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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht.
sächlichen Umstände und in der logischen Unterordnung derselben
unter Rechtsregeln. Durch die Entscheidung der Ersatzbehörden
wird in rechtskräftiger Weise der Anspruch des Staates auf die
militairischen Dienste des Wehrpflichtigen resp. das Vorhandensein
und der Umfang der Dienstpflicht des letzteren festgestellt; sie schafft
formelles Recht zwischen dem Staat und dem Wehrpflichtigen in ähn-
licher Weise wie das gerichtliche Urtheil unter den Prozeß-Parteien.

1. Die zur Entscheidung kompetenten Behörden.
Dieselben sind aus militairischen und bürgerlichen Elementen zu-
sammengesetzt, da bei der Rekrutirung nicht ausschließlich militai-
rische Interessen in Betracht kommen. Sie sind in vier Instanzen
gegliedert. Die erste Instanz ist die Ersatzkommission. Sie
wird für den Aushebungsbezirk gebildet und besteht aus dem
Landwehr-Bezirkskommandeur und einem Verwaltungsbeamten des
Bezirks, oder wo ein solcher Beamter fehlt, einem besonders zu
diesem Zwecke bestellten bürgerlichen Mitgliede 1). Die zweite In-
stanz bildet die Ober-Ersatzkommission für den Infanterie-
Brigadebezirk; sie besteht aus dem Infanterie-Brigadekommandeur
und einem höheren Verwaltungsbeamten 2). Die dritte In-
stanz
fungirt für den Armeekorps-Bezirk; sie wird gebildet durch
den kommandirenden General des Armeekorps in Gemeinschaft mit
dem Chef einer Provinzial- oder Landesbehörde, sofern nicht hier-
für in einzelnen Bundesstaaten besondere Behörden bestellt sind 3).
Die Oberaufsicht über die Geschäftsthätigkeit der Ersatzbehörden
und die oberste Leitung der Heeresergänzung wird von den zu-
ständigen Kriegsministerien in Gemeinschaft mit den obersten Civil-
Verwaltungsbehörden der einzelnen Bundesstaaten geführt 4). Dieser,

1) Mil.Ges. §. 30 Ziff. 3 a. Ueber die letzten Worte bemerkte der Bericht-
erstatter (Lasker) im Reichstage: "Wer nicht die Specialverhältnisse in den
einzelnen Staaten des Deutschen Reiches kennt, wird diesen Zusatz nicht ver-
stehen; es ist uns aber in der Kommiss. glaubhaft berichtet worden, daß nach
den Verwaltungsmaximen Mecklenburgs nicht in jedem einzelnen Bezirke ein
solcher Beamter zu finden sein würde, und deswegen mußte eine Spezialbestim-
mung für Mecklenburg getroffen werden." Stenogr. Ber. 1874. I Sess. S. 864.
2) Mil.Ges. §. 30 Ziff. 3 b.
3) Mil.Ges. §. 30 Ziff. 3 c. Ein Verzeichniß der "Ersatzbehörden dritter
Instanz" und ihrer Zusammensetzung im ganzen Bundesgebiet mit Einschluß
Bayerns, Sachsens und Württembergs enthält die W.O. I §. 2 Ziff. 3.
4) Mil.Ges. §. 30 Ziff. 3 d. Ein Verzeichniß dieser Behörden enthält die
W.O. I §. 2 Ziff. 2.

§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.
ſächlichen Umſtände und in der logiſchen Unterordnung derſelben
unter Rechtsregeln. Durch die Entſcheidung der Erſatzbehörden
wird in rechtskräftiger Weiſe der Anſpruch des Staates auf die
militairiſchen Dienſte des Wehrpflichtigen reſp. das Vorhandenſein
und der Umfang der Dienſtpflicht des letzteren feſtgeſtellt; ſie ſchafft
formelles Recht zwiſchen dem Staat und dem Wehrpflichtigen in ähn-
licher Weiſe wie das gerichtliche Urtheil unter den Prozeß-Parteien.

1. Die zur Entſcheidung kompetenten Behörden.
Dieſelben ſind aus militairiſchen und bürgerlichen Elementen zu-
ſammengeſetzt, da bei der Rekrutirung nicht ausſchließlich militai-
riſche Intereſſen in Betracht kommen. Sie ſind in vier Inſtanzen
gegliedert. Die erſte Inſtanz iſt die Erſatzkommiſſion. Sie
wird für den Aushebungsbezirk gebildet und beſteht aus dem
Landwehr-Bezirkskommandeur und einem Verwaltungsbeamten des
Bezirks, oder wo ein ſolcher Beamter fehlt, einem beſonders zu
dieſem Zwecke beſtellten bürgerlichen Mitgliede 1). Die zweite In-
ſtanz bildet die Ober-Erſatzkommiſſion für den Infanterie-
Brigadebezirk; ſie beſteht aus dem Infanterie-Brigadekommandeur
und einem höheren Verwaltungsbeamten 2). Die dritte In-
ſtanz
fungirt für den Armeekorps-Bezirk; ſie wird gebildet durch
den kommandirenden General des Armeekorps in Gemeinſchaft mit
dem Chef einer Provinzial- oder Landesbehörde, ſofern nicht hier-
für in einzelnen Bundesſtaaten beſondere Behörden beſtellt ſind 3).
Die Oberaufſicht über die Geſchäftsthätigkeit der Erſatzbehörden
und die oberſte Leitung der Heeresergänzung wird von den zu-
ſtändigen Kriegsminiſterien in Gemeinſchaft mit den oberſten Civil-
Verwaltungsbehörden der einzelnen Bundesſtaaten geführt 4). Dieſer,

1) Mil.Geſ. §. 30 Ziff. 3 a. Ueber die letzten Worte bemerkte der Bericht-
erſtatter (Lasker) im Reichstage: „Wer nicht die Specialverhältniſſe in den
einzelnen Staaten des Deutſchen Reiches kennt, wird dieſen Zuſatz nicht ver-
ſtehen; es iſt uns aber in der Kommiſſ. glaubhaft berichtet worden, daß nach
den Verwaltungsmaximen Mecklenburgs nicht in jedem einzelnen Bezirke ein
ſolcher Beamter zu finden ſein würde, und deswegen mußte eine Spezialbeſtim-
mung für Mecklenburg getroffen werden.“ Stenogr. Ber. 1874. I Seſſ. S. 864.
2) Mil.Geſ. §. 30 Ziff. 3 b.
3) Mil.Geſ. §. 30 Ziff. 3 c. Ein Verzeichniß der „Erſatzbehörden dritter
Inſtanz“ und ihrer Zuſammenſetzung im ganzen Bundesgebiet mit Einſchluß
Bayerns, Sachſens und Württembergs enthält die W.O. I §. 2 Ziff. 3.
4) Mil.Geſ. §. 30 Ziff. 3 d. Ein Verzeichniß dieſer Behörden enthält die
W.O. I §. 2 Ziff. 2.
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[155/0165] §. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. ſächlichen Umſtände und in der logiſchen Unterordnung derſelben unter Rechtsregeln. Durch die Entſcheidung der Erſatzbehörden wird in rechtskräftiger Weiſe der Anſpruch des Staates auf die militairiſchen Dienſte des Wehrpflichtigen reſp. das Vorhandenſein und der Umfang der Dienſtpflicht des letzteren feſtgeſtellt; ſie ſchafft formelles Recht zwiſchen dem Staat und dem Wehrpflichtigen in ähn- licher Weiſe wie das gerichtliche Urtheil unter den Prozeß-Parteien. 1. Die zur Entſcheidung kompetenten Behörden. Dieſelben ſind aus militairiſchen und bürgerlichen Elementen zu- ſammengeſetzt, da bei der Rekrutirung nicht ausſchließlich militai- riſche Intereſſen in Betracht kommen. Sie ſind in vier Inſtanzen gegliedert. Die erſte Inſtanz iſt die Erſatzkommiſſion. Sie wird für den Aushebungsbezirk gebildet und beſteht aus dem Landwehr-Bezirkskommandeur und einem Verwaltungsbeamten des Bezirks, oder wo ein ſolcher Beamter fehlt, einem beſonders zu dieſem Zwecke beſtellten bürgerlichen Mitgliede 1). Die zweite In- ſtanz bildet die Ober-Erſatzkommiſſion für den Infanterie- Brigadebezirk; ſie beſteht aus dem Infanterie-Brigadekommandeur und einem höheren Verwaltungsbeamten 2). Die dritte In- ſtanz fungirt für den Armeekorps-Bezirk; ſie wird gebildet durch den kommandirenden General des Armeekorps in Gemeinſchaft mit dem Chef einer Provinzial- oder Landesbehörde, ſofern nicht hier- für in einzelnen Bundesſtaaten beſondere Behörden beſtellt ſind 3). Die Oberaufſicht über die Geſchäftsthätigkeit der Erſatzbehörden und die oberſte Leitung der Heeresergänzung wird von den zu- ſtändigen Kriegsminiſterien in Gemeinſchaft mit den oberſten Civil- Verwaltungsbehörden der einzelnen Bundesſtaaten geführt 4). Dieſer, 1) Mil.Geſ. §. 30 Ziff. 3 a. Ueber die letzten Worte bemerkte der Bericht- erſtatter (Lasker) im Reichstage: „Wer nicht die Specialverhältniſſe in den einzelnen Staaten des Deutſchen Reiches kennt, wird dieſen Zuſatz nicht ver- ſtehen; es iſt uns aber in der Kommiſſ. glaubhaft berichtet worden, daß nach den Verwaltungsmaximen Mecklenburgs nicht in jedem einzelnen Bezirke ein ſolcher Beamter zu finden ſein würde, und deswegen mußte eine Spezialbeſtim- mung für Mecklenburg getroffen werden.“ Stenogr. Ber. 1874. I Seſſ. S. 864. 2) Mil.Geſ. §. 30 Ziff. 3 b. 3) Mil.Geſ. §. 30 Ziff. 3 c. Ein Verzeichniß der „Erſatzbehörden dritter Inſtanz“ und ihrer Zuſammenſetzung im ganzen Bundesgebiet mit Einſchluß Bayerns, Sachſens und Württembergs enthält die W.O. I §. 2 Ziff. 3. 4) Mil.Geſ. §. 30 Ziff. 3 d. Ein Verzeichniß dieſer Behörden enthält die W.O. I §. 2 Ziff. 2.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/165>, abgerufen am 21.11.2024.