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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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VII. Hauptstück.
Rede gar nicht vorkömmt. Diese Fälle haben mit
den Fragen, die schlechthin wegfallen, oder gar nicht
gemacht werden können, eine nähere Verwandtschaft.
Wir werden sie daher suchen kenntlicher zu machen,
weil sie gewöhnlich, ehe man sie aus dem rechten
Gesichtspunct betrachtet, Verwirrung und Streitig-
keiten verursachen, (§. 242.). Es sey demnach A
eine Gattung, B, C ihre zwo Arten, H sey ein In-
diuiduum.
Gehöret nun H unter die Gattung A,
so gehöret es auch nothwendig entweder unter C, oder
unter B; und man kann fragen, ob es C sey, oder
ob es B sey? Man kann aus gleichem Grunde auch
fragen, ob es C sey, oder ob es nicht C sey? Denn
weil H unter A gehöret, und A die Bestimmungen
B und C haben kann, so kömmt eine dieser Bestim-
mungen in dem Indiuiduo H nothwendig vor, und
man kann daher von jeder besonders fragen, ob sie
in H sey, oder nicht sey? Bis dahin geht alles richtig.
Man setze nun, B und C wären solche Bestimmungen,
die der Gattung A eigen sind; und K sey ein Indiui-
duum,
welches gar nicht unter die Gattung A, son-
dern unter eine ihrer Nebengattungen gehöret; so
fällt die Frage, ob K, B oder C sey, imgleichen ob K,
C
sey oder nicht C sey, ganz weg. Denn diese Fra-
gen setzen stillschweigend voraus, daß K unter die
Gattung A gehöre, und dieses ist vermöge der Vor-
aussetzung nicht. Demnach fallen diese Fragen zu-
gleich mit der Bedingung weg. Z. E. Man kann
die Figuren, welche Seiten haben, in Gleichseitige
und Ungleichseitige eintheilen. Wollte man nun fra-
gen, ob ein Cirkel gleichseitig oder ungleichseitig sey:
so kann man weder bejahen noch verneinen, weil bey
Cirkeln von Seiten gar nicht die Rede ist. Auf
gleiche Art ist die Frage, ob ein Triangel tugendhaft

sey

VII. Hauptſtuͤck.
Rede gar nicht vorkoͤmmt. Dieſe Faͤlle haben mit
den Fragen, die ſchlechthin wegfallen, oder gar nicht
gemacht werden koͤnnen, eine naͤhere Verwandtſchaft.
Wir werden ſie daher ſuchen kenntlicher zu machen,
weil ſie gewoͤhnlich, ehe man ſie aus dem rechten
Geſichtspunct betrachtet, Verwirrung und Streitig-
keiten verurſachen, (§. 242.). Es ſey demnach A
eine Gattung, B, C ihre zwo Arten, H ſey ein In-
diuiduum.
Gehoͤret nun H unter die Gattung A,
ſo gehoͤret es auch nothwendig entweder unter C, oder
unter B; und man kann fragen, ob es C ſey, oder
ob es B ſey? Man kann aus gleichem Grunde auch
fragen, ob es C ſey, oder ob es nicht C ſey? Denn
weil H unter A gehoͤret, und A die Beſtimmungen
B und C haben kann, ſo koͤmmt eine dieſer Beſtim-
mungen in dem Indiuiduo H nothwendig vor, und
man kann daher von jeder beſonders fragen, ob ſie
in H ſey, oder nicht ſey? Bis dahin geht alles richtig.
Man ſetze nun, B und C waͤren ſolche Beſtimmungen,
die der Gattung A eigen ſind; und K ſey ein Indiui-
duum,
welches gar nicht unter die Gattung A, ſon-
dern unter eine ihrer Nebengattungen gehoͤret; ſo
faͤllt die Frage, ob K, B oder C ſey, imgleichen ob K,
C
ſey oder nicht C ſey, ganz weg. Denn dieſe Fra-
gen ſetzen ſtillſchweigend voraus, daß K unter die
Gattung A gehoͤre, und dieſes iſt vermoͤge der Vor-
ausſetzung nicht. Demnach fallen dieſe Fragen zu-
gleich mit der Bedingung weg. Z. E. Man kann
die Figuren, welche Seiten haben, in Gleichſeitige
und Ungleichſeitige eintheilen. Wollte man nun fra-
gen, ob ein Cirkel gleichſeitig oder ungleichſeitig ſey:
ſo kann man weder bejahen noch verneinen, weil bey
Cirkeln von Seiten gar nicht die Rede iſt. Auf
gleiche Art iſt die Frage, ob ein Triangel tugendhaft

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[218/0254] VII. Hauptſtuͤck. Rede gar nicht vorkoͤmmt. Dieſe Faͤlle haben mit den Fragen, die ſchlechthin wegfallen, oder gar nicht gemacht werden koͤnnen, eine naͤhere Verwandtſchaft. Wir werden ſie daher ſuchen kenntlicher zu machen, weil ſie gewoͤhnlich, ehe man ſie aus dem rechten Geſichtspunct betrachtet, Verwirrung und Streitig- keiten verurſachen, (§. 242.). Es ſey demnach A eine Gattung, B, C ihre zwo Arten, H ſey ein In- diuiduum. Gehoͤret nun H unter die Gattung A, ſo gehoͤret es auch nothwendig entweder unter C, oder unter B; und man kann fragen, ob es C ſey, oder ob es B ſey? Man kann aus gleichem Grunde auch fragen, ob es C ſey, oder ob es nicht C ſey? Denn weil H unter A gehoͤret, und A die Beſtimmungen B und C haben kann, ſo koͤmmt eine dieſer Beſtim- mungen in dem Indiuiduo H nothwendig vor, und man kann daher von jeder beſonders fragen, ob ſie in H ſey, oder nicht ſey? Bis dahin geht alles richtig. Man ſetze nun, B und C waͤren ſolche Beſtimmungen, die der Gattung A eigen ſind; und K ſey ein Indiui- duum, welches gar nicht unter die Gattung A, ſon- dern unter eine ihrer Nebengattungen gehoͤret; ſo faͤllt die Frage, ob K, B oder C ſey, imgleichen ob K, C ſey oder nicht C ſey, ganz weg. Denn dieſe Fra- gen ſetzen ſtillſchweigend voraus, daß K unter die Gattung A gehoͤre, und dieſes iſt vermoͤge der Vor- ausſetzung nicht. Demnach fallen dieſe Fragen zu- gleich mit der Bedingung weg. Z. E. Man kann die Figuren, welche Seiten haben, in Gleichſeitige und Ungleichſeitige eintheilen. Wollte man nun fra- gen, ob ein Cirkel gleichſeitig oder ungleichſeitig ſey: ſo kann man weder bejahen noch verneinen, weil bey Cirkeln von Seiten gar nicht die Rede iſt. Auf gleiche Art iſt die Frage, ob ein Triangel tugendhaft ſey

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/254>, abgerufen am 22.11.2024.