Bundesrath
hat, als er in dem Plenum des ehemaligen Deutschen
Bundes hatte, nur 4 Stimmen zukommen würden 2).
b) Es hat einen ständigen Sitz in dem Bundesraths-Aus-
schuß für das Landheer und die Festungen 3).
g) Es führt den Vorsitz in dem Ausschuß für die auswär-
tigen Angelegenheiten 4).
d) Bayern hat den Anspruch auf die Stellvertretung im
Vorsitz des Bundesrathes 5).
e) Die Bayerischen Gesandten sollen bevollmächtigt werden,
die Reichsgesandten in Verhinderungsfällen zu vertreten 6).
c) Württemberg und Sachsen haben ständige Sitze in
den Bundesraths-Ausschüssen für das Landheer und die
Festungen und für die auswärtigen Angelegenheiten 7).

3. Endlich giebt es noch Sonderrechte, welche in finan-
ziellen Begünstigungen einzelner Staaten bestehen. Dieselben wer-
den an den betreffenden Stellen Erwähnung finden 8).

Das Wesen der Sonderrechte besteht darin, daß sie nur
mit Zustimmung
des berechtigten Staates aufgehoben werden

1) R.-R. Art. 11.
2) R.-V. Art. 6.
3) R.-V. Art. 8. Abs. 2.
4) R.-V. Art. 8 Abs. 3.
5) Schlußprotokoll vom 23. Nov. 1870 Z. IX.
6) Schlußprotokoll Z. VII.
7) R.-V. Art. 8 Abs. 2. Württemb. Milit.-Konv. Art. 15 Abs. 2. Sächs.
Militärconvent. Art. 2.
8) Sie sind zusammengestellt bei Laband a. a. O. S. 1512 ff.
§. 11. Die Rechte der Einzelſtaaten.

2. Eine zweite Klaſſe von Sonderrechten beſteht in einer be-
vorzugten Stellung einzelner Staaten hinſichtlich der Organiſa-
tion des Reiches
. Solche Rechte haben

a) Preußen. Dem Könige von Preußen ſteht das Präſi-
dium des Bundes zu; dies ſchließt alle in der Reichsver-
faſſung oder den Reichsgeſetzen dem Kaiſer oder Präſidium
beigelegten Vorrechte in ſich 1).
b) Bayern hat folgende Sonderrechte:
α) Es hat 6 Stimmen im Bundesrath, während ihm nach
dem in der Reichsverfaſſung zu Grunde gelegten Prinzip,
wonach jeder Staat ſo viele Stimmen im Bundesrath
hat, als er in dem Plenum des ehemaligen Deutſchen
Bundes hatte, nur 4 Stimmen zukommen würden 2).
β) Es hat einen ſtändigen Sitz in dem Bundesraths-Aus-
ſchuß für das Landheer und die Feſtungen 3).
γ) Es führt den Vorſitz in dem Ausſchuß für die auswär-
tigen Angelegenheiten 4).
δ) Bayern hat den Anſpruch auf die Stellvertretung im
Vorſitz des Bundesrathes 5).
ε) Die Bayeriſchen Geſandten ſollen bevollmächtigt werden,
die Reichsgeſandten in Verhinderungsfällen zu vertreten 6).
c) Württemberg und Sachſen haben ſtändige Sitze in
den Bundesraths-Ausſchüſſen für das Landheer und die
Feſtungen und für die auswärtigen Angelegenheiten 7).

3. Endlich giebt es noch Sonderrechte, welche in finan-
ziellen Begünſtigungen einzelner Staaten beſtehen. Dieſelben wer-
den an den betreffenden Stellen Erwähnung finden 8).

Das Weſen der Sonderrechte beſteht darin, daß ſie nur
mit Zuſtimmung
des berechtigten Staates aufgehoben werden

1) R.-R. Art. 11.
2) R.-V. Art. 6.
3) R.-V. Art. 8. Abſ. 2.
4) R.-V. Art. 8 Abſ. 3.
5) Schlußprotokoll vom 23. Nov. 1870 Z. IX.
6) Schlußprotokoll Z. VII.
7) R.-V. Art. 8 Abſ. 2. Württemb. Milit.-Konv. Art. 15 Abſ. 2. Sächſ.
Militärconvent. Art. 2.
8) Sie ſind zuſammengeſtellt bei Laband a. a. O. S. 1512 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0137" n="117"/>
          <fw place="top" type="header">§. 11. Die Rechte der Einzel&#x017F;taaten.</fw><lb/>
          <p>2. Eine zweite Kla&#x017F;&#x017F;e von Sonderrechten be&#x017F;teht in einer be-<lb/>
vorzugten Stellung einzelner Staaten hin&#x017F;ichtlich der <hi rendition="#g">Organi&#x017F;a-<lb/>
tion des Reiches</hi>. Solche Rechte haben</p><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#aq">a</hi>) <hi rendition="#g">Preußen</hi>. Dem Könige von Preußen &#x017F;teht das Prä&#x017F;i-<lb/>
dium des Bundes zu; dies &#x017F;chließt alle in der Reichsver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung oder den Reichsge&#x017F;etzen dem Kai&#x017F;er oder Prä&#x017F;idium<lb/>
beigelegten Vorrechte in &#x017F;ich <note place="foot" n="1)">R.-R. Art. 11.</note>.</item><lb/>
            <item><hi rendition="#aq">b</hi>) <hi rendition="#g">Bayern</hi> hat folgende Sonderrechte:<lb/><list><item>&#x03B1;) Es hat 6 Stimmen im Bundesrath, während ihm nach<lb/>
dem in der Reichsverfa&#x017F;&#x017F;ung zu Grunde gelegten Prinzip,<lb/>
wonach jeder Staat &#x017F;o viele Stimmen im Bundesrath<lb/>
hat, als er in dem Plenum des ehemaligen Deut&#x017F;chen<lb/>
Bundes hatte, nur 4 Stimmen zukommen würden <note place="foot" n="2)">R.-V. Art. 6.</note>.</item><lb/><item>&#x03B2;) Es hat einen &#x017F;tändigen Sitz in dem Bundesraths-Aus-<lb/>
&#x017F;chuß für das Landheer und die Fe&#x017F;tungen <note place="foot" n="3)">R.-V. Art. 8. Ab&#x017F;. 2.</note>.</item><lb/><item>&#x03B3;) Es führt den Vor&#x017F;itz in dem Aus&#x017F;chuß für die auswär-<lb/>
tigen Angelegenheiten <note place="foot" n="4)">R.-V. Art. 8 Ab&#x017F;. 3.</note>.</item><lb/><item>&#x03B4;) Bayern hat den An&#x017F;pruch auf die Stellvertretung im<lb/>
Vor&#x017F;itz des Bundesrathes <note place="foot" n="5)">Schlußprotokoll vom 23. Nov. 1870 Z. <hi rendition="#aq">IX.</hi></note>.</item><lb/><item>&#x03B5;) Die Bayeri&#x017F;chen Ge&#x017F;andten &#x017F;ollen bevollmächtigt werden,<lb/>
die Reichsge&#x017F;andten in Verhinderungsfällen zu vertreten <note place="foot" n="6)">Schlußprotokoll Z. <hi rendition="#aq">VII.</hi></note>.</item></list></item><lb/>
            <item><hi rendition="#aq">c</hi>) <hi rendition="#g">Württemberg</hi> und <hi rendition="#g">Sach&#x017F;en</hi> haben &#x017F;tändige Sitze in<lb/>
den Bundesraths-Aus&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;en für das Landheer und die<lb/>
Fe&#x017F;tungen und für die auswärtigen Angelegenheiten <note place="foot" n="7)">R.-V. Art. 8 Ab&#x017F;. 2. Württemb. Milit.-Konv. Art. 15 Ab&#x017F;. 2. Säch&#x017F;.<lb/>
Militärconvent. Art. 2.</note>.</item>
          </list><lb/>
          <p>3. Endlich giebt es noch <hi rendition="#g">Sonderrechte</hi>, welche in finan-<lb/>
ziellen Begün&#x017F;tigungen einzelner Staaten be&#x017F;tehen. Die&#x017F;elben wer-<lb/>
den an den betreffenden Stellen Erwähnung finden <note place="foot" n="8)">Sie &#x017F;ind zu&#x017F;ammenge&#x017F;tellt bei <hi rendition="#g">Laband</hi> a. a. O. S. 1512 ff.</note>.</p><lb/>
          <p>Das We&#x017F;en der Sonderrechte be&#x017F;teht darin, daß &#x017F;ie <hi rendition="#g">nur<lb/>
mit Zu&#x017F;timmung</hi> des berechtigten Staates aufgehoben werden<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0137] §. 11. Die Rechte der Einzelſtaaten. 2. Eine zweite Klaſſe von Sonderrechten beſteht in einer be- vorzugten Stellung einzelner Staaten hinſichtlich der Organiſa- tion des Reiches. Solche Rechte haben a) Preußen. Dem Könige von Preußen ſteht das Präſi- dium des Bundes zu; dies ſchließt alle in der Reichsver- faſſung oder den Reichsgeſetzen dem Kaiſer oder Präſidium beigelegten Vorrechte in ſich 1). b) Bayern hat folgende Sonderrechte: α) Es hat 6 Stimmen im Bundesrath, während ihm nach dem in der Reichsverfaſſung zu Grunde gelegten Prinzip, wonach jeder Staat ſo viele Stimmen im Bundesrath hat, als er in dem Plenum des ehemaligen Deutſchen Bundes hatte, nur 4 Stimmen zukommen würden 2). β) Es hat einen ſtändigen Sitz in dem Bundesraths-Aus- ſchuß für das Landheer und die Feſtungen 3). γ) Es führt den Vorſitz in dem Ausſchuß für die auswär- tigen Angelegenheiten 4). δ) Bayern hat den Anſpruch auf die Stellvertretung im Vorſitz des Bundesrathes 5). ε) Die Bayeriſchen Geſandten ſollen bevollmächtigt werden, die Reichsgeſandten in Verhinderungsfällen zu vertreten 6). c) Württemberg und Sachſen haben ſtändige Sitze in den Bundesraths-Ausſchüſſen für das Landheer und die Feſtungen und für die auswärtigen Angelegenheiten 7). 3. Endlich giebt es noch Sonderrechte, welche in finan- ziellen Begünſtigungen einzelner Staaten beſtehen. Dieſelben wer- den an den betreffenden Stellen Erwähnung finden 8). Das Weſen der Sonderrechte beſteht darin, daß ſie nur mit Zuſtimmung des berechtigten Staates aufgehoben werden 1) R.-R. Art. 11. 2) R.-V. Art. 6. 3) R.-V. Art. 8. Abſ. 2. 4) R.-V. Art. 8 Abſ. 3. 5) Schlußprotokoll vom 23. Nov. 1870 Z. IX. 6) Schlußprotokoll Z. VII. 7) R.-V. Art. 8 Abſ. 2. Württemb. Milit.-Konv. Art. 15 Abſ. 2. Sächſ. Militärconvent. Art. 2. 8) Sie ſind zuſammengeſtellt bei Laband a. a. O. S. 1512 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/137
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/137>, abgerufen am 21.11.2024.