Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
XXVIII. Hauptstück.
§. 829.

Es ist ferner die Bedingung, die den Philosophen
bey dem Zusammennehmen, einfacher Bestimmun-
gen einschränket, wenn er a priori geht, von derje-
nigen einiger Maßen verschieden, die der Mathema-
tiker zu erfüllen hat. Der Philosoph kann nicht meh-
rere zusammen nehmen, als zum existiren können er-
fordert werden, und nimmt er so viele, so ist der Be-
griff des ganzen, den er bilden will, vollständig.
Nimmt er aber weniger zusammen, so geschieht die-
ses nur, um einen einfachern Begriff zu bilden, und
dabey müssen immer die zusammengenommenen nicht
an sich schon andere nach sich ziehen oder erfordern,
weil diese ebenfalls auch mit angenommen werden kön-
nen. Hiebey ist nun die Regel, nach welcher der
Mathematiker solche einfache Bestimmungen zusam-
men nimmt, wo nicht die einige, doch eine sicher
und zuverläßige Richtschnur. Denn dieser nimmt
allemal so viele solcher einfachen Bestimmungen zu-
sammen, als erfordert werden, die Größe der einen
durch die Größe der übrigen zu bestimmen, und die-
ses ist allemal eine Anzeige, daß unter solchen Be-
stimmungen eine gemeinsame Verbindung ist, wel-
che macht, daß sie zusammen genommen als ein gan-
zes angesehen werden können. Dabey giebt es nun
unstreitig vielerley Combinationen, aber mit densel-
ben zugleich auch eben so viele Begriffe, die ein für
sich gedenkbares Ganzes vorstellen, in welchem die
dazu genommenen Theile eine gemeinsame, genaue
und gleichsam für sich bestehende Verbindung haben.
Wie nun hiebey verschiedene Verwirrungen, die sich
gar leicht in philosophische Definitionen und Sätze ein-
schleichen, am sichersten vermieden werden, das haben
wir bereits oben (§. 453-461.) ausführlich angezeiget.

§. 830.
XXVIII. Hauptſtuͤck.
§. 829.

Es iſt ferner die Bedingung, die den Philoſophen
bey dem Zuſammennehmen, einfacher Beſtimmun-
gen einſchraͤnket, wenn er a priori geht, von derje-
nigen einiger Maßen verſchieden, die der Mathema-
tiker zu erfuͤllen hat. Der Philoſoph kann nicht meh-
rere zuſammen nehmen, als zum exiſtiren koͤnnen er-
fordert werden, und nimmt er ſo viele, ſo iſt der Be-
griff des ganzen, den er bilden will, vollſtaͤndig.
Nimmt er aber weniger zuſammen, ſo geſchieht die-
ſes nur, um einen einfachern Begriff zu bilden, und
dabey muͤſſen immer die zuſammengenommenen nicht
an ſich ſchon andere nach ſich ziehen oder erfordern,
weil dieſe ebenfalls auch mit angenommen werden koͤn-
nen. Hiebey iſt nun die Regel, nach welcher der
Mathematiker ſolche einfache Beſtimmungen zuſam-
men nimmt, wo nicht die einige, doch eine ſicher
und zuverlaͤßige Richtſchnur. Denn dieſer nimmt
allemal ſo viele ſolcher einfachen Beſtimmungen zu-
ſammen, als erfordert werden, die Groͤße der einen
durch die Groͤße der uͤbrigen zu beſtimmen, und die-
ſes iſt allemal eine Anzeige, daß unter ſolchen Be-
ſtimmungen eine gemeinſame Verbindung iſt, wel-
che macht, daß ſie zuſammen genommen als ein gan-
zes angeſehen werden koͤnnen. Dabey giebt es nun
unſtreitig vielerley Combinationen, aber mit denſel-
ben zugleich auch eben ſo viele Begriffe, die ein fuͤr
ſich gedenkbares Ganzes vorſtellen, in welchem die
dazu genommenen Theile eine gemeinſame, genaue
und gleichſam fuͤr ſich beſtehende Verbindung haben.
Wie nun hiebey verſchiedene Verwirrungen, die ſich
gar leicht in philoſophiſche Definitionen und Saͤtze ein-
ſchleichen, am ſicherſten vermieden werden, das haben
wir bereits oben (§. 453-461.) ausfuͤhrlich angezeiget.

§. 830.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0464" n="456"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXVIII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 829.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t ferner die Bedingung, die den Philo&#x017F;ophen<lb/>
bey dem Zu&#x017F;ammennehmen, einfacher Be&#x017F;timmun-<lb/>
gen ein&#x017F;chra&#x0364;nket, wenn er <hi rendition="#aq">a priori</hi> geht, von derje-<lb/>
nigen einiger Maßen ver&#x017F;chieden, die der Mathema-<lb/>
tiker zu erfu&#x0364;llen hat. Der Philo&#x017F;oph kann nicht meh-<lb/>
rere zu&#x017F;ammen nehmen, als zum exi&#x017F;tiren ko&#x0364;nnen er-<lb/>
fordert werden, und nimmt er &#x017F;o viele, &#x017F;o i&#x017F;t der Be-<lb/>
griff des ganzen, den er bilden will, voll&#x017F;ta&#x0364;ndig.<lb/>
Nimmt er aber weniger zu&#x017F;ammen, &#x017F;o ge&#x017F;chieht die-<lb/>
&#x017F;es nur, um einen einfachern Begriff zu bilden, und<lb/>
dabey mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en immer die zu&#x017F;ammengenommenen nicht<lb/>
an &#x017F;ich &#x017F;chon andere nach &#x017F;ich ziehen oder erfordern,<lb/>
weil die&#x017F;e ebenfalls auch mit angenommen werden ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Hiebey i&#x017F;t nun die Regel, nach welcher der<lb/>
Mathematiker &#x017F;olche einfache Be&#x017F;timmungen zu&#x017F;am-<lb/>
men nimmt, wo nicht die einige, doch eine &#x017F;icher<lb/>
und zuverla&#x0364;ßige Richt&#x017F;chnur. Denn die&#x017F;er nimmt<lb/>
allemal &#x017F;o viele &#x017F;olcher einfachen Be&#x017F;timmungen zu-<lb/>
&#x017F;ammen, als erfordert werden, die Gro&#x0364;ße der einen<lb/>
durch die Gro&#x0364;ße der u&#x0364;brigen zu be&#x017F;timmen, und die-<lb/>
&#x017F;es i&#x017F;t allemal eine Anzeige, daß unter &#x017F;olchen Be-<lb/>
&#x017F;timmungen eine gemein&#x017F;ame Verbindung i&#x017F;t, wel-<lb/>
che macht, daß &#x017F;ie zu&#x017F;ammen genommen als ein gan-<lb/>
zes ange&#x017F;ehen werden ko&#x0364;nnen. Dabey giebt es nun<lb/>
un&#x017F;treitig vielerley Combinationen, aber mit den&#x017F;el-<lb/>
ben zugleich auch eben &#x017F;o viele Begriffe, die ein fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;ich gedenkbares Ganzes vor&#x017F;tellen, in welchem die<lb/>
dazu genommenen Theile eine gemein&#x017F;ame, genaue<lb/>
und gleich&#x017F;am fu&#x0364;r &#x017F;ich be&#x017F;tehende Verbindung haben.<lb/>
Wie nun hiebey ver&#x017F;chiedene Verwirrungen, die &#x017F;ich<lb/>
gar leicht in philo&#x017F;ophi&#x017F;che Definitionen und Sa&#x0364;tze ein-<lb/>
&#x017F;chleichen, am &#x017F;icher&#x017F;ten vermieden werden, das haben<lb/>
wir bereits oben (§. 453-461.) ausfu&#x0364;hrlich angezeiget.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 830.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[456/0464] XXVIII. Hauptſtuͤck. §. 829. Es iſt ferner die Bedingung, die den Philoſophen bey dem Zuſammennehmen, einfacher Beſtimmun- gen einſchraͤnket, wenn er a priori geht, von derje- nigen einiger Maßen verſchieden, die der Mathema- tiker zu erfuͤllen hat. Der Philoſoph kann nicht meh- rere zuſammen nehmen, als zum exiſtiren koͤnnen er- fordert werden, und nimmt er ſo viele, ſo iſt der Be- griff des ganzen, den er bilden will, vollſtaͤndig. Nimmt er aber weniger zuſammen, ſo geſchieht die- ſes nur, um einen einfachern Begriff zu bilden, und dabey muͤſſen immer die zuſammengenommenen nicht an ſich ſchon andere nach ſich ziehen oder erfordern, weil dieſe ebenfalls auch mit angenommen werden koͤn- nen. Hiebey iſt nun die Regel, nach welcher der Mathematiker ſolche einfache Beſtimmungen zuſam- men nimmt, wo nicht die einige, doch eine ſicher und zuverlaͤßige Richtſchnur. Denn dieſer nimmt allemal ſo viele ſolcher einfachen Beſtimmungen zu- ſammen, als erfordert werden, die Groͤße der einen durch die Groͤße der uͤbrigen zu beſtimmen, und die- ſes iſt allemal eine Anzeige, daß unter ſolchen Be- ſtimmungen eine gemeinſame Verbindung iſt, wel- che macht, daß ſie zuſammen genommen als ein gan- zes angeſehen werden koͤnnen. Dabey giebt es nun unſtreitig vielerley Combinationen, aber mit denſel- ben zugleich auch eben ſo viele Begriffe, die ein fuͤr ſich gedenkbares Ganzes vorſtellen, in welchem die dazu genommenen Theile eine gemeinſame, genaue und gleichſam fuͤr ſich beſtehende Verbindung haben. Wie nun hiebey verſchiedene Verwirrungen, die ſich gar leicht in philoſophiſche Definitionen und Saͤtze ein- ſchleichen, am ſicherſten vermieden werden, das haben wir bereits oben (§. 453-461.) ausfuͤhrlich angezeiget. §. 830.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/464
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/464>, abgerufen am 22.11.2024.