Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.einer wissenschaftlichen Grundlehre. lehre zu fragen habe? Jn der Grundlehre sind bis-her auch Fragen vorgekommen, die durch Sätze ver- anlasset worden sind, welche man aus ontologischen Gründen gerne erwiesen oder umgestoßen hätte, und solchen Sätzen zu gefallen, haben die ontologischen Definitionen öfters Anderungen gelitten. Solche Fragen müssen bey einer richtigen und wissenschaftli- chen Grundlehre schlechthin wegfallen. Denn sie sind ungefähr von der Art, als wenn man in der Mathe- matic fragete: ob man nicht dem Ptolomäischen Weltbaue, oder dem Perpetuo mobili, oder der Quadratur des Cirkels zu Liebe, einige Begriffe, und Sätze der Geometrie ändern wolle, damit sie sich daraus erweisen und herleiten lassen. Die Grund- lehre soll in ein wissenschaftliches Lehrgebäude ge- bracht werden, ohne daß man darauf sehe, ob man, was daraus folget, erwartet oder anders geglaubet habe? Und ist sie in der That wissenschaftlich, so kömmt nichts darinn vor, welches sich in den Folgen umstoßen, oder ad absurdum deduciren lassen könnte, sondern diese Folgen stoßen die Sätze um, welche den- selben zuwider laufen. §. 42. Man kann aber leicht zeigen, warum man sich rer C 3
einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre. lehre zu fragen habe? Jn der Grundlehre ſind bis-her auch Fragen vorgekommen, die durch Saͤtze ver- anlaſſet worden ſind, welche man aus ontologiſchen Gruͤnden gerne erwieſen oder umgeſtoßen haͤtte, und ſolchen Saͤtzen zu gefallen, haben die ontologiſchen Definitionen oͤfters Anderungen gelitten. Solche Fragen muͤſſen bey einer richtigen und wiſſenſchaftli- chen Grundlehre ſchlechthin wegfallen. Denn ſie ſind ungefaͤhr von der Art, als wenn man in der Mathe- matic fragete: ob man nicht dem Ptolomaͤiſchen Weltbaue, oder dem Perpetuo mobili, oder der Quadratur des Cirkels zu Liebe, einige Begriffe, und Saͤtze der Geometrie aͤndern wolle, damit ſie ſich daraus erweiſen und herleiten laſſen. Die Grund- lehre ſoll in ein wiſſenſchaftliches Lehrgebaͤude ge- bracht werden, ohne daß man darauf ſehe, ob man, was daraus folget, erwartet oder anders geglaubet habe? Und iſt ſie in der That wiſſenſchaftlich, ſo koͤmmt nichts darinn vor, welches ſich in den Folgen umſtoßen, oder ad abſurdum deduciren laſſen koͤnnte, ſondern dieſe Folgen ſtoßen die Saͤtze um, welche den- ſelben zuwider laufen. §. 42. Man kann aber leicht zeigen, warum man ſich rer C 3
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einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre.
lehre zu fragen habe? Jn der Grundlehre ſind bis-
her auch Fragen vorgekommen, die durch Saͤtze ver-
anlaſſet worden ſind, welche man aus ontologiſchen
Gruͤnden gerne erwieſen oder umgeſtoßen haͤtte, und
ſolchen Saͤtzen zu gefallen, haben die ontologiſchen
Definitionen oͤfters Anderungen gelitten. Solche
Fragen muͤſſen bey einer richtigen und wiſſenſchaftli-
chen Grundlehre ſchlechthin wegfallen. Denn ſie ſind
ungefaͤhr von der Art, als wenn man in der Mathe-
matic fragete: ob man nicht dem Ptolomaͤiſchen
Weltbaue, oder dem Perpetuo mobili, oder der
Quadratur des Cirkels zu Liebe, einige Begriffe, und
Saͤtze der Geometrie aͤndern wolle, damit ſie ſich
daraus erweiſen und herleiten laſſen. Die Grund-
lehre ſoll in ein wiſſenſchaftliches Lehrgebaͤude ge-
bracht werden, ohne daß man darauf ſehe, ob man,
was daraus folget, erwartet oder anders geglaubet
habe? Und iſt ſie in der That wiſſenſchaftlich, ſo
koͤmmt nichts darinn vor, welches ſich in den Folgen
umſtoßen, oder ad abſurdum deduciren laſſen koͤnnte,
ſondern dieſe Folgen ſtoßen die Saͤtze um, welche den-
ſelben zuwider laufen.
§. 42.
Man kann aber leicht zeigen, warum man ſich
ehender hat in den Sinn kommen laſſen, in den on-
tologiſchen Begriffen und Saͤtzen den Folgen zu ge-
fallen Aenderungen vorzunehmen. Denn die Defi-
nitionen der Grundlehre wurden aus dieſen Folgen,
oder durch die Saͤtze beſtimmet, die man daraus her-
leiten wollte. Dieſes hieße man: eine Sache dem
Wortgebrauche gemaͤß erklaͤren. Dieſer Wort-
gebrauch war aber oͤfters nur derjenige, ſo bey vor-
gefaßten Meynungen und Hypotheſen ein oder ande-
rer
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