Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht. Eine erhöhte Strafe tritt ein, nämlich Gefängniß bis zu zwei Das Strafverfahren gegen Abwesende, welche sich der Wehr- c) Wenn ein Wehrpflichtiger durch Entfernung aus dem 1) St.G.B. §. 140 Ziff. 3. Eine Auswanderung kann in diesen Fällen immer nur ohne Entlassung geschehen, da die Behörden die Entlassungs- urkunde in Widerspruch mit der Kaiserl. Anordnung nicht ertheilen dürfen; die Auswanderung ist also immer nur eine factische, die erst durch 10jährige Abwesenheit vom Bundesgebiet den Verlust der Reichsangehörigkeit nach sich zieht. 2) Milit.Ges. §. 33 Abs. 2. Siehe unten.
§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. Eine erhöhte Strafe tritt ein, nämlich Gefängniß bis zu zwei Das Strafverfahren gegen Abweſende, welche ſich der Wehr- c) Wenn ein Wehrpflichtiger durch Entfernung aus dem 1) St.G.B. §. 140 Ziff. 3. Eine Auswanderung kann in dieſen Fällen immer nur ohne Entlaſſung geſchehen, da die Behörden die Entlaſſungs- urkunde in Widerſpruch mit der Kaiſerl. Anordnung nicht ertheilen dürfen; die Auswanderung iſt alſo immer nur eine factiſche, die erſt durch 10jährige Abweſenheit vom Bundesgebiet den Verluſt der Reichsangehörigkeit nach ſich zieht. 2) Milit.Geſ. §. 33 Abſ. 2. Siehe unten.
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§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.
Eine erhöhte Strafe tritt ein, nämlich Gefängniß bis zu zwei
Jahren, neben welchem auf Geldſtrafe bis zu 3000 Mark er-
kannt werden kann, wenn ein Wehrpflichtiger nach öffentlicher Be-
kanntmachung einer vom Kaiſer für die Zeit eines Krieges oder
einer Kriegsgefahr erlaſſenen beſonderen Anordnung in Widerſpruch
mit derſelben auswandert 1).
Das Strafverfahren gegen Abweſende, welche ſich der Wehr-
pflicht entzogen haben, iſt in der Reichs-Strafprozeß-Ordnung §§.
470 ff. beſonders geregelt worden. Eigenthümlich iſt demſelben,
daß die Erhebung der Anklage und die Eröffnung der Unterſuchung
auf Grund einer Erklärung der mit der Kontrole der Wehrpflich-
tigen beauftragten Behörde erfolgt.
c) Wenn ein Wehrpflichtiger durch Entfernung aus dem
Bundesgebiet ſich der Erfüllung der Wehrpflicht entzogen hat und
ſpäter wieder zurückkehrt, ſo entſteht die Frage, in wie weit er
nachträglich zur Erfüllung der Wehrpflicht und insbeſondere der
activen Dienſtpflicht im Heere oder in der Flotte angehalten wer-
den kann. In dieſer Beziehung ſind 3 Fälle zu unterſcheiden.
Entweder hat die Entfernung den Verluſt der Reichsangehörigkeit
nicht nach ſich gezogen, indem ſie den Erforderniſſen des §. 21 des
Geſ. v. 1. Juni 1870 nicht entſprochen und mit der Entlaſſung nicht
verbunden war — alsdann dauert auch die Wehrpflicht ununter-
brochen fort und der Wehrpflichtige kann zur nachträglichen Erfüllung
derſelben 2) als unſicherer Heerespflichtiger in die Armee eingereiht
werden. Oder der Auswanderer hat die Reichsangehörigkeit aufge-
geben und eine fremde Staatsangehörigkeit erworben und kehrt als
Bürger eines fremden Staates zurück — alsdann iſt er im deutſchen
Reiche nicht wehrpflichtig. Der dritte Fall endlich iſt der, daß der
zurückkehrende Deutſche die Reichsangehörigkeit zwar verloren, eine
andere Staatsangehörigkeit aber nicht erworben oder wieder ver-
loren hat. In dieſem Falle lebt die Wehrpflicht wieder auf und mit-
1) St.G.B. §. 140 Ziff. 3. Eine Auswanderung kann in dieſen Fällen
immer nur ohne Entlaſſung geſchehen, da die Behörden die Entlaſſungs-
urkunde in Widerſpruch mit der Kaiſerl. Anordnung nicht ertheilen dürfen;
die Auswanderung iſt alſo immer nur eine factiſche, die erſt durch 10jährige
Abweſenheit vom Bundesgebiet den Verluſt der Reichsangehörigkeit nach ſich
zieht.
2) Milit.Geſ. §. 33 Abſ. 2. Siehe unten.
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