Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 59. Die Verordnungen des Reichs. In dieser speziellen Fassung wird die Frage in der bisherigen Diese ganze Theorie ist aber in der Reichsverfassung nicht nur 1) So heißt es z. B. bei v. Rönne, II. 1. S. 56: "Auch kann nicht in Zweifel gezogen werden, daß die von den dazu berechtigten Organen der Reichsgewalt innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Verordnungen unbedingte Gültigkeit für alle Reichsangehörige haben und daß sie, ebenso wie die Reichsgesetze, den landesgesetzlichen jeder Art, mit Einschluß der Landes- verfassungen, vorgehen. Denn, wenn gleich der Art. 2 der R.-V. nur bestimmt hat, daß die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen, so muß dies doch auch gleichmäßig von den Reichsverordnungen gelten, da letztere nur ergän- zende Theile des betreffenden Reichsgesetzes sind." 2) Riedel, S. 22. Thudichum in v. Holtzend. Jahrb. I. S. 22 v. Held, S. 109. Dreyer, Deutsches Reichs-Civilrecht S. 6. 3) v. Martitz, S. 53. 63. Meyer, Grundzüge S. 69. 4) Böhlau, Mecklenb. Landrecht I. S. 289. v. Mohl, S. 169--173.
v. Rönne (2. Aufl.), I. S. 214 fg. 231. II. 1. S. 57 fg. Zorn in der Krit. Vierteljahresschrift 1875 Bd. XVII. S. 394 ff. §. 59. Die Verordnungen des Reichs. In dieſer ſpeziellen Faſſung wird die Frage in der bisherigen Dieſe ganze Theorie iſt aber in der Reichsverfaſſung nicht nur 1) So heißt es z. B. bei v. Rönne, II. 1. S. 56: „Auch kann nicht in Zweifel gezogen werden, daß die von den dazu berechtigten Organen der Reichsgewalt innerhalb ihrer Zuſtändigkeit erlaſſenen Verordnungen unbedingte Gültigkeit für alle Reichsangehörige haben und daß ſie, ebenſo wie die Reichsgeſetze, den landesgeſetzlichen jeder Art, mit Einſchluß der Landes- verfaſſungen, vorgehen. Denn, wenn gleich der Art. 2 der R.-V. nur beſtimmt hat, daß die Reichsgeſetze den Landesgeſetzen vorgehen, ſo muß dies doch auch gleichmäßig von den Reichsverordnungen gelten, da letztere nur ergän- zende Theile des betreffenden Reichsgeſetzes ſind.“ 2) Riedel, S. 22. Thudichum in v. Holtzend. Jahrb. I. S. 22 v. Held, S. 109. Dreyer, Deutſches Reichs-Civilrecht S. 6. 3) v. Martitz, S. 53. 63. Meyer, Grundzüge S. 69. 4) Böhlau, Mecklenb. Landrecht I. S. 289. v. Mohl, S. 169—173.
v. Rönne (2. Aufl.), I. S. 214 fg. 231. II. 1. S. 57 fg. Zorn in der Krit. Vierteljahresſchrift 1875 Bd. XVII. S. 394 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0085" n="71"/> <fw place="top" type="header">§. 59. Die Verordnungen des Reichs.</fw><lb/> <p>In dieſer ſpeziellen Faſſung wird die Frage in der bisherigen<lb/> Literatur aber nicht aufgeſtellt, ſondern es wird die Zuläſſigkeit<lb/> von Ausführungs-Verordnungen im Allgemeinen bejaht, ſo daß<lb/><hi rendition="#g">beide</hi> Arten von Ausführungs-Verordnungen darunter mitbegriffen<lb/> werden <note place="foot" n="1)">So heißt es z. B. bei v. <hi rendition="#g">Rönne</hi>, <hi rendition="#aq">II.</hi> 1. S. 56: „Auch kann nicht<lb/> in Zweifel gezogen werden, daß die von den dazu berechtigten Organen der<lb/> Reichsgewalt innerhalb ihrer Zuſtändigkeit erlaſſenen Verordnungen unbedingte<lb/> Gültigkeit für alle Reichsangehörige haben und daß ſie, <hi rendition="#g">ebenſo wie die<lb/> Reichsgeſetze</hi>, den landesgeſetzlichen jeder Art, mit Einſchluß der Landes-<lb/> verfaſſungen, vorgehen. Denn, wenn gleich der Art. 2 der R.-V. nur beſtimmt<lb/> hat, daß die Reichsgeſetze den Landesgeſetzen vorgehen, ſo muß dies doch auch<lb/> gleichmäßig von den Reichsverordnungen gelten, <hi rendition="#g">da letztere nur ergän-<lb/> zende Theile des betreffenden Reichsgeſetzes ſind</hi>.“</note>. Es wird nur erfordert, daß die Verordnung weder<lb/> Beſtimmungen enthalte, welche mit dem Reichsgeſetze unmittelbar<lb/> oder mittelbar im Widerſpruch ſtehen <hi rendition="#aq">(contra legem)</hi>, noch daß<lb/> ſie für Materien, welche geſetzlich nicht geregelt ſind, neue Rechts-<lb/> ſätze <hi rendition="#aq">(praeter legem)</hi> einführen, ſondern daß ſie <hi rendition="#aq">intra legem</hi> die<lb/> ſpeziellen, im Geſetze ſelbſt nicht ausdrücklich formulirten Vor-<lb/> ſchriften aufſtellen. Darin aber weichen die Anhänger dieſer Lehre<lb/> von einander ab, daß die Einen wegen Art. 7 Z. 2 der R.-V. den<lb/> Bundesrath für der Regel nach befugt erachten, Ausführungs-Ver-<lb/> ordnungen zu erlaſſen <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#g">Riedel</hi>, S. 22. <hi rendition="#g">Thudichum</hi> in v. Holtzend. Jahrb. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 22<lb/> v. <hi rendition="#g">Held</hi>, S. 109. <hi rendition="#g">Dreyer</hi>, Deutſches Reichs-Civilrecht S. 6.</note>, Andere dagegen wegen Art. 17 den Kai-<lb/> ſer <note place="foot" n="3)">v. <hi rendition="#g">Martitz</hi>, S. 53. 63. <hi rendition="#g">Meyer</hi>, Grundzüge S. 69.</note>, noch Andere endlich, indem ſie beide Stellen der R.-V. com-<lb/> biniren, ein concurrirendes Recht des Bundesrathes und Kaiſers<lb/> annehmen <note place="foot" n="4)"><hi rendition="#g">Böhlau</hi>, Mecklenb. Landrecht <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 289. v. <hi rendition="#g">Mohl</hi>, S. 169—173.<lb/> v. <hi rendition="#g">Rönne</hi> (2. Aufl.), <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 214 fg. 231. <hi rendition="#aq">II.</hi> 1. S. 57 fg. <hi rendition="#g">Zorn</hi> in der<lb/> Krit. Vierteljahresſchrift 1875 Bd. <hi rendition="#aq">XVII.</hi> S. 394 ff.</note>.</p><lb/> <p>Dieſe ganze Theorie iſt aber in der Reichsverfaſſung nicht nur<lb/> nicht begründet, ſondern ſie ſteht mit derſelben in offenbarem Wi-<lb/> derſpruch. Art. 7 Abſ. 2 der R.-V. ſagt:<lb/><hi rendition="#et">„Der Bundesrath beſchließt über die zur Ausführung der<lb/> Reichsgeſetze erforderlichen <hi rendition="#g">allgemeinen Verwaltungs-<lb/> vorſchriften und Einrichtungen</hi>, ſofern nicht durch<lb/> Reichsgeſetz etwas Anderes beſtimmt iſt.“</hi></p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0085]
§. 59. Die Verordnungen des Reichs.
In dieſer ſpeziellen Faſſung wird die Frage in der bisherigen
Literatur aber nicht aufgeſtellt, ſondern es wird die Zuläſſigkeit
von Ausführungs-Verordnungen im Allgemeinen bejaht, ſo daß
beide Arten von Ausführungs-Verordnungen darunter mitbegriffen
werden 1). Es wird nur erfordert, daß die Verordnung weder
Beſtimmungen enthalte, welche mit dem Reichsgeſetze unmittelbar
oder mittelbar im Widerſpruch ſtehen (contra legem), noch daß
ſie für Materien, welche geſetzlich nicht geregelt ſind, neue Rechts-
ſätze (praeter legem) einführen, ſondern daß ſie intra legem die
ſpeziellen, im Geſetze ſelbſt nicht ausdrücklich formulirten Vor-
ſchriften aufſtellen. Darin aber weichen die Anhänger dieſer Lehre
von einander ab, daß die Einen wegen Art. 7 Z. 2 der R.-V. den
Bundesrath für der Regel nach befugt erachten, Ausführungs-Ver-
ordnungen zu erlaſſen 2), Andere dagegen wegen Art. 17 den Kai-
ſer 3), noch Andere endlich, indem ſie beide Stellen der R.-V. com-
biniren, ein concurrirendes Recht des Bundesrathes und Kaiſers
annehmen 4).
Dieſe ganze Theorie iſt aber in der Reichsverfaſſung nicht nur
nicht begründet, ſondern ſie ſteht mit derſelben in offenbarem Wi-
derſpruch. Art. 7 Abſ. 2 der R.-V. ſagt:
„Der Bundesrath beſchließt über die zur Ausführung der
Reichsgeſetze erforderlichen allgemeinen Verwaltungs-
vorſchriften und Einrichtungen, ſofern nicht durch
Reichsgeſetz etwas Anderes beſtimmt iſt.“
1) So heißt es z. B. bei v. Rönne, II. 1. S. 56: „Auch kann nicht
in Zweifel gezogen werden, daß die von den dazu berechtigten Organen der
Reichsgewalt innerhalb ihrer Zuſtändigkeit erlaſſenen Verordnungen unbedingte
Gültigkeit für alle Reichsangehörige haben und daß ſie, ebenſo wie die
Reichsgeſetze, den landesgeſetzlichen jeder Art, mit Einſchluß der Landes-
verfaſſungen, vorgehen. Denn, wenn gleich der Art. 2 der R.-V. nur beſtimmt
hat, daß die Reichsgeſetze den Landesgeſetzen vorgehen, ſo muß dies doch auch
gleichmäßig von den Reichsverordnungen gelten, da letztere nur ergän-
zende Theile des betreffenden Reichsgeſetzes ſind.“
2) Riedel, S. 22. Thudichum in v. Holtzend. Jahrb. I. S. 22
v. Held, S. 109. Dreyer, Deutſches Reichs-Civilrecht S. 6.
3) v. Martitz, S. 53. 63. Meyer, Grundzüge S. 69.
4) Böhlau, Mecklenb. Landrecht I. S. 289. v. Mohl, S. 169—173.
v. Rönne (2. Aufl.), I. S. 214 fg. 231. II. 1. S. 57 fg. Zorn in der
Krit. Vierteljahresſchrift 1875 Bd. XVII. S. 394 ff.
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