Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 1. Die Auflösung des deutschen Bundes. Aber nicht nur einzeln haben alle deutsche Staaten diese Der deutsche Bund war entstanden nicht durch die völlig freie Die Europäischen Großmächte hatten daher an der staatlichen sich von selbst, da die Existenz eines souverainen Gemeinwesens wie Liech- tenstein eine Ironie des Staatsbegriffes ist. Für das juristische Gewissen aber, welches für die Auflösung des deutschen Bundes Einstimmigkeit erfordert, mag es genügen, daß Liechtenstein gegen die Auflösung des Bundesverhält- nisses keinen Widerspruch erhoben, sich thatsächlich gefügt und in concludenter Weise seine Einwilligung stillschweigend erklärt hat. 1) Die ersten elf Artikel wurden sogar der Congreßakte selbst einverleibt, außerdem wurde die Bundesacte in ihrem vollständigen Umfange als Beilage für einen Bestandtheil der Wiener Congreßakte erklärt. 2) Hahn, S. 586. Glaser, Arch. I. 4. S. 125 ff.
§. 1. Die Auflöſung des deutſchen Bundes. Aber nicht nur einzeln haben alle deutſche Staaten dieſe Der deutſche Bund war entſtanden nicht durch die völlig freie Die Europäiſchen Großmächte hatten daher an der ſtaatlichen ſich von ſelbſt, da die Exiſtenz eines ſouverainen Gemeinweſens wie Liech- tenſtein eine Ironie des Staatsbegriffes iſt. Für das juriſtiſche Gewiſſen aber, welches für die Auflöſung des deutſchen Bundes Einſtimmigkeit erfordert, mag es genügen, daß Liechtenſtein gegen die Auflöſung des Bundesverhält- niſſes keinen Widerſpruch erhoben, ſich thatſächlich gefügt und in concludenter Weiſe ſeine Einwilligung ſtillſchweigend erklärt hat. 1) Die erſten elf Artikel wurden ſogar der Congreßakte ſelbſt einverleibt, außerdem wurde die Bundesacte in ihrem vollſtändigen Umfange als Beilage für einen Beſtandtheil der Wiener Congreßakte erklärt. 2) Hahn, S. 586. Glaſer, Arch. I. 4. S. 125 ff.
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§. 1. Die Auflöſung des deutſchen Bundes.
Aber nicht nur einzeln haben alle deutſche Staaten dieſe
Anerkennung abgegeben, ſondern auch der Bundestag ſelbſt, der
freilich ſeit dem Ausbruch der Feindſeligkeiten immer mehr einge-
ſchrumpft war, ſich aber immer noch als das verfaſſungsmäßige
Organ des Bundes anſah, faßte in ſeiner letzten Sitzung am
24. Auguſt 1866 zu Augsburg den Beſchluß:
„nachdem in Folge der Kriegsereigniſſe und Friedensverhand-
lungen der deutſche Bund als aufgelöſt betrachtet
werden muß, ſeine Thätigkeit mit der heutigen Sitzung zu
beendigen, auch hiervon die bei ihm beglaubigten Vertreter
auswärtiger Regierungen zu benachrichtigen.“
Der deutſche Bund war entſtanden nicht durch die völlig freie
Entſchließung ſeiner Mitglieder, ſondern unter der Mitwirkung
der beim Wiener Friedenscongreß vertretenen Europäiſchen Mächte.
Er war ein Theil der allgemeinen politiſchen Geſtaltung Europa’s,
die unter gegenſeitiger Zuſtimmung der Großmächte geſchaffen
worden war; die Bundesacte bildet einen Beſtandtheil der Wiener
Congreßacte von 1815 1).
Die Europäiſchen Großmächte hatten daher an der ſtaatlichen
Neubildung Deutſchlands nicht nur das politiſche Intereſſe, welches
alle Kulturſtaaten der Welt daran nahmen, ſondern es konnte aus
völkerrechtlichen Gründen ihre beſondere Zuſtimmung zur Auf-
löſung des — unter ihrer Mitwirkung begründeten — deutſchen
Bundes erforderlich erſcheinen. Auch dieſem Erforderniß iſt Ge-
nüge geſchehen durch den internationalen Londoner Vertrag
v. 11. Mai 1867 2), welcher die Neutralität Luxemburgs unter
die Collectivgarantie der Europäiſchen Großmächte mit Einſchluß
Italiens ſtellte, indem der Art. 6 dieſes Vertrages ausdrücklich
auf die Auflöſung des deutſchen Bundes Bezug nimmt.
9)
1) Die erſten elf Artikel wurden ſogar der Congreßakte ſelbſt einverleibt,
außerdem wurde die Bundesacte in ihrem vollſtändigen Umfange als Beilage
für einen Beſtandtheil der Wiener Congreßakte erklärt.
2) Hahn, S. 586. Glaſer, Arch. I. 4. S. 125 ff.
9) ſich von ſelbſt, da die Exiſtenz eines ſouverainen Gemeinweſens wie Liech-
tenſtein eine Ironie des Staatsbegriffes iſt. Für das juriſtiſche Gewiſſen aber,
welches für die Auflöſung des deutſchen Bundes Einſtimmigkeit erfordert,
mag es genügen, daß Liechtenſtein gegen die Auflöſung des Bundesverhält-
niſſes keinen Widerſpruch erhoben, ſich thatſächlich gefügt und in concludenter
Weiſe ſeine Einwilligung ſtillſchweigend erklärt hat.
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