Dieses geht nun nothwendig an, wo die Verände- rung in der Größe nur von einem Umstande abhängt. Wo aber mehrere Umstände sind, da muß man bis auf einen wissen, daß sie gleich oder einerley sind, und sodann läßt sich aus der Gleichheit der Größen auch auf die Gleichheit dieses einen Umstandes den Schluß machen, wenn man diese auch aus andern Gründen nicht weiß. Es giebt demnach erst erwähn- ter Satz eigentlich eine Gleichung an, vermittelst de- ren man von den darinn vorkommenden Größen eine durch die übrigen so bestimmen kann, daß, wenn die übrigen in zween oder mehrern Fällen einerley sind, auch dieselbe einerley sey.
§. 769.
Es giebt aber in besondern Fällen auch specialere Benennungen solcher Umstände, und specialere Kenn- zeichen von der Gleichheit zwoer oder mehrerer Grö- ßen. Denn so z. E. hat man in der Geometrie den Satz, daß die Figuren, deren Ende auf einander passen, einander (sowohl der Größe als der Art und der Aehnlichkeit nach) gleich sind. Dieser Satz gilt bey geraden Linien und Winkeln auch umgekehrt, weil diese nicht von gleicher Größe seyn können, ohne auf einander zu passen. Er enthält auch den eigentlichen und absolutesten Grundbegriff von der unmittelbar- sten Vergleichung zwoer Größen, weil man sich da- bey nicht nur Worte, sondern unmittelbar die Sache selbst vorstellet. Hingegen haben wir nicht selten die Gründe zur Gleichheit zwoer Größen aufzusuchen, wo mehrere und der Art nach von einander verschiedene Umstände vorkommen, von denen diese Gleichheit abhängt. So z. E. sagen wir, daß zween Körper gleiche Dichtigkeit haben, bey welchen in gleich gro-
ßem
B b 3
Der Maaßſtab.
Dieſes geht nun nothwendig an, wo die Veraͤnde- rung in der Groͤße nur von einem Umſtande abhaͤngt. Wo aber mehrere Umſtaͤnde ſind, da muß man bis auf einen wiſſen, daß ſie gleich oder einerley ſind, und ſodann laͤßt ſich aus der Gleichheit der Groͤßen auch auf die Gleichheit dieſes einen Umſtandes den Schluß machen, wenn man dieſe auch aus andern Gruͤnden nicht weiß. Es giebt demnach erſt erwaͤhn- ter Satz eigentlich eine Gleichung an, vermittelſt de- ren man von den darinn vorkommenden Groͤßen eine durch die uͤbrigen ſo beſtimmen kann, daß, wenn die uͤbrigen in zween oder mehrern Faͤllen einerley ſind, auch dieſelbe einerley ſey.
§. 769.
Es giebt aber in beſondern Faͤllen auch ſpecialere Benennungen ſolcher Umſtaͤnde, und ſpecialere Kenn- zeichen von der Gleichheit zwoer oder mehrerer Groͤ- ßen. Denn ſo z. E. hat man in der Geometrie den Satz, daß die Figuren, deren Ende auf einander paſſen, einander (ſowohl der Groͤße als der Art und der Aehnlichkeit nach) gleich ſind. Dieſer Satz gilt bey geraden Linien und Winkeln auch umgekehrt, weil dieſe nicht von gleicher Groͤße ſeyn koͤnnen, ohne auf einander zu paſſen. Er enthaͤlt auch den eigentlichen und abſoluteſten Grundbegriff von der unmittelbar- ſten Vergleichung zwoer Groͤßen, weil man ſich da- bey nicht nur Worte, ſondern unmittelbar die Sache ſelbſt vorſtellet. Hingegen haben wir nicht ſelten die Gruͤnde zur Gleichheit zwoer Groͤßen aufzuſuchen, wo mehrere und der Art nach von einander verſchiedene Umſtaͤnde vorkommen, von denen dieſe Gleichheit abhaͤngt. So z. E. ſagen wir, daß zween Koͤrper gleiche Dichtigkeit haben, bey welchen in gleich gro-
ßem
B b 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0397"n="389"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Maaßſtab.</hi></fw><lb/>
Dieſes geht nun nothwendig an, wo die Veraͤnde-<lb/>
rung in der Groͤße nur von einem Umſtande abhaͤngt.<lb/>
Wo aber mehrere Umſtaͤnde ſind, da muß man bis<lb/>
auf einen wiſſen, daß ſie gleich oder einerley ſind,<lb/>
und ſodann laͤßt ſich aus der Gleichheit der Groͤßen<lb/>
auch auf die Gleichheit dieſes einen Umſtandes den<lb/>
Schluß machen, wenn man dieſe auch aus andern<lb/>
Gruͤnden nicht weiß. Es giebt demnach erſt erwaͤhn-<lb/>
ter Satz eigentlich eine Gleichung an, vermittelſt de-<lb/>
ren man von den darinn vorkommenden Groͤßen eine<lb/>
durch die uͤbrigen ſo beſtimmen kann, daß, wenn die<lb/>
uͤbrigen in zween oder mehrern Faͤllen einerley ſind,<lb/>
auch dieſelbe einerley ſey.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 769.</head><lb/><p>Es giebt aber in beſondern Faͤllen auch ſpecialere<lb/>
Benennungen ſolcher Umſtaͤnde, und ſpecialere Kenn-<lb/>
zeichen von der Gleichheit zwoer oder mehrerer Groͤ-<lb/>
ßen. Denn ſo z. E. hat man in der Geometrie den<lb/>
Satz, daß die Figuren, deren Ende auf einander<lb/>
paſſen, einander (ſowohl der Groͤße als der Art und<lb/>
der Aehnlichkeit nach) gleich ſind. Dieſer Satz gilt<lb/>
bey geraden Linien und Winkeln auch umgekehrt, weil<lb/>
dieſe nicht von gleicher Groͤße ſeyn koͤnnen, ohne auf<lb/>
einander zu paſſen. Er enthaͤlt auch den eigentlichen<lb/>
und abſoluteſten Grundbegriff von der unmittelbar-<lb/>ſten Vergleichung zwoer Groͤßen, weil man ſich da-<lb/>
bey nicht nur Worte, ſondern unmittelbar die Sache<lb/>ſelbſt vorſtellet. Hingegen haben wir nicht ſelten die<lb/>
Gruͤnde zur Gleichheit zwoer Groͤßen aufzuſuchen, wo<lb/>
mehrere und der Art nach von einander verſchiedene<lb/>
Umſtaͤnde vorkommen, von denen dieſe Gleichheit<lb/>
abhaͤngt. So z. E. ſagen wir, daß zween Koͤrper<lb/>
gleiche Dichtigkeit haben, bey welchen in gleich gro-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">ßem</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[389/0397]
Der Maaßſtab.
Dieſes geht nun nothwendig an, wo die Veraͤnde-
rung in der Groͤße nur von einem Umſtande abhaͤngt.
Wo aber mehrere Umſtaͤnde ſind, da muß man bis
auf einen wiſſen, daß ſie gleich oder einerley ſind,
und ſodann laͤßt ſich aus der Gleichheit der Groͤßen
auch auf die Gleichheit dieſes einen Umſtandes den
Schluß machen, wenn man dieſe auch aus andern
Gruͤnden nicht weiß. Es giebt demnach erſt erwaͤhn-
ter Satz eigentlich eine Gleichung an, vermittelſt de-
ren man von den darinn vorkommenden Groͤßen eine
durch die uͤbrigen ſo beſtimmen kann, daß, wenn die
uͤbrigen in zween oder mehrern Faͤllen einerley ſind,
auch dieſelbe einerley ſey.
§. 769.
Es giebt aber in beſondern Faͤllen auch ſpecialere
Benennungen ſolcher Umſtaͤnde, und ſpecialere Kenn-
zeichen von der Gleichheit zwoer oder mehrerer Groͤ-
ßen. Denn ſo z. E. hat man in der Geometrie den
Satz, daß die Figuren, deren Ende auf einander
paſſen, einander (ſowohl der Groͤße als der Art und
der Aehnlichkeit nach) gleich ſind. Dieſer Satz gilt
bey geraden Linien und Winkeln auch umgekehrt, weil
dieſe nicht von gleicher Groͤße ſeyn koͤnnen, ohne auf
einander zu paſſen. Er enthaͤlt auch den eigentlichen
und abſoluteſten Grundbegriff von der unmittelbar-
ſten Vergleichung zwoer Groͤßen, weil man ſich da-
bey nicht nur Worte, ſondern unmittelbar die Sache
ſelbſt vorſtellet. Hingegen haben wir nicht ſelten die
Gruͤnde zur Gleichheit zwoer Groͤßen aufzuſuchen, wo
mehrere und der Art nach von einander verſchiedene
Umſtaͤnde vorkommen, von denen dieſe Gleichheit
abhaͤngt. So z. E. ſagen wir, daß zween Koͤrper
gleiche Dichtigkeit haben, bey welchen in gleich gro-
ßem
B b 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/397>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.