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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 123. Bedeutung und Feststellung des Haushalts-Etats-Gesetzes.
Vierter Abschnitt. Das Budgetrecht *) .
§. 123. Bedeutung und Feststellung des Haushalts-Etats-Gesetzes.

I. Für die staatsrechtliche Würdigung des Budgetgesetzes ist
die oben Bd. II. §§. 56 ff. entwickelte Unterscheidung der Gesetze
im materiellen und formellen Sinne maßgebend. Nach der daselbst
gegebenen Begriffsbestimmung des Gesetzes im materiellen Sinne
als der rechtsverbindlichen Anordnung eines Rechtssatzes ergiebt
es sich von selbst, daß der Etat kein Gesetz im materiellen Sinne
ist, da er keine Rechtssätze enthält. Der Etat ist eine Rechnung
und zwar nicht über bereits geleistete Ausgaben und erhobene
Einnahmen, sondern über künftig zu erwartende Einnahmen und
Ausgaben; er ist ein sogenannter Voranschlag. Er korrespon-
dirt mit der nach Ablauf der Wirthschaftsperiode zu legenden
Rechnung über die wirklichen Einnahmen und Ausgaben. Eine
Rechnung aber enthält keine Regeln, am wenigsten Rechtsregeln,
sondern Thatsachen; sie referirt durch kurze, mit Zahlen ver-
sehene Angaben die bereits erfolgten oder vorherzusehenden Ein-
nahmen und Ausgaben. Der Etat begründet der Regel nach keine

*) Vgl. über diese in der neueren Literatur vielfach behandelte Lehre:
Fricker, Steuerbewilligung und Finanzgesetz, in der Tübinger Zeitschr. für
die gesammte Staatswissenschaft Bd. XVII (1861). Gneist, Budget und
Gesetz, 1867 und derselbe Gesetz und Budget, Berlin 1879. Laband, Das
Budgetrecht nach den Bestimmungen der Preuß. Verf.Urk. Berlin 1871 und
derselbe in Hirth's Annalen 1873 S. 524 ff. Herm. Schulze, Das Finanz-
recht der Reichs- und Landtage; in Grünhut's Zetischr. f. d. Privat- und öffentl.
Recht der Gegenw. Bd. II. S. 161 ff. und in seinem Lehrb. des deutschen
Staatsrechts I. (1881) S. 582 ff. v. Martitz, Betrachtungen über die
Verf. d. Nordd. Bundes 1868 und desselben Abhandlung: Ueber den
constitut. Begriff des Gesetzes, in der Tübinger Zeitschr. f. d. ges. Staats-
wissensch. Bd. XXXVI. (Auch separat gedruckt Tübingen 1880.) Georg
Meyer, Der Begriff des Gesetzes und die rechtliche Natur des Staats-
haushaltsetats; in Grünhut's Zeitschr. Bd. VIII. S. 1 ff. (eine, in den
meisten Punkten sehr treffende Widerlegung der von v. Martitz neuerdings
aufgestellten Behauptungen). Ferner v. Rönne, Staatsrecht d. Deutschen
Reichs II. 1 S. 143 ff., G. Meyer, Staatsrecht §. 204 und §. 209 und
Zorn in v. Holtzendorff's Rechtslexikon (3. Aufl. 1881) Bd. III. S. 382. --
Die hier folgende Darstellung ist im Wesentlichen eine Bearbeitung der von
mir 1873 in Hirth's Annalen gegebenen.
22*
§. 123. Bedeutung und Feſtſtellung des Haushalts-Etats-Geſetzes.
Vierter Abſchnitt. Das Budgetrecht *) .
§. 123. Bedeutung und Feſtſtellung des Haushalts-Etats-Geſetzes.

I. Für die ſtaatsrechtliche Würdigung des Budgetgeſetzes iſt
die oben Bd. II. §§. 56 ff. entwickelte Unterſcheidung der Geſetze
im materiellen und formellen Sinne maßgebend. Nach der daſelbſt
gegebenen Begriffsbeſtimmung des Geſetzes im materiellen Sinne
als der rechtsverbindlichen Anordnung eines Rechtsſatzes ergiebt
es ſich von ſelbſt, daß der Etat kein Geſetz im materiellen Sinne
iſt, da er keine Rechtsſätze enthält. Der Etat iſt eine Rechnung
und zwar nicht über bereits geleiſtete Ausgaben und erhobene
Einnahmen, ſondern über künftig zu erwartende Einnahmen und
Ausgaben; er iſt ein ſogenannter Voranſchlag. Er korreſpon-
dirt mit der nach Ablauf der Wirthſchaftsperiode zu legenden
Rechnung über die wirklichen Einnahmen und Ausgaben. Eine
Rechnung aber enthält keine Regeln, am wenigſten Rechtsregeln,
ſondern Thatſachen; ſie referirt durch kurze, mit Zahlen ver-
ſehene Angaben die bereits erfolgten oder vorherzuſehenden Ein-
nahmen und Ausgaben. Der Etat begründet der Regel nach keine

*) Vgl. über dieſe in der neueren Literatur vielfach behandelte Lehre:
Fricker, Steuerbewilligung und Finanzgeſetz, in der Tübinger Zeitſchr. für
die geſammte Staatswiſſenſchaft Bd. XVII (1861). Gneiſt, Budget und
Geſetz, 1867 und derſelbe Geſetz und Budget, Berlin 1879. Laband, Das
Budgetrecht nach den Beſtimmungen der Preuß. Verf.Urk. Berlin 1871 und
derſelbe in Hirth’s Annalen 1873 S. 524 ff. Herm. Schulze, Das Finanz-
recht der Reichs- und Landtage; in Grünhut’s Zetiſchr. f. d. Privat- und öffentl.
Recht der Gegenw. Bd. II. S. 161 ff. und in ſeinem Lehrb. des deutſchen
Staatsrechts I. (1881) S. 582 ff. v. Martitz, Betrachtungen über die
Verf. d. Nordd. Bundes 1868 und deſſelben Abhandlung: Ueber den
conſtitut. Begriff des Geſetzes, in der Tübinger Zeitſchr. f. d. geſ. Staats-
wiſſenſch. Bd. XXXVI. (Auch ſeparat gedruckt Tübingen 1880.) Georg
Meyer, Der Begriff des Geſetzes und die rechtliche Natur des Staats-
haushaltsetats; in Grünhut’s Zeitſchr. Bd. VIII. S. 1 ff. (eine, in den
meiſten Punkten ſehr treffende Widerlegung der von v. Martitz neuerdings
aufgeſtellten Behauptungen). Ferner v. Rönne, Staatsrecht d. Deutſchen
Reichs II. 1 S. 143 ff., G. Meyer, Staatsrecht §. 204 und §. 209 und
Zorn in v. Holtzendorff’s Rechtslexikon (3. Aufl. 1881) Bd. III. S. 382. —
Die hier folgende Darſtellung iſt im Weſentlichen eine Bearbeitung der von
mir 1873 in Hirth’s Annalen gegebenen.
22*
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[339/0349] §. 123. Bedeutung und Feſtſtellung des Haushalts-Etats-Geſetzes. Vierter Abſchnitt. Das Budgetrecht *) . §. 123. Bedeutung und Feſtſtellung des Haushalts-Etats-Geſetzes. I. Für die ſtaatsrechtliche Würdigung des Budgetgeſetzes iſt die oben Bd. II. §§. 56 ff. entwickelte Unterſcheidung der Geſetze im materiellen und formellen Sinne maßgebend. Nach der daſelbſt gegebenen Begriffsbeſtimmung des Geſetzes im materiellen Sinne als der rechtsverbindlichen Anordnung eines Rechtsſatzes ergiebt es ſich von ſelbſt, daß der Etat kein Geſetz im materiellen Sinne iſt, da er keine Rechtsſätze enthält. Der Etat iſt eine Rechnung und zwar nicht über bereits geleiſtete Ausgaben und erhobene Einnahmen, ſondern über künftig zu erwartende Einnahmen und Ausgaben; er iſt ein ſogenannter Voranſchlag. Er korreſpon- dirt mit der nach Ablauf der Wirthſchaftsperiode zu legenden Rechnung über die wirklichen Einnahmen und Ausgaben. Eine Rechnung aber enthält keine Regeln, am wenigſten Rechtsregeln, ſondern Thatſachen; ſie referirt durch kurze, mit Zahlen ver- ſehene Angaben die bereits erfolgten oder vorherzuſehenden Ein- nahmen und Ausgaben. Der Etat begründet der Regel nach keine *) Vgl. über dieſe in der neueren Literatur vielfach behandelte Lehre: Fricker, Steuerbewilligung und Finanzgeſetz, in der Tübinger Zeitſchr. für die geſammte Staatswiſſenſchaft Bd. XVII (1861). Gneiſt, Budget und Geſetz, 1867 und derſelbe Geſetz und Budget, Berlin 1879. Laband, Das Budgetrecht nach den Beſtimmungen der Preuß. Verf.Urk. Berlin 1871 und derſelbe in Hirth’s Annalen 1873 S. 524 ff. Herm. Schulze, Das Finanz- recht der Reichs- und Landtage; in Grünhut’s Zetiſchr. f. d. Privat- und öffentl. Recht der Gegenw. Bd. II. S. 161 ff. und in ſeinem Lehrb. des deutſchen Staatsrechts I. (1881) S. 582 ff. v. Martitz, Betrachtungen über die Verf. d. Nordd. Bundes 1868 und deſſelben Abhandlung: Ueber den conſtitut. Begriff des Geſetzes, in der Tübinger Zeitſchr. f. d. geſ. Staats- wiſſenſch. Bd. XXXVI. (Auch ſeparat gedruckt Tübingen 1880.) Georg Meyer, Der Begriff des Geſetzes und die rechtliche Natur des Staats- haushaltsetats; in Grünhut’s Zeitſchr. Bd. VIII. S. 1 ff. (eine, in den meiſten Punkten ſehr treffende Widerlegung der von v. Martitz neuerdings aufgeſtellten Behauptungen). Ferner v. Rönne, Staatsrecht d. Deutſchen Reichs II. 1 S. 143 ff., G. Meyer, Staatsrecht §. 204 und §. 209 und Zorn in v. Holtzendorff’s Rechtslexikon (3. Aufl. 1881) Bd. III. S. 382. — Die hier folgende Darſtellung iſt im Weſentlichen eine Bearbeitung der von mir 1873 in Hirth’s Annalen gegebenen. 22*

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/349>, abgerufen am 21.11.2024.