Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 59. Die Verordnungen des Reichs. Hier ist mit der größten Deutlichkeit hervorgehoben, daß nur von Ebensowenig überträgt der Art. 17 dem Kaiser die Befugniß, 1) Vgl. auch Seydel in Hirth's Annalen 1874 S. 1145. 2) Vgl. Bd. I. S. 259. 3) Vgl. auch Seydel in Hirth's Annalen 1876 S. 13. 4) Bemerkenswerth ist auch, daß keine einzige kaiserl. Verordn. auf
Grund des Art. 17 der R.-V. erlassen worden ist. Die Verordn. vom 26. Juli 1867 (B.-G.-Bl. S. 24) betreffend die Einführung des Bundesge- setzblattes -- welche übrigens einen Rechtssatz nicht sanctionirt -- ist zur Aus- führung der Art. 2 u. Art. 17 erlassen; sie ist die einzige Kaiserl. Verordn., in deren Eingangsformel der Art. 17 der R.-V. überhaupt erwähnt worden ist. §. 59. Die Verordnungen des Reichs. Hier iſt mit der größten Deutlichkeit hervorgehoben, daß nur von Ebenſowenig überträgt der Art. 17 dem Kaiſer die Befugniß, 1) Vgl. auch Seydel in Hirth’s Annalen 1874 S. 1145. 2) Vgl. Bd. I. S. 259. 3) Vgl. auch Seydel in Hirth’s Annalen 1876 S. 13. 4) Bemerkenswerth iſt auch, daß keine einzige kaiſerl. Verordn. auf
Grund des Art. 17 der R.-V. erlaſſen worden iſt. Die Verordn. vom 26. Juli 1867 (B.-G.-Bl. S. 24) betreffend die Einführung des Bundesge- ſetzblattes — welche übrigens einen Rechtsſatz nicht ſanctionirt — iſt zur Aus- führung der Art. 2 u. Art. 17 erlaſſen; ſie iſt die einzige Kaiſerl. Verordn., in deren Eingangsformel der Art. 17 der R.-V. überhaupt erwähnt worden iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0086" n="72"/> <fw place="top" type="header">§. 59. Die Verordnungen des Reichs.</fw><lb/> <p>Hier iſt mit der größten Deutlichkeit hervorgehoben, daß nur von<lb/> Verwaltungsvorſchriften und Einrichtungen die Rede iſt; von der Auf-<lb/> ſtellung von Rechtsvorſchriften enthält der Artikel Nichts. Er ertheilt<lb/> dem Bundesrath durchaus keine Befugniß, ohne Zuſtimmung des Reichs-<lb/> tages Rechtsregeln zu ſanctioniren, Ausführungs-Geſetze im materiel-<lb/> len Sinne des Wortes zu erlaſſen <note place="foot" n="1)">Vgl. auch <hi rendition="#g">Seydel</hi> in Hirth’s Annalen 1874 S. 1145.</note>. Ganz übereinſtimmend ſpricht<lb/> der Art. 37 der R.-V. nur von den „zur Ausführung der gemein-<lb/> ſchaftlichen Geſetzgebung dienenden Verwaltungsvorſchriften und Ein-<lb/> richtungen.“ In der Verf. des Nordd. Bundes fehlte bekanntlich der<lb/> Art. 7; als er bei der Redaktion der R.-V. in dieſelbe aufgenom-<lb/> men wurde, erklärte der Staatsminiſter Delbrück, daß „eine ma-<lb/> terielle Aenderung des Beſtehenden damit kaum herbeigeführt iſt“ <note place="foot" n="2)">Vgl. Bd. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 259.</note>.<lb/> Auch aus der Entſtehungsgeſchichte dieſes Artikels ergiebt ſich da-<lb/> her, daß durch ihn nicht eine Geſetzgebungs-Befugniß für den Bun-<lb/> desrath begründet werden ſollte, für welche ſich in der Nordd.<lb/> Bundesverf. und den Verfaſſungsbündniß-Verträgen durchaus kein<lb/> Anhalt findet. Die Tragweite des Art. 7 Ziff. 2 liegt ausſchließ-<lb/> lich auf dem Gebiete der Verwaltung und wird dort erörtert werden.</p><lb/> <p>Ebenſowenig überträgt der Art. 17 dem Kaiſer die Befugniß,<lb/> Ausführungs-Geſetze zu erlaſſen, ſondern „die Ueberwachung der<lb/> Ausführung der Reichsgeſetze“. Einer Ueberwachung können nur<lb/> Handlungen oder Unterlaſſungen unterliegen, aber nicht Regeln.<lb/> Dem Kaiſer gebührt die Controle über die durch Reichsgeſetze nor-<lb/> mirte <hi rendition="#g">Verwaltung</hi>, aber nicht die Aufſtellung von Rechtsnor-<lb/> men <note place="foot" n="3)">Vgl. auch <hi rendition="#g">Seydel</hi> in Hirth’s Annalen 1876 S. 13.</note>. Das, was der Kaiſerlichen Ueberwachung unterliegt, iſt<lb/> die Anwendung und Handhabung der Reichsgeſetze, die Ausführung<lb/> derſelben im Sinne von Durchführung; der Erlaß einer Ausfüh-<lb/> rungs-Verordnung iſt aber — wie oben entwickelt worden iſt —<lb/> die Ergänzung oder Detaillirung eines Geſetzes durch Spezial-<lb/> Vorſchriften <note place="foot" n="4)">Bemerkenswerth iſt auch, daß keine einzige kaiſerl. Verordn. <hi rendition="#g">auf<lb/> Grund des Art. 17</hi> der R.-V. erlaſſen worden iſt. Die Verordn. vom<lb/> 26. Juli 1867 (B.-G.-Bl. S. 24) betreffend die Einführung des Bundesge-<lb/> ſetzblattes — welche übrigens einen Rechtsſatz nicht ſanctionirt — iſt <hi rendition="#g">zur</hi> Aus-<lb/> führung der Art. 2 u. Art. 17 erlaſſen; ſie iſt die einzige Kaiſerl. Verordn.,<lb/> in deren Eingangsformel der Art. 17 der R.-V. überhaupt erwähnt worden iſt.</note>.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0086]
§. 59. Die Verordnungen des Reichs.
Hier iſt mit der größten Deutlichkeit hervorgehoben, daß nur von
Verwaltungsvorſchriften und Einrichtungen die Rede iſt; von der Auf-
ſtellung von Rechtsvorſchriften enthält der Artikel Nichts. Er ertheilt
dem Bundesrath durchaus keine Befugniß, ohne Zuſtimmung des Reichs-
tages Rechtsregeln zu ſanctioniren, Ausführungs-Geſetze im materiel-
len Sinne des Wortes zu erlaſſen 1). Ganz übereinſtimmend ſpricht
der Art. 37 der R.-V. nur von den „zur Ausführung der gemein-
ſchaftlichen Geſetzgebung dienenden Verwaltungsvorſchriften und Ein-
richtungen.“ In der Verf. des Nordd. Bundes fehlte bekanntlich der
Art. 7; als er bei der Redaktion der R.-V. in dieſelbe aufgenom-
men wurde, erklärte der Staatsminiſter Delbrück, daß „eine ma-
terielle Aenderung des Beſtehenden damit kaum herbeigeführt iſt“ 2).
Auch aus der Entſtehungsgeſchichte dieſes Artikels ergiebt ſich da-
her, daß durch ihn nicht eine Geſetzgebungs-Befugniß für den Bun-
desrath begründet werden ſollte, für welche ſich in der Nordd.
Bundesverf. und den Verfaſſungsbündniß-Verträgen durchaus kein
Anhalt findet. Die Tragweite des Art. 7 Ziff. 2 liegt ausſchließ-
lich auf dem Gebiete der Verwaltung und wird dort erörtert werden.
Ebenſowenig überträgt der Art. 17 dem Kaiſer die Befugniß,
Ausführungs-Geſetze zu erlaſſen, ſondern „die Ueberwachung der
Ausführung der Reichsgeſetze“. Einer Ueberwachung können nur
Handlungen oder Unterlaſſungen unterliegen, aber nicht Regeln.
Dem Kaiſer gebührt die Controle über die durch Reichsgeſetze nor-
mirte Verwaltung, aber nicht die Aufſtellung von Rechtsnor-
men 3). Das, was der Kaiſerlichen Ueberwachung unterliegt, iſt
die Anwendung und Handhabung der Reichsgeſetze, die Ausführung
derſelben im Sinne von Durchführung; der Erlaß einer Ausfüh-
rungs-Verordnung iſt aber — wie oben entwickelt worden iſt —
die Ergänzung oder Detaillirung eines Geſetzes durch Spezial-
Vorſchriften 4).
1) Vgl. auch Seydel in Hirth’s Annalen 1874 S. 1145.
2) Vgl. Bd. I. S. 259.
3) Vgl. auch Seydel in Hirth’s Annalen 1876 S. 13.
4) Bemerkenswerth iſt auch, daß keine einzige kaiſerl. Verordn. auf
Grund des Art. 17 der R.-V. erlaſſen worden iſt. Die Verordn. vom
26. Juli 1867 (B.-G.-Bl. S. 24) betreffend die Einführung des Bundesge-
ſetzblattes — welche übrigens einen Rechtsſatz nicht ſanctionirt — iſt zur Aus-
führung der Art. 2 u. Art. 17 erlaſſen; ſie iſt die einzige Kaiſerl. Verordn.,
in deren Eingangsformel der Art. 17 der R.-V. überhaupt erwähnt worden iſt.
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