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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Das Allgemeine der Größe.
einräume, und von seinem Vorgeben abstehen würde,
wenn er den reinen Verstand (Intellectus purus)
mehr walten ließe. Man sehe aber, was wir in dem
dritten Hauptstücke der Phänomenologie (§. 119-125.)
über den reinen Verstand angemerket haben. Wolf
hat die Beyspiele, wo der Verstand rein vorkömmt,
aus der Mathematic, und besonders aus der Rechen-
kunst und Algeber genommen, und ohne diese Wis-
senschaften erlernet zu haben, kann man nicht aus
eigener Empfindung und Bewußtseyn urtheilen, ob
dieses richtig ist oder nicht. Baumgarten sieht die
Reinheit des Verstandes (Puritas intellectus), als
einen größern Grad von Tiefsinnigkeit an, und setzet
sie demnach nur relativ, da doch die Reinheit (Pu-
ritas
) eine Einheit ist, die schlechthin nur Brüche
admittirt, wie z. E. Wasser, Silber, Gold etc.
nicht mehr als rein, hingegen durch unzählige Stu-
fen mit fremdem Zeuge vermenget seyn kann. Das
Wegseyn fremder Bilder und des sinnlichen Scheines
machet den reinen Verstand aus. Baumgarten aber
suchte denselben durch das Analysiren der Begriffe zu
erhalten. Man sehe hierüber den §. 523. wo die Mit-
tel, zur netten Deutlichkeit und Vollständigkeit der
Begriffe zu gelangen, ganz anders angegeben sind.

§. 686.

Wir übergehen hiebey mehrere Fälle, wo man
theils wider mathematische Wahrheiten metaphysische
Einwürfe gemacht, theils erstere aus metaphysischen
Definitionen und Gründen erweisen, theils auch z. E.
aus metaphysischen Gründen Quadraturen des Cirkels
hat erfinden wollen, und etwann dabey gesetzt hat,
eine Linie bestehe aus einer Anzahl Puncte, eine Flä-
che aus einer Anzahl Linien etc. Oefters auch, nach-

dem
U 3

Das Allgemeine der Groͤße.
einraͤume, und von ſeinem Vorgeben abſtehen wuͤrde,
wenn er den reinen Verſtand (Intellectus purus)
mehr walten ließe. Man ſehe aber, was wir in dem
dritten Hauptſtuͤcke der Phaͤnomenologie (§. 119-125.)
uͤber den reinen Verſtand angemerket haben. Wolf
hat die Beyſpiele, wo der Verſtand rein vorkoͤmmt,
aus der Mathematic, und beſonders aus der Rechen-
kunſt und Algeber genommen, und ohne dieſe Wiſ-
ſenſchaften erlernet zu haben, kann man nicht aus
eigener Empfindung und Bewußtſeyn urtheilen, ob
dieſes richtig iſt oder nicht. Baumgarten ſieht die
Reinheit des Verſtandes (Puritas intellectus), als
einen groͤßern Grad von Tiefſinnigkeit an, und ſetzet
ſie demnach nur relativ, da doch die Reinheit (Pu-
ritas
) eine Einheit iſt, die ſchlechthin nur Bruͤche
admittirt, wie z. E. Waſſer, Silber, Gold ꝛc.
nicht mehr als rein, hingegen durch unzaͤhlige Stu-
fen mit fremdem Zeuge vermenget ſeyn kann. Das
Wegſeyn fremder Bilder und des ſinnlichen Scheines
machet den reinen Verſtand aus. Baumgarten aber
ſuchte denſelben durch das Analyſiren der Begriffe zu
erhalten. Man ſehe hieruͤber den §. 523. wo die Mit-
tel, zur netten Deutlichkeit und Vollſtaͤndigkeit der
Begriffe zu gelangen, ganz anders angegeben ſind.

§. 686.

Wir uͤbergehen hiebey mehrere Faͤlle, wo man
theils wider mathematiſche Wahrheiten metaphyſiſche
Einwuͤrfe gemacht, theils erſtere aus metaphyſiſchen
Definitionen und Gruͤnden erweiſen, theils auch z. E.
aus metaphyſiſchen Gruͤnden Quadraturen des Cirkels
hat erfinden wollen, und etwann dabey geſetzt hat,
eine Linie beſtehe aus einer Anzahl Puncte, eine Flaͤ-
che aus einer Anzahl Linien ꝛc. Oefters auch, nach-

dem
U 3
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[309/0317] Das Allgemeine der Groͤße. einraͤume, und von ſeinem Vorgeben abſtehen wuͤrde, wenn er den reinen Verſtand (Intellectus purus) mehr walten ließe. Man ſehe aber, was wir in dem dritten Hauptſtuͤcke der Phaͤnomenologie (§. 119-125.) uͤber den reinen Verſtand angemerket haben. Wolf hat die Beyſpiele, wo der Verſtand rein vorkoͤmmt, aus der Mathematic, und beſonders aus der Rechen- kunſt und Algeber genommen, und ohne dieſe Wiſ- ſenſchaften erlernet zu haben, kann man nicht aus eigener Empfindung und Bewußtſeyn urtheilen, ob dieſes richtig iſt oder nicht. Baumgarten ſieht die Reinheit des Verſtandes (Puritas intellectus), als einen groͤßern Grad von Tiefſinnigkeit an, und ſetzet ſie demnach nur relativ, da doch die Reinheit (Pu- ritas) eine Einheit iſt, die ſchlechthin nur Bruͤche admittirt, wie z. E. Waſſer, Silber, Gold ꝛc. nicht mehr als rein, hingegen durch unzaͤhlige Stu- fen mit fremdem Zeuge vermenget ſeyn kann. Das Wegſeyn fremder Bilder und des ſinnlichen Scheines machet den reinen Verſtand aus. Baumgarten aber ſuchte denſelben durch das Analyſiren der Begriffe zu erhalten. Man ſehe hieruͤber den §. 523. wo die Mit- tel, zur netten Deutlichkeit und Vollſtaͤndigkeit der Begriffe zu gelangen, ganz anders angegeben ſind. §. 686. Wir uͤbergehen hiebey mehrere Faͤlle, wo man theils wider mathematiſche Wahrheiten metaphyſiſche Einwuͤrfe gemacht, theils erſtere aus metaphyſiſchen Definitionen und Gruͤnden erweiſen, theils auch z. E. aus metaphyſiſchen Gruͤnden Quadraturen des Cirkels hat erfinden wollen, und etwann dabey geſetzt hat, eine Linie beſtehe aus einer Anzahl Puncte, eine Flaͤ- che aus einer Anzahl Linien ꝛc. Oefters auch, nach- dem U 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/317>, abgerufen am 22.11.2024.